Ehrlichkeit statt Prollgehabe: Der Rapper AdyB erlebte eine schwere Kindheit in Rumänien. Jetzt verarbeitet er in seinen Songs das Trauma

München Lebt. Menschen und mehr.
Ehrlichkeit statt Prollgehabe: Der Rapper AdyB erlebte eine schwere Kindheit in Rumänien. Jetzt verarbeitet er in seinen Songs das Trauma
Paragrafen statt Monologe: Weil sie in den vergangenen Monaten nur selten gemeinsam proben konnten, haben Schauspielschüler die Otto-Falckenberg-Schule besetzt
Joschka Kientsch sitzt im Rollstuhl. Er will Schauspieler werden. Doch alle Schauspielschulen haben ihn abgelehnt. Wegen des fehlenden Schulabschlusses. Weil es räumliche Probleme gibt. Jetzt baut er ein integratives Ensemble auf. Hier geht’s zum Artikel. (SZ Plus)
Am vorletzten Ausstellungstag von 10 im Quadrat ist das Programm noch einmal gut gefüllt. Eine Schultheatergruppe begeistert mit ihren Fähigkeiten und es wird über das Leiden auf dem Wohnungsmarkt und mögliche Alternativen gesprochen. Den Abschluss machem Swango und ihre kuriose Kombination aus Rap, Gitarre und Stepptanz
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Wenn sie pleite sind, gehen sie zur Bar oder zur Kantine der Kammerspiele. Wenn sie aber den Sonnenuntergang betrachten wollen, kommt für die Schwestern und Schauspielerinnen Klara und Maria nur ein Ort in Frage: Die Hackerbrücke
Weiterlesen “Durch die Nacht mit: Klara und Maria Wördemann”
Verwechslungsgeschichten oder Gags, in der Menschen plötzlich doppelt auftauchen – die Filmbranche braucht Zwillingsschwestern wie Klara und Maria Wördemann. Auch im richtigen Leben haben sie schon mal die Rollen getauscht
Fein oder nicht fein? Julia Mauracher, 27, ist gelernte Schauspielerin. Jetzt will sie Konditorin werden – im Sommer eröffnet ihre erste Pop-up Bakery.
In München leben viele schöne Menschen. Unter ihnen gibt es auch einige Models. Ob hauptberuflich, als Nebenjob oder Hobby: Wir porträtieren jede Woche ein Münchner Model und erzählen von dem Menschen hinter dem hübschen Gesicht.
Rosalie Schlagheck, 22, sieht sich eher als Theaterschauspielerin, nicht als Model. Sie profitiert jedoch vom Modeln, weil beide Jobs so unterschiedlich sind: „Als Schauspielerin schlüpft man in eine andere Rolle und zeigt verschiedene Facetten eines Charakters“, sagt sie. „Als Model bin ich immer noch ich und kann andere Seiten an mir selbst entdecken, die ich dann besser für die Vorbereitung für einen Charakter nutzen kann.“ Rosalie hat nach ihrer Ausbildung als Schauspielerin angefangen, als „Plus Size“-Model zu arbeiten. „Wenn ich einen Abend Lust auf Pizza habe, lasse ich mir das nicht verbieten“, sagt sie, trinkt einen Schluck Kakao mit extra Sahne und streicht sich durch ihre wilde dunkelblonde Lockenmähne, die zu ihrem Markenzeichen gehört. Rosalie ist schlank. Doch aufgrund ihrer Größe von 1,85 Metern trägt sie Größe 38 und gehört daher in die Kategorie „Plus Size“. Aber von diesen Kategorisierungen hält Rosalie nicht viel. „Es heißt immer: ,Wow!, ein Plus Size-Model ist auf dem Cover‘, doch dabei ist Plus Size der Durchschnitt. Jeder Mensch hat einen anderen Körperbau. Manche sind schlank und andere kurvig, doch keine Körperform ist schöner als die andere, solange man gesund ist.“
Bisher hatte sie kleinere Modeljobs und mehrere Fotostrecken. Die Arbeit macht ihr großen Spaß, doch die Leidenschaft ist die Schauspielerei: „Man lernt so viel über die menschliche Psychologie und es macht großen Spaß, mich in andere Rollen hineinversetzen zu können. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich mich immer fürs Schauspielern entscheiden.“
Foto: Robert Haas
Text: Serafina Ferizaj
Eine Tasse Porridge oder ein Teller Pasta – 56 000 Leute sehen die Fotos, die Laura Hohmann, 25, täglich auf Instagram postet. Von ihrem Essen, aber auch von sich selbst. Lange blonde Haare, dunkle Augen, meistens einen leichten Schmollmund, oft mit Schwarz-Weiß-Filter bearbeitet. Laura befindet sich im zweiten Jahr ihrer Ausbildung zur Schauspielerin an der Zerboni Schule in München. Wenige Stunden vor der letzten Vorstellung der aktuellen Produktion, erzählt sie, wie Instagram ihr Leben verändert hat.
SZ: Laura, 56 000 Menschen haben deinen Instagram-Account abonniert. Ist das viel?
Laura Hohmann: Das kommt ganz darauf an, in welchem Verhältnis man das sieht. Mit 56 000 gehöre ich nicht mehr zu den Mikro-Influencern. Da liegt die obere Grenze bei 15 000 Abonnenten. Aber dann gibt’s natürlich Accounts mit einer Million und mehr. Da fehlen bei mir noch einige.
Ist das ein Hobby?
Nicht mehr wirklich, aber es ist auch kein Beruf, weil ich noch kein Geld verdiene. Das wäre schon möglich mit der Anzahl an Abonnenten, aber ich scheue mich noch vor Kooperationen mit Firmen. Denn ich will keine Produkte bewerben, hinter denen ich nicht hundertprozentig stehe.
Das aber machen sogenannte Influencer.
Ich nehme schon hin und wieder Einladungen zu Events an. Modenschauen oder Konzerte. Ich war beispielsweise auf einem Klitschko-Boxkampf. Aber auch solche Dinge mache ich nur, wenn ich wirklich Lust drauf habe.
Woher kam der Wunsch zu posten?
Ich glaube, für mich war das Freiheit. Vielleicht auch so ein gewisses Mitteilungsbedürfnis, das ich auch mit der Schauspielerei auslebe. Deshalb hat es mir auch von Anfang an total viel Spaß gemacht.
Wie erklärst du dir, dass die Leute ausgerechnet deine Bilder so gut finden?
Es gibt so ein paar Tricks. Zum einen, regelmäßig etwas posten. Jeden Tag ein Bild oder so. Zum anderen, sollte der Feed einheitlich, also die Bilder konstant qualitativ sein. Aber das Wichtigste ist, glaube ich, authentisch zu bleiben.
Inwiefern?
Ich schreibe hin und wieder so halb-philosophische Texte unter meine Fotos, bei denen ich mir dann selbst doof vorkomme. Interessanterweise kommen aber vor allem Beiträge gut an, bei denen ich mich selbst nicht so ernst nehme, oder wenn ich Ereignisse beschreibe, die mich menschlich und nahbar erscheinen lassen.
Zum Beispiel?
Einmal wurde mir gesagt, ich würde niemals die Prinzessin oder andere Hauptrollen spielen können, weil ich nicht das Aussehen dazu hätte. Ich habe gepostet, dass mich das sehr getroffen und auch geärgert hat, weil ich es schrecklich finde, wenn Leute einem erzählen wollen, was man kann und was man nicht kann.
Wie waren die Reaktionen?
Ich habe lange nachgedacht, ob ich das posten wollte. Letztlich war es mir dann aber sehr wichtig, klarzustellen dass ich mich niemals von der Meinung anderer einschüchtern lassen will. Dass niemand das sollte. Die Reaktionen in den Kommentaren haben das bestätigt. Die Leute wollen Geschichten wie diese liken.
Hat Instagram dein Leben verändert?
Ja, absolut. Das Posten hat mir unglaublich viel Selbstbewusstsein gegeben. Ich würde sogar sagen, dass es mit ein Grund dafür war, dass ich tatsächlich auf der Schauspielschule aufgenommen wurde. Weil mich das so gepusht hat.
Ist das ein Abhängigkeitsverhältnis?
Vielleicht. Instagram bedeutet mir wahrscheinlich wirklich viel zu viel. (lacht) Es wäre schrecklichst, diesen Account zu löschen. Aber das muss ich ja auch nicht.
Hat Instagram dir schon einmal Probleme bereitet?
Nein, überhaupt nicht. Das einzig negative ist vielleicht,
dass man jeden Tag etwas posten muss. Das wird schwierig in Phasen, in denen ich eigentlich keine Zeit habe, sinnvollen Content zu produzieren. Etwa jetzt in der Proben- und Aufführungszeit.
Was ist das Ziel? Eine Million Follower?
(lacht) Das wäre natürlich schön, aber ich merke, wie es mit der immer größeren Anzahl an Influencern schwerer wird, Abonnenten dazuzugewinnen. Auch weil vor kurzem der Algorithmus geändert wurde, und jetzt vieles nicht mehr unbedingt angezeigt wird. Aber ich hoffe natürlich, dass die Zahl weiter wächst und ich vor allem keine Follower verliere.
Wofür braucht man diese Follower?
Ich glaube, eigentlich in jedem Beruf wird Social-Media-Präsenz und Reichweite immer wichtiger werden. In der Schauspielerei vielleicht sogar in besonderem Ausmaß. Es gibt auch jetzt schon auf Youtube ein Serienformat, in dem nicht nur professionelle Schauspieler, sondern Influencer auftreten.
Gesellschaftlich gesehen – geht es nur um Likes? Oder auch um relevante Inhalte?
Mir geht es nicht so sehr um eine politische oder gesellschaftliche Botschaft, und es soll jetzt auch echt nicht kitschig klingen, aber für mich ist es das Posten schon wert, wenn 20 Leute darüber lächeln können und vielleicht eine positivere Einstellung zum Tag haben.
Interview von Teresa Parstorfer
Foto: Privat
Wie vertont man Zungenküsse? Maresa Sedlmeir, 23, ist Synchronsprecherin.
Seit Donnerstag ist sie in „Midnight Sun – Alles für dich“ zu hören
Die Teetasse steht auf dem Küchentisch, im Hintergrund macht die Waschmaschine Lärm. Mit angezogenen Beinen sitzt eine junge Frau mit blonden, schulterlangen Haaren und einem Lächeln auf den Lippen auf einem Stuhl. „I am who I’m meant to be, this is me“, singt Maresa Sedlmeir, 23, und breitet die Arme aus. „Look out ’cause here I come and I’m marching on to the beat I drum.“ Dann lacht sie fröhlich und sagt: „Ich habe vor kurzem ‚The Greatest Showman‘ gesehen und bin so ein bisschen aus dem Häuschen.“
Maresa ist Synchronsprecherin und steht täglich mehrere Stunden im Studio und leiht Schauspielerinnen ihre Stimme. Bella Thorne zum Beispiel. Gerade ist „Midnight Sun – Alles für dich“ im Kino angelaufen. Von Animes über Horrorfilme und Thriller bis hin zu Dramen und Komödien – das alles kann die junge Frau, die seit ein paar Jahren in München wohnt, in ihrem Portfolio vorweisen. Schließlich synchronisiert sie seit mehr als zehn Jahren Filme und Serien. Als Maresa neun Jahre alt war, wurde sie von Synchronsprecherin Inez Günther, eine Freundin ihrer Mutter, ins Studio mitgenommen. Für die Kinderserie „Franklin“, in der es um eine Schildkröte geht, sprach sie eine kleine Rolle – der Beginn ihrer Karriere.
Die Texte, die Maresa sprechen muss, sind in kleine Sequenzen unterteilt, die man Takes nennt. Meistens enden Takes, wenn die Schauspielerin eine Pause macht. Das kann ein Atmer, aber auch ein sehr langer Satz sein. Da es meist kurze Sätze sind, lernt Maresa sie auswendig. „Ich gucke es mir erst auf Englisch an und dann den deutschen Text“, erklärt die 23-Jährige. „Dann sage ich den Text trocken vor, danach läuft der Take ab und ich spreche das drauf.“ Sie versucht den Text genau in dem Rhythmus der Schauspielerin zu sprechen und perfekt in der Zeit zu sein. Dabei gibt es aber Einiges zu beachten: „Du kannst diesen Text nicht einfach ablesen und ihn spielen, sondern du musst auf den Mund gucken“, sagt Maresa. „Wann geht der Mund zu, wo verzögert die Person, wo stottert sie?“ Für die Synchronsprecherin ist es am wichtigsten, die Person, die spricht, wahrzunehmen – die Stimme, das Gesicht und die Gesten: „Ich versuche einfach immer zu sehen, was diese Person gerade machen wollte, was sie transportieren will und wie ich das dann durch meine Stimme auch mitgeben kann. Ich gucke dazu immer auf den Bildschirm, mach dieselben Gesten wie die Figur, versuche so wie die Figur zu gucken und das auch zu spielen.“
Ihre erste große Rolle hatte Maresa in der Disneyserie „Liv und Maddie“, in der es um Zwillinge geht, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Da die Zwillinge von derselben Schauspielerin, Dove Cameron, gespielt wurden, spricht im Deutschen auch Maresa beide Rollen. An ihre erste Szene erinnert sie sich stark zurück: „Da haben sie sich einfach unterhalten und da habe ich quasi erst die eine und dann die andere gesprochen und die werde ich nie vergessen.“ Sie wechselte nicht von Take zu Take zwischen den Schwestern, sondern synchronisierte erst eine und dann die andere. „Ich habe versucht, es vom Original abzunehmen und das kommt ehrlich gesagt auch so ein bisschen raus“, sagt Maresa und spricht von einer Sekunde auf die andere mit einer hohen, trällernden Stimme weiter: „Also eine coole Basketballerin würde nicht so sprechen.“ Genauso schnell wechselt sie zu einer lässigen, tiefen Stimme: „Und ein Model würde auch nicht so reden. Es ist eine Gefühlssache.“
Nicht nur Gefühle muss Maresa mit ihrer Stimme transportieren können, sondern sie muss auch Kuss- und Sexszenen machen. Da sie häufig ohne Synchronsprecherkollegen ihre Rolle einspricht, hat sie keinen Partner, den sie küssen könnte. „Das ist dann sehr lustig“, sagt Maresa und lacht. Überhaupt lacht sie sehr oft und scheint ein sehr fröhlicher Mensch zu sein. „Neulich habe ich zusammen mit einem Kollegen gesprochen, das hat man früher viel öfter gemacht. Wir standen da und haben beide unsere Hand geküsst. Das ist dann auch komisch, wenn man Lippenbewegungen nachmacht und mit der Zunge küsst.“ Ein Schmatzer in die Luft würde nämlich ganz anders klingen als ein echter Kuss. Auch Sexszenen synchronisiert Maresa in ihrem Kämmerchen: „Ich stöhne dann vor mich hin, neben mir sitzt ein Cutter und hinter der Scheibe sind Regisseur und Tonmeister. Ich versuche das, so authentisch wie möglich hinzukriegen. Mir ist auch nicht so schnell etwas peinlich. Ich bin so ein bisschen eine Rampensau, dass es mir dann egal ist, ob ich unangenehme Szenen mache oder nicht.“
Je öfter eine Synchronsprecherin eine Schauspielerin im Deutschen synchronisiert, desto sicherer ist es, dass man diese Person immer spricht. Bei Maresa Sedl-meir ist das nicht nur Dove Cameron, sondern auch Bella Thorne. Vor kurzem hat sie Bella Thorne in dem Liebesfilm „Midnight Sun – Alles für dich“, der gerade in die Kinos gekommen ist, im Deutschen ihre Stimme geliehen.
Den Film in der deutschen Fassung zu schauen, kommt für Maresa nicht infrage: „Oh nein, das ist schrecklich! Das kann ich gar nicht! Da sehe ich leider immer nur: ‚Oh Gott, wie hast du denn das gesprochen?!‘ und ‚Oh, das hättest du mal lieber so gemacht!‘ Manchmal gucke ich mir es an, um zu sehen, wie das Gesamtding geworden ist, weil ich auch nur meine Szenen gesehen habe, aber das fällt mir ganz schwer.“
Alle außer ihren Eltern sind Schauspieler. Ihr Bruder Paul und ihr Onkel Christian Tramitz spielen aktuell in der Vorabendserie „Hubert und Staller“, ihre Tante und ihr Bruder sind am Theater. „Ich bin da auch nicht so kritisch und finde meine Familienmitglieder die Besten“, sagt Maresa und lacht – passend zu ihrem schwarzen, übergroßen Pulli, auf dem ein weißer Smiley abgebildet ist. Schon immer war die 23-Jährige an Theater und Film interessiert. Sie hat zwar selbst auch mal Theater gespielt, das hat ihr aber nie so gut gefallen wie das Synchronsprechen. „Mich stört es gar nicht, in den Hintergrund zu treten“, sagt Maresa und spielt mit den zwei dünnen, schwarzen Haargummis an ihrem Handgelenk. „Vor allem kann ich in Jogginghose ins Studio gehen und trotzdem eine Frau im Ballkleid sprechen.“
Foto: Florian Peljak
Text: Lena Schnelle