Die Musik des Münchner Alternative-Rock-Quartetts Uschi reißt erst einmal ziemlich mit. Und sie ist dabei einen guten Tick rauer und unzugänglicher als man es in der aktuellen Popwelt vorgelebt kommt. „Unser Konzept ist: Einfach drauf los!“, erklären sie. Thematisch sind die „Uschis“ gesellschaftspolitisch. Im Oktober treten sie in München im Sunny Red und in der Glockenbachwerkstatt auf.
Diese ganzen Epochen-Revivals, mit denen sich die Popmusik derzeit in immer kürzerer Frequenz zu revitalisieren versucht, sind furchtbar langweilig. Gerade befinden wir uns rein stilistisch an der Grenze der Achtziger- zu den Neunzigerjahren. Sprich: Leggins und Neonfarben werden langsam von ausgewaschenen Jeans und Lederjacken abgelöst. Rein modisch gesehen. Musikalisch müssten entsprechend auf unterkühlte und Bass-Beat-getriebene Synthie-Klänge wieder Gitarren und emotionaler Überschwang folgen. Doch die Zeit rast. Und deshalb scheint der Mainstream gerade fröhlich Alternative-Rock und Gitarrenwucht zu überspringen und sich 2018 gleich beim Ende der Neunzigerjahre, also an Plastik-Pop, Eurodance, Vocoder und Boygroup-Dance zu orientieren. Nicht nur sehen die allerfrischesten Hipster derzeit gerne so aus wie Nick Carter. Zudem sind Vocoder und Autotune die wohl beliebtesten Soundeffekte – von Cloud-Rap über Indie-Pop bis zu den ganz großen Popproduktionen. Das passt gut, weil man ja immer noch in (post)-ironischen Zeiten lebt und Gitarren und Alternative-Rock über viel zu viel Emotion und vermeintliche Authentizität funktionieren, um gegen diese vorherrschende ironisch gebrochene Coolness zu bestehen.
Außer der Münchner Band Uschi (Foto: Sophie Neudecker). Ja, der Name wirkt wie eine Verunglimpfung, ein wenig vielleicht das weibliche Pendant zu Horst. Doch die Musik hinter dem Quartett reißt erst einmal ziemlich mit. Allem voran der Song „Women in the 50s“. Ein hektisch flirrendes Schlagzeug trifft auf eine metallige Flanger-Gitarre und darauf immer wieder, aus der Ferne und verhallt: eine wunderbar melodiöse und weich gesungene Gesangslinie, melancholisch, mitnehmend, voll glänzender Schönheit. Hier ist nichts ironisch, eher ein bisschen schmerzhaft. Und auch in weiteren Songs, die die Band im vergangenen Jahr auf Soundcloud veröffentlicht hat, wie dem kühleren „Spacebär“, dem Dada-Brecher „Knäckerknacker“ oder der Chicks on Speed-Reminiszenz „Emanze“, liegen höchstens Witz und Humor, nie aber distanzierende Ironie.
Die vier Musiker, Sophie Neudecker am Schlagzeug, die Bassistin Charlotte Jones, sowie die beiden Gitarristen Philipp Akrivis und Vincent Mundinger, die alle auch singen, spielen diese Musik mit dem Impetus, wirklich etwas von der Musik zu wollen. Das ist natürlich erst einmal ein Risiko, denn man setzt sich der Kritik völlig anders aus, wenn man auf die Verkleidung des Uneigentlichen verzichtet und dann künstlerisch noch etwas macht, was eigentlich derzeit gerade überhaupt nicht im Trend liegt. Gleichzeitig kann die dadurch gewonnene Unmittelbarkeit den Hörer ungemein treffen. „Unser Konzept ist: Einfach drauf los!“, erklären sie. Darunter liege der Versuch, verschiedene Menschen zu „motivieren, sich auf die Bühne zu trauen, patriarchalische Strukturen zu zerschlagen“. Sie sehen sich als Antreiber und Veränderer. Und hier wird es dann spätestens auch gesellschaftspolitisch. Die Uschis, wie sie sich selbst nennen, benutzen etwa die Wortendung „x“, um den Worten das Geschlecht zu nehmen und zelebrieren auch musikalisch, nicht nur in der zufällig paritätisch aufgeteilten Geschlechtswelt ihrer Bandbesetzung, Gleichstellung und Verantwortung. Damit ist Uschi thematisch queer, aber ästhetisch ohne den schrillen Drag-Look, der derzeit im Pop sowieso gerne von allen möglichen, egal ob hetero oder nicht, modisch gerne benutzt wird. Bei Uschi ist die Oberfläche dagegen einen guten Tick rauer und unzugänglicher als man es in der aktuellen Popwelt vorgelebt kommt. Die Inhalte und das darunter aber sind weicher, zugänglicher und nahbarer. Im Oktober treten sie in München in der Glockenbachwerkstatt und im Sunny Red auf.
Rita Argauer
Uschi
Stil: Alternative-Rock
Besetzung: Sophie Neudecker (Schlagzeug, Gesang), Charlotte Jones (Bass, Gesang), Philipp Akrivis (Gitarre, Gesang), Vincent Mundinger (Gitarre, Gesang)
Aus: München
Seit: 2016
Internet: www.soundcloud.com/user-683670544