German girl in America: Felicia Hofner / Foto: privat

Ententanz in Cincinnati

Was die Münchner YouTuberin Felicia Hofner in den USA erlebt.

Felicia Hofner zog es 2016 für ein Auslandssemester in Münchens Partnerstadt Cincinnati in Ohio, USA. Vier Jahre und eine Greencard später ist aus dem damaligen Abenteuer ein neuer Wohnsitz für die 26-Jährige geworden. Über ihre Erlebnisse im Ausland und die kulturellen Unterschiede in Deutschland und den USA berichtet sie regelmäßig auf ihrem YouTube-Kanal „German girl in America“.

SZ: Warum wolltest du nach deinem Auslandssemester doch noch länger in Cincinnati bleiben?

Felicia Hofner: Das war irgendwie so eine kleine Ego-Nummer. Ich bin mit 22 das erste Mal nach Cincinnati gekommen und hatte das Gefühl, dass ich in München seit dem Abi ein sehr erwachsenes Leben führte.

Wie meinst du das?

Ich habe studiert, immer drei Jobs gehabt und war generell sehr engagiert. Man hat irgendwie dieses sehr geregelte Leben in München.

Und in den USA?

Das College-Leben ist wirklich in vielerlei Hinsicht so wie in den Filmen. Ich habe das sehr genossen. In München habe ich mich oft benommen, als hätte ich Kinder und wäre Mitte dreißig. Diese wilden Zeiten, die die Studenten alle hier in ihren Zwanzigern haben, hatte ich in München vielleicht mal so mit 17, 18 oder 19 Jahren. Das ich das total vermisst habe, ist mir erst hier aufgefallen. Es ist aufregend, aus dem Alltag auszubrechen. Und ich habe gemerkt, dass ich in vielerlei Hinsicht mit der amerikanischen Lebensweise besser klarkomme als mit der deutschen.

Mit dem Blick aus der Ferne: Ist was dran an bestimmten München-Klischees?

Wenn ich heute an München als Stadt denke, dann denke ich auf jeden Fall viel mehr an Schickeria als damals, als ich noch dort gewohnt habe. Weil es halt auch hier im Mittleren Westen, wo ich bin, gar nicht schick ist, also im Vergleich zu München. Jedes Mal, wenn ich an Weihnachten nach Hause fahre, packe ich bestimmte Sachen gar nicht ein, weil die für München viel zu hässlich wären. In Cincinnati gehst du mit Leggins und irgendeinem ausgeleierten T-Shirts überall hin, manche sogar in die Bar. In München ist das schon anders.

Wie reagieren die Menschen in Cincinnati, wenn du erzählst, dass du aus München kommst?

Deutschland finden sie schon sehr gut. Das Land hat einen guten Ruf. Und München ist dann auch
eine Stadt, die alle kennen. Oder zumindest das Oktoberfest. Deutschland ist für die Menschen dort
oft gleichgesetzt mit Dirndl, Lederhosen, Biertrinken und Wiesn. Sie wollen dann auch immer wissen,
wie die Wiesn so ist, wie Bayern so ist und wie die Deutschen so sind.

                                                                                 KOMMEN & GEHEN
                                                                                Mit jedem Menschen, 
                                                                                 der zuzieht, verändert
                                                                           sich die Stadt. Und auch mit
                                                                                  jedem Menschen, der
                                                                             München verlässt, verliert
                                                                            die Stadt ein Stück Identität

Cincinnati ist Münchens Partnerstadt. Gibt es dort dann auch so etwas wie das Oktoberfest?

Ja, ein Oktoberfest gibt es hier. Sie sagen sogar, dass es das zweitgrößte außerhalb von Deutschland ist. Das tut mir immer ein bisschen weh, wenn die Leute das sagen, weil ich ein Münchner Kindl bin. Für mich gibt es nur ein Oktoberfest auf der Welt. Mittlerweile ist das ja wie zu einem Franchise geworden.

Und wie ist das Oktoberfest dort?

In Cincinnati ist das so ein Straßenfestival, bisschen wie das Münchner Streetlife-Festival. Und eine Sache, die wirklich ganz übel ist: Die denken, dass wir auf der Wiesn den Ententanz tanzen.

Den Ententanz?

Die denken das nicht nur, die machen das hier dann auch mehrmals am Tag. Das ist richtig skurril.

Auf deinem Youtube-Account „German girl in America“ erzählst du von genau solchen Sachen.
Glaubst du, du hättest einen YouTube-Account gestartet, wenn du in München geblieben wärst?

Nein, da hätte ich gar nichts gehabt, worüber ich reden könnte. Außerdem hätte ich mich das dann gar nicht getraut.

Warum nicht?

Ich kann natürlich nicht sagen, wie ich mich in München entwickelt hätte. Aber das ist auf jeden Fall so ein großer Kulturunterschied, dieser ganze Optimismus in Amerika, vor allem dieses Art, sich gegenseitig fast schon anzufeuern. Dass man eine Person in dem, was sie wirklich gut kann, komplett unterstützt. Ich glaube, wenn ich in Deutschland einen Youtube-Kanal gegründet hätte, hätte ich wohl nicht so viel positives Feedback am Anfang bekommen.

Woran liegt das?

Deutsche sind halt schon kritisch. Wenn man eine neue Idee hat, dann kommen am Anfang von vielen Seiten Sätze wie: „Ja, das ist ja cool, aber!“ Oder „Warum willst du das denn machen?“ Oder: „Was versprichst du dir davon?“ Diese kritischen Nachfragen sind meistens gut gemeint, entmutigen einen dann aber auch schnell.

Gibt es etwas, was du an München vermisst?

Ich vermisse es, draußen zu trinken. Das ist hier illegal. Deswegen sind die Restaurants hier auch nicht so wie in Europa, dass du manchmal auf dem Gehweg sitzt. Das ist dann immer ein abgesperrter Bereich im Innenhof oder auf dem Dach. Das muss dann immer eingezäunt sein.

Interview: Aylin Dogan