Foto: Tabitha Nagy

„Das hat schon fast etwas Therapeutisches“

Künstlerin und gleichzeitig ihr eigenes Aktmodel: Sophie Kuhn, 21, malt Selbstporträts – auch auf Duschvorhänge, die sie dann in ihr eigenes Badezimmer hängt

Von Tabitha Nagy

Ihre Malerei sei sehr intim, ein Teil von ihr, sagt Sophie. Sie sieht sie als „performative Objekte“: In Ausstellungen dürfen die Besucher ihre Werke berühren. Sogar draufsetzen dürfe man sich. „Mit dem Ausstellen ist das Potenzial verbunden, dass die betrachtende Person mit der Kunst interagieren kann“, erläutert Sophie. Aufzwingen wolle sie dies aber nie. „Ich öffne mich durch diese Arbeiten und mache mich verletzlich, indem ich sie zeige und die Interaktion erlaube“, sagt Sophie. Die Aufforderung, behutsam mit den Werken umzugehen, sei dadurch und auch durch die Präsentation in einem Ausstellungskontext implizit. „Ich will, dass durch meine Kunst eine empathische Konversation aufgebaut wird“, sagt sie. Empathie würde im Alltag oft verloren gehen. Mit ihren intimen Malereien wolle sie die Menschen dazu bringen, sich einzufühlen. Die Betrachtenden können sich emotional auf sie einlassen und in direkter Reaktion dazu mit ihnen interagieren. In ihren Arbeiten will sie ihnen ehrlich gegenübertreten.

„Kunst hat dieses Potenzial, dass jeder etwas anderes in ihr sehen kann und immer andere Gefühle geweckt werden können“, sagt Sophie. Doch dazu müsse sie zuerst das Risiko eingehen, ihr Inneres zu zeigen und darauf vertrauen, dass die Betrachtenden ihrer Kunst mit Respekt begegnen und sich öffnen. „Das hat schon fast etwas Therapeutisches“, merkt sie an.

Das klappe allerdings nicht immer. „Meine Arbeiten werden von einigen als eine Art von feministischer Propaganda gesehen und dann darauf reduziert. Einfach nur, weil nackte Frauen zu sehen sind und ich ebenfalls eine Frau bin“, sagt sie. Ihre Malereien seien zwar feministisch, das sei aber nicht ihr Fokus. „Vielleicht nehmen manche es so wahr, aber diese Darstellungsweise ist für mich ganz normal“, sagt Sophie.