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Punk und Feminismus

In München gibt es eine kleine, aber ausgewählte Zine-Szene – ein Überblick.

Von Lena Bammert

Die ersten Zines erschienen in den Dreißigerjahren in den USA, dabei handelte es sich um sogenannte Fan-Zines, sie wurden also von Fans – damals vor allem von Science-Fiction-Fans – erstellt und herausgegeben. Das erste deutsche Zine erschien 1955, hieß ANDROmeda und wurde vom Science-Fiction-Klub Deutschland kreiert. Richtig populär wurde die Zine-Kultur dann in den Siebziger- und Achtzigerjahren – zum einen, weil die Produktion durch das Aufkommen von Kopierläden billiger wurde, zum anderen, weil die Punk-Szene in London und New York die Freiheit und Unabhängigkeit von Zines zu schätzen und zu nutzen wusste. Da es, anders als bei gängigen großen Magazinen, keine hierarchischen Strukturen gibt, müssen Themen nicht genehmigt werden, es kann einfach losgelegt werden.

Dadurch eignen sich Zines auch gut für das Infragestellen gängiger Normen und für das Zelebrieren einer Gegenkultur. So gab der Verein für sexuelle Gleichberechtigung von 1980 bis 1987 das Münchner Zine „Keller Journal“ heraus. In einer Zeit, in der Homosexualität in der Bundesrepublik noch teilweise illegal war, informierte das Zine über die Aids-Krise und politische Entwicklungen. Diesen anti-autoritären Geist verfolgt auch das Münchner Zine „Black Rat“, das „Politik, Kunst, Kultur, Musik, Veranstaltungen, Berichterstattungen, Unsinn, Protest, Punk, Revolte und alles was sonst glücklich, traurig oder wütend macht“ thematisiert. Das Zine wird unter anderem im Feierwerk ausgelegt und erscheint alle zwei Monate anlässlich der Konzerte des Black Rat Collectives.

In den Neunzigerjahren formierte sich mit den Riot Grrrls eine Gegenbewegung zu der männerdominierten Punk-Szene, und auch hier waren Zines ein wichtiger Faktor für die Verbreitung vor allem feministischer Themen. Die Nähe von Zines zu Feminismus hat sich bis heute erhalten.

Obwohl die Zine-Szene in München nicht groß ist, existiert hier seit Ende des vergangenen Jahres das „anarchafeministische Fanzine Nebenwidersprüche“, das unregelmäßig erscheint und auch online verfügbar ist. Herausgegeben wird es von der anarchistischen Struktur „kaos München“ und dem Blog „Antisexistische Aktion München“. Die ersten beiden Ausgaben behandeln die Themen „Pro Choice“ und „Toxische Maskulinität“, also das Selbstbestimmungsrecht schwangerer Frauen und schädliche männliche Rollenbilder. Wichtig ist dem jungen und wechselnden Redaktionskollektiv dabei auch, feministische und anarchistische Themen so aufzubereiten, dass diese auch Leuten außerhalb des üblichen „feministischen Fachpublikums“ zugänglich sind. Deswegen existiert zum Beispiel am Ende jeder Ausgabe ein Glossar, welches Fachbegriffe wie „Heteronormativität“ und „Patriarchat“ einfach erklärt.

Im Sommer gab es zu diesem Thema in den Räumen des Projekts „Platform“ eine informative Ausstellung mit dem Titel „Gegenkultur“. Gezeigt wurden selbst gemachte Münchner Magazine von den Siebzigerjahren bis heute. Zu sehen waren mehr als 30 Hefte, die sonst nur in Off-Spaces und in Clubs erhältlich sind.