Mit fröhlichen Brüsten

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Jana Maresa Fischer und Teresa Mayer wollen mit ihrem Blog „These Girls“ jungen Frauen zeigen, dass sie sich keinen Schönheitsidealen unterwerfen müssen.

Das Logo: fröhliche Brüste. Sie formen ein lachendes Gesicht, ein Busen-Smiley. Die Message: Frauen sollen Spaß am Frausein haben und dadurch mutig und selbstbewusster werden. Jana Maresa Fischer und Teresa Mayer aus München haben ein Medium vermisst, das junge Frauen nicht permanent daran erinnert, abzunehmen und sich verändern zu müssen, um jemandem oder der Gesellschaft zu gefallen. Deshalb starteten sie den Blog These Girls (these-girls.com). Jana, 27, erklärt, warum Frauen sich gegenseitig unterstützen sollten und sehr wohl offen über Tampons reden können.

SZ: Wann ist man Feministin?
Jana Maresa Fischer: Jeder kann feministisch sein. Es ist dafür ganz egal, ob man sich die Beine rasiert oder nicht – das Klischee der Feministin wandelt sich sehr stark zurzeit.

Was hat das damit zu tun, ob man sich rasiert oder nicht?
Wir wollen Frauen und Mädchen klar machen, dass es keine Regeln gibt, wie eine Frau aussehen muss oder zu sein hat, sondern sie daran erinnern, dass sie eine Stimme haben und diese täglich nutzen müssen.

These Girls gibt es auch auf Instagram. Das soziale Netzwerk ist bekannt für Fotos von perfekt trainierten Körpern. Das dort vermittelte Bild kann sich auch destruktiv auswirken.
Man kann und sollte selbst entscheiden, was man bei Instagram sehen möchte. Indem man nur den Accounts folgt, die Positives vermitteln.

Trotzdem folgen viele junge Frauen genau solchen Profilen.
Es liegt vermutlich in unserer Natur, dass man sich hin und wieder mit anderen vergleicht. Man muss sich vergegenwärtigen, was man an sich liebt. Es gibt auf Instagram beides, die Glorifizierung des nahezu perfekten Körpers, aber eben auch die Gegenbewegung, zu der wir uns zählen: das ungefilterte, authentische Frauenbild.

Geht das in Richtung Body-Positivity?
Uns hat das echte, natürliche Bild von Frauen gefehlt. Neulich haben wir einen Artikel über das Vertrauen in den eigenen Körper veröffentlicht. Dazu haben wir Fotos von unseren Oberschenkeln gemacht, auf denen man unsere Cellulite sieht. Das ist etwas sehr Persönliches …
… und mutig.
Ja. Es erfordert Mut, zu seinem Körper zu stehen. Wir möchten zeigen, dass jeder Körper okay ist. Es ist aber genauso okay, wenn man etwas daran ändern möchte. Schönheit ist vielfältig.

Konzentriert sich These Girls also hauptsächlich auf Körperthemen?
Nicht nur. Es geht viel um Female Empowerment – ein Thema, das uns beiden sehr am Herzen liegt. Als Mädchen oder Frau ist man oft Ungerechtigkeiten ausgesetzt, zum Beispiel ungleicher Bezahlung im Job. Frauen sollten sich gegenseitig unterstützen. Bei These Girls finden Leser und Leserinnen passend dazu Interviews mit jungen Frauen aus den verschiedensten Bereichen und aller Welt, die inspirieren und Mut machen sollen.

Warum sollen sich Frauen gegenseitig unterstützen?
Wir Frauen haben es im Alltag oft schwer genug, gerade im Umgang mit Männern, sei es beruflich oder im Privaten. Außerdem zweifeln wir ständig an uns selbst. Daher ist es wichtig, dass man andere Frauen supportet, dass man ihnen hilft – sei es mit einfachen Sachen wie einem Kompliment. Oder auch, dass man andere Frauen weiter empfiehlt, dass man mit ihnen zusammen arbeitet und vor allem, dass man sich einsetzt, wenn man sieht, dass sie schlecht oder ungerecht behandelt werden. Wir glauben ganz stark daran, dass man seine Stimme immer nutzen sollte, für sich selbst und für andere – nur so kommt man weiter.

Auf These Girls findet man alle Beiträge nur auf Englisch – warum?
Wir wohnen und arbeiten beide in München, kennen aber auch Leute, die hier leben und kein Deutsch sprechen. Deshalb und weil wir dadurch über die Landesgrenzen hinweg gelesen werden können, haben wir entschieden, komplett auf Englisch zu schreiben. Wir können so junge Frauen auf der ganzen Welt besser erreichen.

Welche Frauen wollt ihr erreichen?
Da wir selbst Millennials sind, haben wir einen guten Bezug zu Frauen aus dieser Altersgruppe. Aber eben nicht nur. These Girls ist für alle Frauen. Es ist uns wichtiger, dass wir möglichst viele Frauen und Mädchen ansprechen, ganz unabhängig davon, welches Alter, welche Herkunft, welche Religion oder sexuelle Orientierung sie haben.

Was ist das Besondere an These Girls?
Wir machen all unsere Themen an Authentizität fest, beispielsweise in unseren Essays, die Themen wie Body Image, das Verhältnis zu unseren Brüsten oder den Körper allgemein behandeln. Und auch in den Interviews, bei denen über Versagen oder Ängste gesprochen wird, ist das der Fall. Das Allerwichtigste für uns ist, dass wir emotionale Themen, die uns und andere Frauen berühren, auf eine humorvolle Art behandeln.

Es gibt bei These Girls einen Artikel, der davon spricht, dass man sich nicht verstecken soll, wenn man über Menstruation redet oder eine Freundin nach einem Tampon fragen möchte.
Uns wird von dem Zeitpunkt an, an dem wir unsere Periode zum ersten Mal bekommen, eingetrichtert, dass wir nicht laut darüber sprechen sollen – schon gar nicht vor Männern. Es „gehört sich nicht“, ist eklig. Dabei sind wir doch ständig mit Blut konfrontiert. Uns fällt auf, dass die Frage nach einem Tampon immer noch im Flüsterton gestellt wird. Warum? Es gibt nichts Natürlicheres als die Menstruation. Jede Frau kann hier etwas tun, indem sie offener darüber spricht und umgeht und sich nicht versteckt. Und: Alle Mütter sollten ihren Töchtern beibringen, dass die Periode nichts ist, wofür man sich schämen muss.

Foto: These Girls

Interview von Ornella Cosenza

Gemeinsam statt einsam

Josie-Claire Bürkle, 26, Sängerin der Band Claire, ist Botschafterin der Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München. Für Samstag, 17. März, hat Josie ein Benefizkonzert mit ihrer Band Claire, den Kytes, Umme Block und Nihils im Bahnwärter Thiel auf die Beine gestellt. Der Konzertabend dient einem guten Zweck und ist gleichzeitig auch das einzige Konzert, das Claire in diesem Jahr spielen wird.

SZ: Wie ist es zur Zusammenarbeit mit der Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München gekommen?

Josie-Claire Bürkle: Das Kinderhospiz ist auf mich zugekommen und hat gefragt, ob ich als Botschafterin dabei helfen möchte, das Thema bekannter zu machen und die Menschen auf die Arbeit der Stiftung aufmerksam zu machen. Nachdem ich mich mit den Mitarbeitern der Stiftung unterhalten habe, habe ich gemerkt, dass die Arbeit der Stiftung ein Thema ist, das ich für sehr wichtig halte.

Welches Thema?
Die Stiftung kümmert sich um lebensbedrohlich und schwersterkrankte Kinder und deren Familien. Sie ermöglichen den Kindern Ausflüge mit unbeschwerten Stunden – wie zum Beispiel einen Besuch im Sealife – und auch, dass sie so lange wie möglich einen normalen Alltag im familiären Umfeld erleben können. Sterben gehört zum Leben dazu. Dass eben auch Kinder und Jugendliche unheilbar krank sein können, das bekommt in der Öffentlichkeit zu wenig Aufmerksamkeit. Die Betreuung von Familien mit kranken Kindern ist außerdem vor allem in einer so teuren Stadt wie München ein riesiger Kostenfaktor. Manchmal kann ein Elternteil nicht mehr zur Arbeit gehen. Ein Gehalt fehlt dann in der Familie. Hier kann die Stiftung eine Entlastung sein.

Wie wurden die Bands für den Benefizabend ausgewählt?
Mir war es wichtig, dass es Bands sind, mit denen wir Schnittmengen haben. Unser Gitarrist hat zum Beispiel mal mit den Kytes zusammen geschrieben und Nihils waren schon mit uns auf Tour. Die Mädels von Umme Block habe ich kennengelernt und es hat direkt gepasst. Als ich den anderen Bands von der Idee erzählt habe, waren sie sofort überzeugt und dabei. Es wird ein bisschen wie ein Abend unter Freunden. Außerdem spielen wir alle nur ein Microset. Das ist dann schon eine besonders intime Atmosphäre.

Und gemütlich. Ihr spielt ja im Bahnwärter Thiel.
Es sollte eine Location sein, die gemütlich sein kann, ja. Und da ich ja in München wohne, sollte es auf jeden Fall in dieser Stadt stattfinden. Der Bahnwärter Thiel ist einer von vielen Orten, zu denen wir eine besondere Verbindung haben. Die Planung des Events läuft schon seit Ende des vergangenen Jahres – es ist das erste Mal, dass ich eine Show organisiere. Ich freue mich riesig darauf, es macht total Spaß.

Was wird mit den Einnahmen des Benefizkonzertes gemacht? Gibt es konkrete Pläne?
Nein, es gibt kein bestimmtes Projekt, für das der Erlös des Abends gedacht ist. Da geht es vielmehr darum, mit den Einnahmen bei alltäglichen Aufgaben anzusetzen, die die Stiftung für die kranken Kinder und Jugendlichen und deren Familien leistet. Mir ist es wichtig, hier zu helfen, denn in München gibt es nicht sehr viele Hilfsplattformen, die auf so etwas spezialisiert sind.

Es wird das einzige Konzert sein, das Claire in diesem Jahr spielt.
Wir haben uns dazu entschlossen dieses Jahr eine Live- und Kreativpause einzulegen. Wir waren jetzt sechs Jahre lang nonstop unterwegs und man wird zu so einer krassen Familie. Das ist total schön, aber wir wollen uns diese Pause gönnen. Manchmal ist es gut, sich Zeit für sich zu nehmen – dann ist es umso toller, wenn man wieder zusammen ist. Die Jungs waren mit meiner Idee zum Benefizkonzert sofort einverstanden. Dennoch: Keiner von uns könnte einfach so Ciao zur Musik sagen.

Was steht stattdessen in diesem Jahr im Vordergrund?
Bei mir wird vor allem im Bereich Studium und Arbeit viel laufen. Darauf möchte ich mich konzentrieren. Es stehen auch ein paar Features mit anderen Künstlern an.

Was erhoffst du dir für den Benefizabend?
Ich wünsche mir, dass es voll und gemütlich wird. Die Leute sollen sich verlieren können. Der Abend soll nicht traurig oder negativ sein, sondern positiv. Das Motto ist ja auch ein Positives: gemeinsam statt einsam.

Foto: Christoph Schaller

Interview von Ornella Cosenza

Sozialarbeit mit Trompete

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Ohne ein Wort Spanisch zu können ist Simon Kreuzer, 19, für ein halbes Jahr nach Ecuador gegangen. Er machte einen musikalischen Freiwilligendienst, den der Verein Musiker ohne Grenzen anbietet. An der Musikschule „Clave de Sur“ in Guayaquil unterrichtete er Trompete und Klavier – seine Schüler waren vor allem Kinder und Jugendliche. Nun ist er wieder zurück in München.

SZ: Wie sehr unterscheidet sich der Stellenwert von Musik in Ecuador von dem in Deutschland?
Simon Kreuzer: Generell wird sehr, sehr viel zu Musik getanzt. Wenn man dort auf eine Hausparty geht, dann läuft eigentlich die ganze Nacht Musik und es wird durchgetanzt. Ohne Pause. Hier in Deutschland wird natürlich auch getanzt, aber wenn ich mit meinen Freunden auf eine Party gehe, gibt es fast nur Partytanzen. Die Mehrheit sitzt dann aber doch rum, plaudert oder spielt Trinkspiele.

Und wie ist das tagsüber?
Die Ecuadorianer hören sehr oft und sehr laut Musik. Fast jedes Haus hat eine große Box, hat die dann laufen und beschallt die ganze Straße. Was ich eher selten gehört habe, war, dass jemand ruhig, entspannt und leise Musik gehört hat. Der Musik zugehört hat, sage ich mal. Es war so ein bisschen ein Krach, der natürlich auf eine Party gut passt, aber tagsüber war das auch nervig.

Du hast vor Ort ja selbst Musik gemacht. Wie war das Unterrichten?
Das läuft dort ganz anders ab. Ich konnte mir nicht sicher sein, ob mein Schüler kommt oder nicht. Es passierte viel öfter, dass ein Schüler mal nicht kommt und auch nicht entschuldigt wird. Das ist einfach die Kultur dort. Der Musikunterricht war schon in etwa so, wie ich ihn mir vorgestellt habe.

Aber?
Als ich angekommen bin, gab es leider sehr wenige Gruppenensembles, was ich ein bisschen schade fand. Das war das, worauf ich mich am Anfang am meisten gefreut hatte, und das war enttäuschend. Gruppen zu unterrichten macht doch am meisten Spaß. Und das habe ich versucht, wieder aufzubauen. Das hat auch funktioniert. Am Schluss gab es wieder Ensembles, unter anderem auch eine Bläsergruppe und eine Jazzband. 

Warum unterrichten Freiwillige dort?
Sie sind wahnsinnig wichtig für das Projekt, weil es eigentlich komplett auf Freiwilligen beruht. Sie haben dort angefangen, Musik zu unterrichten. Mittlerweile gibt es dort auch ecuadorianische Lehrer, aber letztendlich kommt der Input von den Freiwilligen aus Deutschland. Sie haben bessere Möglichkeiten, ein Instrument zu erlernen und wollen das weitergeben. Was wir dort machen, ist, den Schülern zu vermitteln, wie man selbst übt, weitergibt und lernt. Wenn wir nach einem halben Jahr wieder gehen, hoffen wir, dass sie dann nicht aufhören, Unterricht zu nehmen.

Warum ist es so wichtig, dass sie mit dem Musizieren weitermachen?
Das Viertel, wo die Musikschule in Guayaquil war, ist ein ärmeres Viertel. Dort gab es früher viel Kriminalität – also, was Banden angeht, es wurde viel geschossen. Es wird auch noch viel geraubt, es gibt viele Drogensüchtige. Die Drogenszene ist teilweise nicht so gut und Mit diesem Projekt sollen den Kindern und Jugendliche andere Perspektiven geschaffen werden, damit sich nicht mehr auf der Straße rumhängen. Hat jetzt auch gut funktioniert in meinem halben Jahr.

Und wie gefährlich war es?
Bandenkriminalität habe ich nicht erlebt, mir wurde auch nichts geraubt. Ich habe von meiner Mentorin vor der Reise gehört, dass die ganzen Straßen nicht geteert seien. Aber als ich jetzt dort war, waren nahezu alle schon geteert. Wenn eine Straße geteert ist, ist das ein Zeichen dafür, dass es schon sicherer ist. Ich denke schon, dass die Musikschule etwas geholfen hat. Es gibt andere Teile, wo es noch mehr Kriminalität gibt. Um die Musikschule herum ist es deutlich besser geworden.

Was ist sonst noch anders am Leben in Ecuador?
Von der Einstellung her ist man sehr spontan, aber auch nicht sehr zuverlässig. Wenn man sagt, man trifft sich um die oder die Uhrzeit, dann kann man davon ausgehen, dass man sich eine halbe Stunde später trifft. Das ist wirklich eine komplett andere Kultur. Wir haben es in Deutschland ja verhältnismäßig luxuriös. Das merkt man erst, wenn man dort war. Ich habe auch in einem ärmeren Viertel gewohnt, wo man nicht so viel Geld hatte. Es gab Familien, die gerne ins Kino gegangen wäre, aber sie hatten kein Geld, um ins Kino zu gehen.

Merkt man, dass die Familien arm sind?
Nein, mich hat echt beeindruckt, dass man es ihnen gar nicht anmerkt, wie arm sie sind. Man merkt das erst, wenn man etwas machen möchte. Sie sind tatsächlich glücklich, sprühen vor Lebensfreude und haben immer Spaß. Viel mehr, als ich es aus Deutschland kenne. Wenn man auf eine Party geht, wird die ganze Nacht getanzt. Gesamt betrachtet ist man fröhlicher dort, obwohl es ihnen verhältnismäßig gar nicht so gut geht. Nicht schlecht, aber auch nicht so gut wie uns.

Was hast du daraus gelernt?
Dass man gar nicht so viel braucht, um glücklich zu sein. Und dass man mit weniger glücklicher ist.

Interview: Lena Schnelle
Foto: privat