Seit Februar hat Katharina ihre Uni nicht mehr von innen gesehen und auch sonst spielt sich ihr Leben hauptsächlich auf wenigen Quadratmetern statt. Das schafft neue Gewohnheiten.
Corona hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich nie sein wollte. Oder wird mich wahrscheinlich dazu machen, wenn die Zahlen weiter explodieren, ich das Wintersemester von zu Hause aus mache – und meine Schwester (noch) in die Schule geht. Es ist Dienstag, ihr Schultag geht bis 16:45 Uhr, am Abend hat sie dann noch Fahrstunde im Nachbarort. Ich habe Zeit und mache ein warmes Mittagessen für sie, zu der Uhrzeit wohl eher ein Nachmittagsessen. Bin ich zu nett? Ja, wahrscheinlich. Ich entscheide mich für eine Ratatouille-Quiche.
Und während ich in der Küche stehe, die Aubergine in kleine Würfel schneide und das Innere aus den zwei Paprikas nehme – da wird mir bewusst, wie skurril die Situation ist: Jetzt geht nur noch meine Schwester während der Woche aus dem Haus. Ich, die den ganzen Tag zuhause war angesichts immer länger andauerndem Homeoffice und immer weniger Leben da draußen vor der Tür, koche an diesem Dienstagnachmittag für sie.
Okay, ich habe auch etwas davon. Aber irgendwie fühlt es sich doch komisch an. Die Rollen verändern sich. Seit Februar habe ich die Uni für Vorlesungen und Seminare wie so viele andere nicht mehr von innen gesehen. Und so verändert sich mein Alltag während der Woche. Er findet auf weniger Quadratmetern statt, es bilden sich neue Gewohnheiten. Die Fixpunkte meines Alltags sind nun der grüne Farn auf meinem Schreibtisch, die vielen bunten Postkarten auf den Türen meines Kleiderschrankes und das Regalbrett mit Lehrbüchern und Gesetzestexten, die ich nun nirgendwo mehr hin mitnehmen muss.
Das geht mir durch den Kopf, während ich den Teig in die Springform hinabsenke und ihn an den Rändern der Form andrücke. Ich muss an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron denken: Mitte Oktober sagte er auf die Nachfrage, ob die neuen weitgehenden Beschränkungen in französischen Großstädten nicht vor allem junge Menschen mit einem in der Regel – zumindest vor der Pandemie – aktiverem Sozialleben treffen würden: „Es ist 2020 nicht einfach, 20 Jahre alt zu sein.“ Und dann fällt mir ein: Mist, habe ich den Ofen schon vorgeheizt?