Ins Gespräch kommen

Call for Connection: Vier Urbanistik-Studenten ermöglichen Telefonate
zwischen Münchnern und Bewohnern von Flüchtlingsheimen. Im Interview sprechen die Initiatorinnen

Marrije Vanden Eyne und

Elisabeth Nagl über das Projekt und ihre Ziele.

Im Licht der untergehenden Sonne rasselt auf dem Gelände des Projekts „Lückenfülle“ ein altes, gelbes Telefon. Eines von zwei Yellow Phones, das diese Woche in der Münchner Innenstadt mit einem weiteren Telefon in einer Flüchtlingsunterkunft verbunden wird – Call for Connection, mit fremden Angekommenen in ein leichtes Gespräch kommen. Marrije Vanden Eyne, 21,
aus Gent, ist seit drei Monaten für ein Erasmus-Semester in München. Die
Flüchtlingssituation in München vergangenen Sommer hat sie nur in den Medien mitbekommen. 

Für das Semesterprojekts „Arrival Urbanism“ hat die Studentin gemeinsam mit Elisabeth Nagl, 26, Laura Haller, 24, und Tomáš Klapka, 25, thematisiert, wie die Kommunikation mit den Neuankömmlingen verbessert werden kann. Nach wochenlanger Konzeptionsarbeit werden nun zwei Telefone die Münchner mit den Flüchtlingen verbinden. Call for Connection – Gespräche erwünscht.

SZ Junge Leute: Ein Telefon mitten in der Stadt, wird das nicht missbraucht?
Elisabeth: Klar, kann schon passieren, aber wir sind ja da. Zwei von uns werden in der Stadt und zwei in der Flüchtlingsunterkunft sein.
Marrije: Außerdem kann man nur die Wahlwiederholung drücken und keine eigenen Nummern eingeben.

Wissen die Menschen in der Stadt, wo sie anrufen?
Elisabeth: Nein, wir wollen eine unvoreingenommene Verbindung herstellen und die Anrufer oder Angerufenen damit überraschen, wer ihr Gesprächspartner ist.

Und die Bewohner des Flüchtlingsheims haben auch keine Ahnung, warum da ein gelbes Telefon in ihrem Innenhof steht?
Elisabeth: Doch, die informieren wir natürlich schon. Das ganze Vorhaben musste vorab mit der Stadt und den Unterkünften abgesprochen werden.

Dürfte gar nicht so leicht gewesen sein.
Elisabeth: In der Tat haben wir beinahe bis zum letzten Tag auf die Erlaubnis gewartet.

Ein junger Mann am Tisch bringt sich in das Gespräch ein: Na ja, ist doch typisch München! Ich finde das eine ziemlich tolle Idee! Ihr solltet das einfach in anderen Städten machen. Oder sogar im Ausland.

Wollt ihr expandieren?
Marrije: Erst einmal warten wir die beiden Projekttage ab.

Nur zwei Tage?
Elisabeth: Ja, für mehr haben wir keine Genehmigung bekommen.

Wann genau muss man nach den gelben Telefonen Ausschau halten?
Elisabeth: Am Dienstag, 12. Juli, am Marienhof und dann am Donnerstag, 14. Juli, am Rindermarkt. Die Aktion läuft jeweils von 12 bis 19 Uhr.

Wie funktioniert das Telefon?
Elisabeth: Wir haben viel daran herumgebastelt, jetzt funktioniert es über Bluetooth und Kabel. Aber die Telefone sind eigentlich alte analoge Geräte.

Wie habt ihr das finanziert?
Elisabeth: Wir haben von der Hans-Sauer- Stiftung pro Gruppe eine Spende in Höhe von 450 Euro erhalten.
Marrije: Davon konnten wir uns auch das Mobiliar kaufen.

Was gehört zu eurem Inventar?
Marrije: Wir haben bei Ebay die gleichen Sessel, die Tische, Sonnenschirme, die Teppiche und die Telefone gekauft.
Elisabeth: Und die Blumen.

Habt ihr es schon getestet?

Elisabeth: Ja, direkt am Königsplatz. Und das hat total gut geklappt.
Marrije: Da ist Tomáš rangegangen. Und weil er Englisch gesprochen hat, hat das Pärchen am anderen Ende gefragt, woher er käme. Als er dann sagte, aus Prag, dachten sie kurz, sie würden gerade nach Prag telefonieren.

In welcher Sprache wird gesprochen?
Elisabeth: Das wissen wir nicht. Das muss sich einfach ergeben. Oder vielleicht auch nicht jedes Mal. Die Menschen werden sich fremd sein, aber vielleicht lernen sie sich kennen.

Was könnte passieren?
Elisabeth: Vielleicht ein überraschend schönes Gespräch. Oder nur ein ganz kurzes. Oder niemand geht ran, mitten auf dem Rindermarkt.

Also können die Flüchtlinge auch in der Stadt anrufen?
Elisabeth: Genau. Man kann von beiden Seiten aus anrufen. Eine Bedienungsanleitung liegt beim Telefon. Und im besten Fall sind wir zwar da, aber so weit im Hintergrund, dass man uns gar nicht wahrnimmt.

Was könnte das größte Problem sein?
Elisabeth: Wahrscheinlich die Sprachbarrieren. Aber wer weiß. Vielleicht verstehen sich die Fremden sofort, reden Englisch. Oder Passanten sprechen Arabisch oder Französisch. Wir werden sehen, wer da mit wem ins Gespräch kommt. Genau das ist ja unser Ziel.

Interview: Friederike Krüger

Foto: 

Friederike Krüger