Tag sieben von 10 im Quadrat: Mimik, Mieten und Musik

Am vorletzten Ausstellungstag von 10 im Quadrat ist das Programm noch einmal gut gefüllt. Eine Schultheatergruppe begeistert mit ihren Fähigkeiten und es wird über das Leiden auf dem Wohnungsmarkt und mögliche Alternativen gesprochen. Den Abschluss machem Swango und ihre kuriose Kombination aus Rap, Gitarre und Stepptanz

Von Max Fluder

Manekin Peace macht bei seinem Auftritt ein, zwei Schritte zurück. Ganz unbewusst, so vertieft ist das Mitglied von Swango in seinen Gesang. Die Spezi-Flasche, die hinter ihm steht, bemerkt er nicht. Der Rapper stößt gegen die Glasflasche, sie kippt um und explodiert. Die Musik des Trios trägt Mitschuld, weniger aber die Gitarrenklänge und viel mehr der Stepptanz. Der Boden vibriert durch das Steppen so sehr, dass sich Kohlensäure in der Flasche staut und die kleinste Erschütterung ausreicht, um sie zum Explodieren zu bringen. Der Boden klebt jetzt, doch hält das Swango nicht davon ab, den vorletzten Ausstellungstag von „10 im Quadrat“ mit ihrer musikalischen Leistung abzuschließen.

Aber zurück zum Anfang: Der Tag im Farbenladen beginnt mit Theater, der Ausstellungsraum wird zur Bühne. Sieben Jugendliche der Theater-AG des Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums Icking zeigen in den verschiedensten Improvisations-Übungen ihr Können. Das Publikum nimmt Einfluss auf den Verlauf und bestimmt mal Zeit und Raum, mal die Beziehung zwischen den Darstellern oder das Thema der Geschichte. Nur selten fallen die Schauspieler aus ihrer Rolle. Anhand der Impulse arbeiten die Darsteller große Themen des Lebens ab: Arbeitsstress, Betrug, Liebe. Gegen Ende nimmt man ihnen sogar den spontanen Vortrag über Otterzucht ab, den sie zu siebt halten müssen. Woher das absurde Thema? Natürlich aus dem Publikum.

 

Mit Verspätung startet der zweite Teil des heutigen Programms, eine Talkrunde zum Wohnen und den Mieten in München. Die Talkgäste bringen einiges an Erfahrung mit – nicht nur was albtraumhafte Erfahrungen anbelangt. So zeigen Tobias Polfuß von wohnsinn.org und Taron Geißler von Gemeinwohlwohnen e.V. alternative Wohnmöglichkeiten auf. Beide Vereine ermöglichen das Zusammenleben in integrativen Wohngemeinschaften mit körperlich oder geistig Eingeschränkten. Im Gegenzug bekommen die Bewohner einen Teil der Miete oder gleich die ganzen Kosten erstattet. Dafür muss man allerdings auch Dienste übernehmen. Das klingt schlimmer, als es ist, meint Tobias: „Dienst kann auch heißen, gemeinsam Netflix zu schauen oder auf der Terrasse ein Bier zu trinken“.

Die anderen beiden Gäste, Sandra Sommerkamp und Niko Heep, haben mit dem Wohnungsmarkt zu kämpfen. Sandra ist mit ihren 34 Jahren bereits 19 Mal umgezogen, davon neun Mal in München. Als Fotografin gehört sie zu einer der Gruppen, die es auf den Wohnungsmarkt besonders schwer haben: den Kreativen. Weitere Gruppen sind Alleinerziehende, Geflüchtete, Menschen mit Migrationshintergrund oder auch Senioren. Um die Wohnung zu behalten, musste Sandra sogar mehrmals untervermieten und ist selbst für den Zeitraum in einem Wohnnheim untergekommen. Niko hingegen bezahlt 550 Euro für 8 Quadratmeter, die dann auch noch direkt neben zwei Justizvollzugsanstalten in der Nähe des Mangfallplatzes liegen. Beide, Sandra und Niko, spielen mit dem Gedanken, aus München wegzuziehen. Das Fazit des Talks ist ernüchternd: „Wer viel Vitamin B hat, findet was. Freie Zimmer vermietet man lieber an Freunde“, sagt Niko.

Gut, dass nach dieser eher negativen Stimmung Swango anfangen zu spielen und den Abend auflockern. Das Trio hat eine unkonventionelle Methode Musik zu machen: Die Beats werden nicht mit einer Beat Maschine produziert, sondern ausschließlich durch Stepptanz. Laut wird es; und der Boden vibriert so sehr, dass Glasflaschen zerbrechen. „Revier markieren“, nennt Manekin Peace die Pfütze auf dem Boden. Zusammen mit seinem Bruder unter dem Künstlernamen Skill-Gott Heron, dem Stepper, und Ahmet Tanar, dem Gitarristen begeistert Manekin Peace, der auch Model der Ausstellung ist, das Publikum und bringt es dazu, mitzusingen. Der Applaus lässt nicht auf sich warten und den Wunsch nach einer Zugabe erfüllt das Trio. Scherben bringen anscheinend Glück und gute Laune.

Foto: Max Fluder (Titelbild), Sophie Röhrmoser (Bilder im Text)