Unsere Band des Jahres 2020: Lauraine. Foto: Laila Bierl

„Die Welt braucht starke Frauen mit starken Stimmen“

Alle vier Finalbands begeistern, am Ende bekommt „Lauraine“ die beste Bewertung. Die Band von Laura Glauber wird Band des Jahres.

Eine lange Schlange vor dem Bahnwärter Thiel. Zuschauer und Zuschauerinnen stehen mit Getränken vor der Bühne. Einige wissen bereits welcher Band sie ihre Stimme geben werden, andere wollen sich erstmal die Auftritte anschauen und anschließend entscheiden. So sah es bei der Wahl zur Band des Jahres 2019 im Februar des vergangenen Jahres aus. „Veranstaltungen wie die Band des Jahres bieten immer auch die Möglichkeit, andere Musiker und Musikerinnen kennenzulernen“, sagt Isabella Streifeneder, Frontfrau von Mola, und ergänzt: „Jetzt, wo gerade keine Festivals und Konzerte veranstaltet werden, ist das immer noch wichtig und findet dann eben online statt.“ Isabella trat vor zwei Jahren selbst beim Band-des-Jahres-Konzert der SZ-Junge-Leute-Seite auf und ist in diesem Jahr Mitglied der Jury.

Bei der Band des Jahres geht es um mehr als um den Wettbewerb. Vielmehr soll hier die Vielfalt der Musikszene in München abgebildet und eine Plattform für junge und talentierte Künstler und Künstlerinnen geschaffen werden. „Eigentlich gibt es nicht die eine Band des Jahres. Eigentlich sind alle vier Finalisten und Finalistinnen, alle zehn Bands, die ausgewählt wurden, und auch alle 50 Bands, die wir über das Jahr als Band der Woche vorgestellt haben, Band des Jahres. In allen diesen Bands sehen wir Potenzial, all diese Band sind auf einem guten Weg“, sagt SZ-Redakteur Michael Bremmer, Teamleiter der Leute-Seite.

Ins Finale eingezogen waren, nach Publikumsvoting per Like auf Instagram, die All-Female Indie-Pop Band Dirty Red Bandanas, die Pop- und R ’n’ B-Band Lauraine mit Frontsängerin Laura Glauber, die vier Indie-Pop-Rocker von A Story for Reflection und die Singer-/Songwriterin Diana Goldberg.

Nach Bewertung durch die Fachjury, bestehend aus sechs Expertinnen und Experten aus der Münchner Musikszene und der Redaktion der Junge-Leute-Seite, heißt die Band des Jahres 2020: Lauraine. Gegründet hat sie sich erst im vergangenen Jahr. Nachdem Laura Glauber lange für Bands wie LORiiA oder Matija die Backing-Vocals gesungen hatte, sollte es dann 2020 am vorderen Mikro der Bühne weitergehen.

„Laura hat für mich einen sehr hohen Wiedererkennungswert. Ich finde, dass ihre Persönlichkeit stark durchkommt, davon abgesehen, dass sie eine sehr gute Sängerin ist. Toll, dass sie den Schritt gewagt hat“, sagt Jurymitglied Alessa Patzer von der Feierwerk Fachstelle Pop. Und Juri Kannheiser, der mit Kannheiser im vergangenen Jahr den Titel „Band des Jahres“ der Junge-Leute-Seite gewonnen hat, stellt fest: „Die Welt braucht starke Frauen mit starken Stimmen.“

Neben Wiedererkennungswert und Potenzial war auch das Songwriting Grundlage der Bewertung. In dieser Kategorie sah die Jury im Durchschnitt eine andere Künstlerin weiter vorne: Diana Goldberg. „Der Song ,Occupy your mind‘ hat mich absolut geflasht und gefesselt. Ich ertappe mich manchmal dabei, wie ich bei englischen Texten nicht so genau hinhöre. Diana hatte mich ab der ersten Zeile, ,I just want friends‘. Gänsehaut. Authentischer Seelenstrip im zeitgemäßen Popgewand“, bewertete Isabella den ersten veröffentlichten Song von Diana. Und Max Fluder urteilt: „Toll produzierter Song, sehr eigen, folgt eher keinem traditionellen Muster. Mir gefallen vor allem die überraschenden Wechsel.“ Und das kurze Urteil von Juri Kannheiser über diesen Song: „Das ist ein Hit.“

Auch die anderen beiden Bands fielen auf. „Exzentrisch, mal was anderes, aus dem Leben. Mir gefällt es, vor allem, weil es bekannte Musikformeln einfach frech und galant umdreht“, war der Eindruck von Max Fluder zu den Dirty Red Bandanas. „Sechs Freundinnen, die mit voller Leidenschaft gemeinsam Musik machen. Das Image wirkt absolut authentisch. Diese Mädels-Gang vergisst man nicht“, sagte Isabella Streifeneder über die junge Band. Und Michael Bremmer sagte: „Die Musikerinnen haben sich zuletzt extrem weiterentwickelt. Ich bin gespannt, wo sie in einem Jahr stehen.“

„Ich spüre ein starkes Bedürfnis nach einem gemeinsamen Bier, wenn die Pandemie vorbei ist.“

Auch die Indie-Band A Story for Reflection bekam viel Lob: „Wenn ich mir die Videos und den Content anschaue, habe ich das Gefühl, dass hier eine Band organisch zusammengewachsen ist“, erklärte Juri Kannheiser. „Sie haben sich einen Sound und eine Fanbase erarbeitet. Sehr stark.“ Und auch Isabella Streifeneder fand Gefallen an der Indie-Band: „Absolut sympathisch. Ich spüre ein starkes inneres Bedürfnis nach einem gemeinsamen Bier, wenn die Pandemie überstanden ist.“

All diese starken Stimmen und Talente, die größtenteils noch am Beginn ihrer Karriere stehen, können digital nur bedingt ihre Zuhörerschaft erweitern. Darüber hinaus braucht es Raum und Publikum. Dass die Münchner Musikszene begeistert, wenn eben dieser Raum da ist, hat Max Fluder in seinem Artikel über das Band-des-Jahres-Finale im vergangenen Jahr im Bahnwärter Thiel festgestellt. Bleibt zu hoffen, dass dieser Platz auch nach Corona noch vorhanden ist.

Von Johanna Schmidt