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München hat Hausarrest: Zuhause mit Rosalie

Der Lockdown ist zurück! Wir wollen euch die Zeit zu Hause ein bisschen schöner machen. Unsere Rubrik “Von Freitag bis Freitag München” heißt deswegen wieder “München hat Hausarrest”. Denn, zusammen ist man weniger allein ❤ Unsere Autorin Rosalie plant für diese Woche eine Fahrradtour durch die Stadt und verbringt die kalten Tage sonst zuhause in der Küche oder beim Töpfern.

Ich bemerke seit kurzem immer wieder Missmut, der in mir aufkommt. Auch wenn die kommende Lockdown-Lightversion wahrscheinlich notwendig ist, scheinen der Herbst und der Winter dadurch verdammt dröge zu werden. Wäre das Leben gerade ein Song, dann würde er aus einem uralten Radio laufen, dumpf und leise. So versuche ich mir selber hier und da ein paar Corona-konforme Highlights zu bauen, um mich von der bevorstehenden US-Wahl und den steigenden Infektionszahlen (beides deutlich gruseliger als jedes Halloween bisher) abzulenken.

Ich nehme mir mal wieder die Zeit, um etwas Richtiges zu kochen. Die brauche ich nämlich, da ich in meinem Studierenden-Appartement im Olympischen Dorf nur zwei Herdplatten und keine Spülmaschine habe. Deshalb ernähre ich mich unter der Woche zu einem erschreckend großen Teil durch Gerichte aus der Tüte und Falafel Dürüm. Bei beiden stimmt einfach das Preis-Leistungsverhältnis, worauf ich als gebürtige Schwäbin natürlich Wert lege. Aber heute wird es Rosenkohl aus dem Ofen geben. Den esse ich normalerweise nur an Weihnachten zum Truthahn bei meiner Oma. Der Rosenkohl und ich waren lange Zeit höchstens entfernte Bekannte. Doch seit ich ein Rezept kenne, bei dem die einzelnen Blätter abgezupft werden und dann im Ofen – in Olivenöl, Sojasoße, Honig und Ingwer mariniert – geröstet werden, führen wir eine heiße Liebesbeziehung. Da das Abpulen der Blätter einige Zeit in Anspruch nimmt, empfiehlt es sich nebenher ein Gläschen Wein zu trinken. Das ist eine der wenigen die Sachen, die einem trotz Corona in der kalten Jahreszeit erhalten bleiben: Deftiges Essen und guter Wein.

Am Samstag ist Halloween. Süßes oder Saures, sowie sämtliche Partys finden nicht statt, aber trotzdem gibt es eine Möglichkeit am 31. Oktober durch die Straßen zu ziehen: Der Studierendenverein „Die Städtischen“ haben eine Halloween-Radtour am Mittag organisiert, bei der die stadtplanungstechnischen Horror-Spots abgeklappert werden sollen. An den „gruseligen Ecken“ wird dann Halt gemacht und über Potentiale, sowie Entwicklungsmöglichkeiten diskutiert. Nachdem im Sommer viele Parkplätze in Freischankflächen umgewandelt werden konnten, ist ja jetzt vielleicht ein guter Zeitpunkt, um nochmal Impulse für alternative Nutzungsmöglichkeiten von öffentlichen Flächen zu setzen. Ich muss bis morgen nur noch irgendwoher einen neuen Fahrradsitz organisieren. Mein jetziger ist weiß und saugt Wasser auf. Beides ist ein Problem, denn weiße Fahrradsitze sind in München deutlich schwerer zu finden als Flops in der Stadtgestaltung.

Nach Halloween folgt bald schon Weihnachten. Nur noch acht Wochen sind es bis dahin. Das heißt für mich, ich muss damit loslegen Weihnachtsgeschenke zu töpfern. Ich bin Mitglied in der Töpferstube im Olympiadorf. Vor Corona gab es hier auch jede Woche für Studierende die Möglichkeit, sehr günstig töpfern zu lernen. Jetzt töpfere ich meistens alleine. Mein Projekt für dieses Jahr sind große Schalen aus schwarzem Ton mit blauer Glasur. Nach einem Arbeitstag macht es mich immer richtig glücklich noch etwas Handwerkliches zu machen.

Apropos Arbeit, am Montag startet auch für mich das neue Semester und damit auch der Master im Fach Kulturwissenschaft an der LMU. Das heißt auch: Das erste Mal wieder Uni nach einem halben Jahr. Auch wenn bei mir alles Online stattfindet, hat sich unsere Fachschaft so einiges überlegt. Spaziergänge mit Abstand, digitale Stammtische und Online Vorträge. Ich finde dieses Engagement sehr cool und nehme mir vor bei einer Veranstaltung meiner Fachschaft teilzunehmen, um nicht komplett den Bezug zu den anderen Leuten aus meinem Studium zu verlieren.

Nicht nur die Uni, sondern auch das diesjährige Sound of Munich Now Festival startet am Montag und dauert ganze 20 Tage. Jeden Tag wird ein hochwertig produziertes Live-Video von jeweils einer Band aus dem Feierwerk veröffentlicht. Anstatt Podcasts zu hören, werde ich in den kommenden Tagen – beim Kochen, Putzen und Aufräumen – die Videos vom Sound of Munich Now anschauen. Beim meditativen Abspülen und Schrubben gebe ich mir dann auch die Zeit, um die aktuellen Umstände zu akzeptieren und den Missmut in Optimismus umzuwandeln. Hilft ja alles nichts.