Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Marietta

Unsere Autorin Marietta ist bei uns für die Bands der Woche zuständig. Ihrem Plan für die kommende Woche erkennt man das an: Mit Elena Rud, Some Sprouts und GrGr hat sie einiges für die Ohren. Aber sie weiß auch, wo man ein kaltes Bier genießen kann

Von Marietta Jestl

Wer noch dem AWI nachtrauert, geht jetzt gerne in den Goldenen Reiter und man muss zugeben – dieser hat ein interessantes Gimmick: das Kellerabteil, links. Es scheint zu sein, als hätten die Veranstalter in ihrem Club eine ungenutzte Rumpelkammer gefunden und sich gedacht „Hey, in München schwinden die Räume – wir haben hier einen!“ Kurzerhand wurde das Kellerabteil zum Raum für Installationen erklärt und zack – alles, was heute zwischengenutzt wird, ist cool.

Seit Dezember toben sich also dort immer wieder Künstler aus. An diesem Freitag arbeitet die Grafikerin Mona Sardari in dem kleinen Kabuff ihre langjährigen Schlafstörungen auf. Da ich solche Nächte kenne, die nicht nur schlaflos sind, weil man es mal wieder nicht vor 5 Uhr von der Tanzfläche geschafft hat, sondern weil man unter der Bettdecke kauernd ins Schwarze starrt, kann ich mich mit ihren Illustrationen tatsächlich gut identifizieren. Danach kann man ironischerweise noch im Goldenen Reiter die Nacht zertanzen.

Aber das Wochenende ist voll mit Pflichtveranstaltungen. Der nächste Raum der diese Woche sein voraussichtliches Aus angekündigt hat, ist die Geyerwally! Habe ich doch in den vergangenen fünf Jahren in der Kultkneipe zumindest den ein oder anderen Absacker getrunken, stiefle ich also Samstag Mittag erschüttert los zur letzten offiziellen Veranstaltung, dem Geyerwally Open Air. Es ist gemütlich dort, aber natürlich werden sich außer mir auch sonst viele Leute dort einfinden, die eigentlich nur periphere Verbindungen zu der Boazn haben, daher wird es vermutlich bald zu voll und ich übersiedle zum nächsten Open Air: Dem Frühlingsfest der Minna Thiel. Da die winterlichen Temperaturen sich ja nun doch endlich verzogen haben, lässt es sich also angenehm draußen sitzen und von Doris Dörrie Häkeln lernen. Musik und Bier gibt’s zum Glück auch.

Auch der Sonntag erstrahlt in hellem Sonnenschein, und es würde mich nicht wundern, wenn sich heute so mancher Satellit im All fragen würde, was das für ein glänzender Fleck auf der Weltkugel ist. Als blendende Decke aus Goldfolie marschiert heute die „Glänzende Demo Der Vielen“ von 12 Uhr an durch die Innenstadt und kämpft für Vielfalt und Freiheit in Kunst und Kultur. Alle namhaften Kollektive und Kulturverbände Münchens gestalten die Aktion mit Musik und Performances und beweisen eines: Sowohl Sub- als auch Hochkultur in München sind alles andere als bereit, sich in ihrem Wirken einschränken zu lassen.

Nach der Demonstration ziehe ich direkt weiter in den Farbenladen, wo gerade die Ausstellung „10 im Quadrat Volume 3“ zu besichtigen ist. Wir von der SZ-Junge-Leute-Seite greifen das Thema Vielfalt gleich auf und präsentieren hier heute eine Diskussionsrunde zur LGBTQI*-Thematik: Wie tolerant ist München? Man kann sich nicht oft genug für die Diversität unserer Gesellschaft positionieren, also am Sonntag nehme ich die Gelegenheit dann lieber gleich zweimal wahr!

Die Woche startet für mich leider mit viel Arbeit und ein Montag nach einem lebhaften Wochenende ist eben immer noch ein Montag. Ein Bier in der Abendsonne geht aber immer, und zwar in der Bar of Bel Air im Container Collective. Die Terrasse hat seit ein paar Tagen auch unter der Woche wieder offen und lädt zum gemütlichen Tag ausklingen lassen ein. Ich mag Dachterrassen, man kann schön unauffällig am Geländer klemmen und von oben die vorbei pilgernden Leute beobachten. Als die Kultfabrik noch offen hatte, war das Klientel allerdings doch noch etwas amüsanter.

Bekanntlich bin ich stets auf der Jagd nach Konzerten und es war die trotzig-hauchige Grunge-Stimme der Singer-Songwriterin Elena Rud, die mich schon vergangenes Wochenende im Farbenladen verzaubert hat. Daraufhin lasse ich mir auch ihr Konzert am Dienstag in der Bar Jenny was a friend of mine nicht entgehen, denn der Eintritt ist frei!

Auch am Mittwoch führt mich meine Musik-Leidenschaft auf ein Konzert. Some Sprouts spielen im Ampere, eine unterhaltsame Indie-Truppe aus Regensburg. Eigentlich höre ich kaum noch Indie, aber diese sympathischen Jungs überzeugen: Indie bedeutet einfach immer Sommeranfang, und Sommeranfang hat bei mir sofort Nostalgie-Potenzial.

Von Freitag bis Freitag mit Marietta kann einfach nichts anderes als eine kleine Konzertempfehlungsreihe werden – und am Donnerstag folgt hier mein persönliches Highlight. Das Album Release des Münchners GrGr. Er macht Musik, die klingt wie sein Name und könnte mit ihren 8bit- und Gameboy-Sounds total nervig sein. Stattdessen sind die Elemente so geschickt eingesetzt, dass herrlich spaciger und tanzbarer Elektro herauskommt: die genervten Lyrics und Klänge gegen alle Regeln geben dem ganzen die obligatorisch dreckige Punk-Attitüde. Ich freue mich außerdem auf die Münchner Support Band Elvis De Sade, die wunderbar depressiven, kühlen Post-Punk präsentieren. Sehenswert!

Und schon wieder Wochenende. Ich entfliehe tunlichst dem Trubel des Streetlife Festivals und schließe meine Woche am Freitag mit einem Revival meines 2016 der Münchner Gentrifizierung zum Opfer gefallenen Lieblingsclubs: dem Netzer. Im Folks Club soll nun die schwitzige Atmosphäre aus der kleinen Eckbar wieder auferstehen, Eintritt ist immerhin wie damals frei, mal sehen, ob es auch einen schiefen und ständig besetzten Kicker gibt. Nach ein paar Pfeffi ist dann die Illusion vielleicht gut genug.

Foto: Marietta Jestl