Wortgewalt und Lagerfeuerstimmung – So war der zweite Samstag im Farbenladen

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Die Sonne strahlt mittenrein in den Farbenladen und lange Schatten werfen sich auf den Boden. Die Augen der Besucher lösen sich von den 100 Porträts an diesem Samstag des zweiten Wochenendes der Ausstellung 10 im Quadrat nur für die musikalischen und literarischen Gäste, die, so muss man anmerken, auch vor einem sehr intimen Publikum überzeugen. 

Das Lieblingsbild ist noch nicht ausgesucht, doch vorerst bleibt dafür auch keine Zeit. Johannes Lenz schweigt als Poetry Slammer und tritt als Rapper ohne Beat auf. Doch ob mit oder ohne, Wortgewalt mit Rhythmus, Reim und Rock’n’Roll ist Sprechgesang. Seine Augen streifen die eines jeden Zuhörers, er  macht München eine kleine Liebeserklärung und gesellt sich draußen zu den Rauchern, um die letzten Sonnenstrahlen abzufangen. 

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Beim Fototalk mit Fotografin Julia Schneider und Schauspieler Leonhard “Lenny” Hohm geht es um die Wur… ähh..Nudel! Julia ist verantwortlich für die Portraits, bei der die Models eine Spaghetti im Gesicht haben. Und wie nicht anders zu vermuten, kam ihr diese Idee beim Kochen. Was das Ganze aber in einer Ausstellung soll, fragt sich nicht nur der ein oder andere Besucher, auch Julia ist hin- und hergerissen. Die Fotos entstanden in besonderer Atmosphäre – quasi in einem Weinkeller mit Kamin, den sie als Studio benutzt. Leonhard Hohm findet die Idee zur Ausstellung wunderbar, “weil Menschen aufeinander treffen, die sich sonst nicht begegnet wären”. Er spricht sich für eine bessere Verbindung zwischen Münchens Kreativen aus – ein Wunsch, der in den letzten Monaten schon von vielen Künstlern ausgesprochen wurde. 

Nikolaus Wolf betritt die Mitte des Farbenladens und obwohl die Auftrittsfläche eingerahmt ist von Lautsprechern und Mikrofon, greift er nur zur Akustik-Gitarre. Seine Stimme verleiht dem Ausstellungsraum eine goldene Färbung, die Akustik ist besser als in so manchem Proberaum. 

Danach wird die Kunst gewechselt: Alisha Garmisch thront nun auf einem Barhocker, liest von Weltuntergang und ausgestochenen Augen, während hinter ihr die Porträtierten eine Nudel im Gesicht haben (Kommentar des Models “Lenny” dazu: “Die stinken!”). Alisha wird abgelöst von Rahmatullah Hayat, der sich experimentell an Lyrik wagt, die durch geräuschvolles Knacken und Zischen auffällt. 

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Zum Abschluss gibt auch Paul Kowol ein akustisches Intimkonzert, der am Tag zuvor nebenan im Feierwerk den Einzug ins Finale des Sprungbrett-Wettbewerbs geschafft hat. Mit seiner Setlist auf einem Kuchenpappteller erzeugt er Lagerfeuerstimmung und bleibt dem Singer-Songwriter-Motto “Ein bisschen Herz, ein bisschen Nuscheln” treu. 

Das Rahmenprogramm drehte sich an diesem zweiten Samstag der Ausstellung um Bild und Stimme, geradezu auf akustische Geräusche und der natürlichen Umgebung reduziert zeigte es, wie Wortgewalt die Zuschauer in jeder erdenklichen Form – von Rap bis Lyrik – einnehmen kann. 

Text und Fotos: Sandra Will