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Von Freitag bis Freitag München: Unterwegs mit Veronika

So langsam kehrt München zu einer Normalität zurück. Unsere Rubrik “München hat Hausarrest” heißt deshalb wieder “Von Freitag bis Freitag”. ❤ Unsere Autorin Veronika genießt die wiedergewonnenen Freiheiten in München. Ihre Woche steht ganz unter dem Motto: Freunde, Spaziergänge und ganz viel Kunst und Kultur. 

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Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Sandra

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Zwischen Genie und Wahnsinn liegt ein schmaler Grat. Um weiterhin diese Balance halten zu können tut unsere Autorin in der kommenden Woche alles, um ihre künstlerischen Adern pochen zu lassen- mit mehr oder weniger Erfolg.

Ideenreich starte ich in das Wochenende. Am Freitag lasse
ich mir aber erst einmal erklären, wie die Ideen eines kreativen Menschen, nämlich
eines Illustrators, eigentlich entstehen. Im Literaturhaus spricht Christoph
Niemann
von Alltagsdingen, die ihn inspirieren und immer wieder zu neuen
Gedankesblitzen führen.

Am Samstag erwache ich früh und fühle mich wie ein Genie,
das seine Kunst noch nicht gefunden hat. Ich gehe auf Streife durch München und
verbinde das Ganze mit einem Spaziergang durch den Nymphenburger Sportpark.
Hier entdecke ich ein handballfeldgroßes Feld, an dessen beiden Enden jeweils
drei Ringe auf Kopfhöhe aufgestellt sind. Auf der Wiese laufen zwei Teams herum
und kämpfen um einen Ball, den sie in die Ringe werfen wollen. Doch was ist
das? In ihrer Nicht-Wurfhand halten sie noch etwas anderes in der Hand – einen
kleinen Besen. Ich fühle mich stark an Hogwarts erinnert und lese tatsächlich,
dass es sich hierbei um die deutschen Winterspiele im Quidditch handelt.
Inspiriert von J.K. Rowling erschufen ein paar Studenten das Spiel für die
Realität – auch das ist etwas, das in mir die Freude an der Kunst weckt. Doch
lassen wir den Sport hinter uns, ich schwinge mich auf meinen imaginären Besen
und mache mich auf die Suche nach Kunst für die Ohren. Etwas stolprig lande ich
im Kulturkeller der Schwanthalerhöhe, wo heute das Finale der Truth or Dare –
Benefizkonzertreihe
stattfindet. Butterbier kriege ich hier leider nicht, doch
Helles für 2.50 nehme ich gerne an – immerhin bin ich mit dem Besen unterwegs.

Um nicht in meine eigene Fantasiewelt abzudriften, flüchte
ich mich in die eines anderen: Cy Twombley. Im Museum Brandhorst kostet der
Eintritt am Sonntag nur einen Euro und bietet viel Abwechslung. Twombley ist
einer der einflussreichsten, spätmodernen Künstler, er spielt mit Farben und
sogar mit Lyrik in seinen Gemälden. Ich bin beeindruckt und mache mich auf den
Weg zu einem netten Cafe, um endlich alle Inspirationen des Wochenendes
zusammenzufassen.

 Am Montag habe ich die Quidditch-Spiele noch nicht ganz
vergessen können und frage mich, wieso es eigentlich so viele Märchen und
Mythen über Hexen gibt. Das Dunkel-Mysteriöse scheint dem Menschen schon immer
sehr kunstreich zu sein. Was allerdings passieren kann, wenn sich eine Stadt
gegen Zauberei und dessen vermeintliche Anwender ausspricht, sehe ich im
Residenztheater. Dort wird heute Abend das Stück „Hexenjagd“ aufgeführt.

Am Dienstag ist dann aber Schluss mit den unrealistischen
Inspirationsquellen. Ich brauche Fakten und Zahlen von Künstlern, die es
tatsächlich geschafft haben, Vorbildcharakter für zukünftige Genies anzunehmen.
Gefunden habe ich sie schnell in der größten Konzerthalle Münchens: Die
Fantastischen Vier
 kommen in die Olympiahalle. Seit über einem Viertel Jahrhundert stehen sie gemeinsam
auf der Bühne und sind wahrscheinlich heute noch Ansporn für viele
deutsch-schreibende und -singende Künstler.

Und siehe da, ich entdecke, dass ich nicht die einzige bin,
die ihre Inspiration in der Realität sucht. Christine Umpfenbach nahm sich den
Angehörigen der NSU-Morde an und machte daraus das Theaterstück „Urteile“, das
am Mittwoch im Marstall gezeigt wird. Der riesige Baum, der kopfüber von der
Decke hängt, wäre für mich schon Stoff genug, um einen 30 Seiten langen
Lyrikband zu schreiben, doch was ich auf der Bühne zu sehen bekomme, reicht
sicherlich für die nächsten Jahre. 

Wie ich jedoch meine Theatererfahrung mit
dem künstlerischen Genie in mir verbinde, versuche ich am Donnerstag in der Bar
Corleone
herauszufinden. Hier laden die Fachschaften der Kunstgeschichte und der
Theaterwissenschaft ein zu feiern. Ich bin gespannt auf das Publikum und werde
mir von jedem Studiengang jemand schnappen, um meine Frage zu diskutieren.

Ausgelaugt erwache ich am Freitag und halte die Ergebnisse
der letzten Woche fest. Mir fehlt es weder an Inspiration, noch an dem
Workflow, daher probiere ich mich in allem aus: schreiben, malen, singen, tanzen
und hüpfen. Ich spüre das Blut in meinen künstlerischen Adern fließen und
entdecke doch ein Gefühl der Bewusstlosigkeit. All diese Künste zeigen sich mir
und doch ist es nicht eine einzige, der ich mich verschreiben kann. Ich
verkneife mir den Ausspruch eines Genies und beginne doch langsam, ihn zu
verstehen:

„Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor.“  

Um dem Leistungsdruck eines Genies nicht zu verfallen und
meine Inspiration aufrecht zu erhalten, suche ich mir eine neue Energiequelle.
Ich finde sie am Freitag im Milla, wo 24/7 Powernap das Motto meines
Wochenendes wird. Entschleunigen und Abschalten bei den richtigen Beats ist
jetzt genau das, was ich brauche.

Text: Sandra Will

Foto: Privat