So langsam kehrt München zu einer Normalität zurück. Unsere Rubrik “München hat Hausarrest” heißt deshalb wieder “Von Freitag bis Freitag”. ❤ Unsere Autorin Veronika genießt die wiedergewonnenen Freiheiten in München. Ihre Woche steht ganz unter dem Motto: Freunde, Spaziergänge und ganz viel Kunst und Kultur.
„Um zu überleben, muss man in Bewegung bleiben und sich anpassen“, sagt der Hauptdarsteller des Dokumentarfilms HERE WE MOVE HERE WE GROOVE von Sergej Kreso. Nachdem ich mich drei Semester lang an die Online-Uni angepasst habe, liegt nun die erste Woche hinter mir, in denen zumindest ein paar Seminare wieder in Präsenzform stattfinden. Es ist ein ungewöhnliches Gefühl, wieder in der Uni zu sein. Irgendwie komme ich mir wieder wie ein Erstie vor. Ähnlich wie der Hauptdarsteller des Films, den ich mir am Freitag anschauen werde, versuche ich mich schnell anzupassen. Es geht um einen jungen Bosnier, der seine Heimat verlässt und sich in Berlin als DJ wiederentdeckt. Sein Motiv dabei: Menschen verschiedener Kulturen mithilfe seiner elektronischen Beats zusammenführen.Dabei steht ständig die Frage im Raum: Existiert der Traum eines toleranten, offenen Europas noch? Über diese großen Themen denke ich gerne im kleinen, gemütlichen Werkstattkino nach.
Am Samstag steht für mich alles unter dem Thema „Heimat“. Am Mittag gehe ich zum Paulaner Nockherberg und schaue mich auf der „Made in Minga“ Messe um. Dort findet man allerlei Werke, die in München hergestellt werden. Von Mode über Muffins bis hin zu Möbeln findet man hier alles. Am Abend steht mein erster Clubbesuch seit dem Lockdown an. Ich gehe mit Freundinnen in den Milla Club und höre den neuen Song von Nick&June: „Home is where the heart hurts.“
Der Herbst ist meiner Meinung nach die optimale Jahreszeit, um Spaziergänge zu machen. Nicht zu warm, nicht zu kalt, und die Farbverläufe an Büschen, Bäumen und Blättern sind einfach fantastisch. Mein Plan für den Sonntag ist es also, zum Mariahilfplatz zu spazieren, um mir dort auf der Kirchweihdult gebrannte Mandeln und Schokofrüchte zu holen. Wer das Gleiche vorhat, sollte sich beeilen, denn der Sonntag ist der letzte Tag der Dult für dieses Jahr.
Am Montag beginnt die zweite Uni-Woche des Semesters, was bedeutet, dass die die organisatorischen Dinge geklärt sind und die meisten Veranstaltungen mit dem eigentlichen Inhalt beginnen werden. Da ich im Nebenfach „Vergleichende Kultur und Religionswissenschaften“ studiere, werde ich am Abend mit Kommilitonen in das Bildungszentrum der MVHS gehen und mir ein Podiumsgespräch anhören, in dem es unter anderen um die Frage geht, wie sich Antisemitismus im Jahre 2021 äußert und welche juristischen und politischen Schritte vollzogen werden können und wie man Betroffenen helfen kann.
Der Alltag hat mich mehr oder weniger zurück. Vormittags findet man mich in der Uni, und am späten Nachmittag in der Arbeit. Eine schöne Abwechslung, auf die ich mich ganz besonders freue, findet am Dienstagabend im Café Luitpold statt. Dort hält Prof. Dr. Begemann (Germanistikprofessor der LMU) einen Vortrag über Gespenster. Außer in der kommenden Woche an Halloween hat man als Durchschnittsbürger mit Gespenstern wenig am Hut. Trotzdem sind sie in anderen Formen präsent. Warum benutzen wir das Motiv der Geister in Metaphern und warum kommen auch bei Werken von Thomas Mann, Goethe, Fontane oder Storm Geister vor, wenn eigentlich doch sowieso keiner an sie glaubt?
Einen sichtlich abgenutzten Ring, eine halbe Tube Zahnpasta und eine gelbe Zahnbürste. Nicht nur diese Dinge, sondern noch viel mehr Gegenstände werde ich mir am Mittwochabend bei der Fotoausstellung „von ganz unten“ in der Herzog-Wilhelm Straße ansehen. Hierbei handelt es sich nämlich um Alltagsgegenstände mit einer unfassbaren Geschichte. Der italienische Fotograf Mattia Balsamini fotografierte die Hinterlassenschaften der Todesopfer, die am 18. April 2015 versucht haben, mit einem Flüchtlingsschiff von Libyen nach Italien zu gelangen.
Sofern es das Wetter am Donnerstag zulässt, werde ich nach der Uni eine Radtour durch München machen und mich am Ende mit Freunden treffen, um mein derzeitiges Lieblingsbrettspiel „Nobody is perfect“ zu spielen.
Am Ende dieser doch recht vollen Woche bin ich im „Beverly Kills“ anzutreffen. Dort findet das sechsundsechzigste Open-Mic für Stand-up-Comedy statt. Einlass ist von 19.30 Uhr an. Zuerst geben bekannte und unbekannte Comedians ihre Show zum Besten, danach wird gefeiert und getanzt. Ein vielversprechender Auftakt für das kommende Wochenende.
Autorin: Veronika Tieschky