Politik statt Beauty

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Florian Seif, 23, ist mit seinem Youtubekanal
Alternatiflos” für den „Youlius Award“ nominiert.
Er möchte seinen Zuschauern eine andere politische Meinung nahebringen als die, die die breite Masse hat.

Ziemlich erfolgreich im Netz sind Youtuber, die Beauty- und Lifestyletipps geben, Bibi’s Beauty Palace oder Dagi Bee sind deshalb große Namen. Politische Kanäle sucht man vor allem im deutschsprachigen Bereich vergebens. Florian Seif, 23, möchte das ändern. Er studiert an der TU Politikwissenschaft und lädt auf seinem Kanal „Alternatiflos“ Videos zu politischen Themen hoch. Er ist für den „Youlius Award“ nominiert, der am 27. Januar in Essen verliehen wird.

SZ: Florian, Dein Youtube-Channel hat um die 300 Abonnenten. Hättest du gerne mehr?
Florian Seif: Klar will ich mehr Abonnenten. Nicht nur, um mehr Leute erreichen zu können, sondern auch, weil ich gerne im medialen Bereich arbeiten würde: Fernsehen, Webvideo, Film.  

Momentan schauen sich aber noch nicht so viele Menschen deine Videos mit politischen Themen an. Warum?
Die Menschen arbeiten, gehen in die Uni oder die Schule und abends haben die meisten wahrscheinlich keine Lust, sich noch mit Politik zu beschäftigen. Ich produziere ja keine kurzweiligen Videos, die man sich nebenbei angucken kann, weil sie lustig sind und unterhalten. Sondern dafür braucht es einen klaren Kopf. Es bringt ja nichts, wenn ich mir ein Video angucke und nicht aufnahmefähig bin.

Ist Politik nicht mehr gefragt?
So würde ich das nicht sagen. Man muss sich nur mal anschauen, wie viele Menschen eine Protestpartei wie die AfD wählen. Das sind alles Leute, die sind soweit politisch interessiert, dass sie sich über etwas empören können. Außerdem gibt es auch viel mehr Parteien als früher.

Was möchtest du deinen Zuschauern vermitteln?
Ich möchte nicht nachplappern, was alle sagen, sondern eine Seite beleuchten, die noch nicht so oft angesprochen wurde. Vielleicht auch mal ein paar nicht alltägliche Gedanken einbringen. Wichtig ist mir auch, dass eine Meinung rüberkommt. Ich möchte eine Balance finden zwischen Meinungsvideo und objektivem Infovideo. Subjektiv-neutral, wenn das denn geht.

Wie ist das Feedback, das du bekommst?
Ich würde sagen, zu 90 Prozent gut, weil ich nicht versuche, meine Meinung als die perfekte zu verkaufen, sondern auch zu zeigen, dass auch meine Sicht negative Seiten haben kann. Auch wenn mir natürlich noch nicht so viele Leute folgen, sind die Rückmeldungen doch meistens positiv. Sie sagen zwar, dass sie anderer Ansicht sind, weil ich in meiner Community auch ein paar Rechte habe, aber selbst die sind eigentlich harmlos, wenn man normal mit denen umgeht.

Gibt es da keine krassen Kommentare?
Manche Menschen schreiben schon auch „Armes Deutschland“, „Deutschland schafft sich ab“, „Wir sind ja alle nur Marionetten im System“.

Lässt du solche Kommentare stehen?
Sobald jemand beleidigt wird, haue ich sie raus, auch wenn das die Meinungsfreiheit einschränkt, aber ich finde beleidigend darf es nicht werden.

Und wie reagierst du auf andere, eher konservative Kommentare?
Wenn da eine Kritik kommt, dass man eine falsche Meinung vertritt, dann kommentiert man einfach normal, ich versuche immer, freundlich zu bleiben. Auch wenn es nicht meine Meinung ist, sagen sie halt, was ihre Meinung ist. Solange man zumindest versucht, den anderen zu verstehen, ist das genau der richtige Weg. Das freut mich eigentlich mehr, wenn Leute meine Videos gucken, die eine ganz andere Meinung haben, und sagen, ich bin zwar anderer Meinung, aber ich verstehe, was du meinst.

Das heißt, dir ist nicht wichtig, die Leute zu überzeugen, sondern ihnen eine andere Perspektive zu zeigen, über die sie dann hoffentlich nachdenken?
Genau, dass sie darüber nachdenken. Also wenn ich sie überzeugen kann, ist das natürlich auch toll, aber ich bin auch nicht allwissend.

Was ist deine Meinung zur aktuellen politischen Lage?
Ich sehe das ganz positiv. Ich finde es gut, dass wir ein größeres Parteienspektrum haben, auch wenn mich der populistische Ansatz der AfD stört.

Und die Regierungsbildung?
Ist halt kompliziert für die Politiker. Niemand weiß im Moment, wie sie damit umgehen sollen, dass in der Wahl keine große Mehrheit mehr zustande gekommen ist. Eine Minderheitsregierung will keiner, Neuwahlen wollen sie aber auch nicht. Jetzt versuchen sie irgendwie mit Gewalt, eine Koalition zusammenzuzimmern. Meiner Meinung nach wird eine Große Koalition nicht gut gehen.

Was, glaubst du, würde helfen?
Ich glaube, eine Minderheitsregierung wäre gut. Obwohl alle sagen, das würde Stillstand bedeuten und stabile Mehrheiten verhindern. Ich denke, das ist doch genau das, was Demokratie ausmacht: dass man nicht immer eine Mehrheit hat, sondern sich für jedes Thema neue Partner suchen muss. Es geht darum, die Leute zu überzeugen. Dann dauert es zwar länger, bis man etwas durchbekommt, aber es gibt eine Debatte und das Gesetz ist viel passender für das, was die Leute wollen.

Du bist für den Youlius Award nominiert. Was bedeutet dieser Preis für dich?
Der Preis geht an Youtuber, die Content produzieren, der nicht unbedingt massentauglich ist. Es gibt viele kleine Kanäle, und deren Macher geben sich viel Mühe und versuchen etwas. Ich auch, ich stecke da jede Woche sehr viel Arbeit rein. Deswegen hoffe ich, durch diesen Preis mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.

Interview: Lena Schnelle

Foto: privat

Neuland: halloDeutsch-App

Mit der App halloDeutsch haben drei Studenten der TU München zusammen mit ihrem Professor ein kinderleichtes Programm zum Deutschlernen erfunden.

„Wie ein Kind Deutsch lernen“ – mit der App halloDeutsch haben Johannes Ismair, 22, Robin Jespersen, 26, und Yaroslav Dushko, 25 für ihre Bachelorarbeiten eine App entwickelt, mit der die Nutzer – nach eigener Angabe – in nur acht Minuten pro Tag spielerisch Deutsch lernen können. „Wir möchten jedem die Möglichkeit geben, sich in Deutschland bestmöglich zu integrieren“, geben sie als Motivation für das Projekt an. Sie haben die App so programmiert, dass sie sich für den Benutzer je nach Lieblingsthemenfeld alltägliche Sätze ausdenkt, die dieser dann gezielt lernen kann. Es werden außerdem zahlreiche Spiele angeboten, um die gelernten Inhalte festigen zu können. Stupides Auswendiglernen soll mit halloDeutsch komplett vermieden werden können, sagen sie. Die App hat Erfolg und bekommt sehr gute Bewertungen. 

Text: Serafina Ferizaj

Foto: halloDeutsch

Mein München – Audimax TU München

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Müdigkeit, Aufmerksamkeit – und Durst! Jean-Marc Turmes, 24, möchte die Realität durch seine Fotos neu interpretieren. In diesem Falle das Audimax der TU. Hier trifft die Gleichmäßigkeit der horizonalen Linien, auf die ungleichmäßigen Sitzpositionen der Studenten.

„Mich reizt der Aspekt einer Fotoreportage, aber immer mit künstlerischem Anspruch“, sagt Fotograf Jean-Marc Turmes. Deshalb sind seine Fotos nie eine Abbildung der Realität, sondern seine Interpretation davon. „Ich will reale Momente festhalten, die durch mein Foto noch etwas hinzugewinnen – eine Art magische Aura.“

Genau das ist dem 24-Jährigen im Audimax der TU München gelungen. Bei einer Studentenveranstaltung wollte Jean-Marc eine allgemeine Perspektive haben, um die Geschichte der Diskussion besser erzählen zu können. Von oben auf dem Balkon schoss er das Foto mit einem Teleobjektiv.
„Mir gefiel gleich die Gleichmäßigkeit der horizontalen Linien in Kombination mit der Ungleichmäßigkeit der Menschen und Wasserbecher“, beschreibt es der gebürtige Luxemburger. Trotz der Vogelperspektive zeigt das Foto die Gefühlslage der Menschen. An Haltung und Sitzposition erkennt man Müdigkeit, Aufmerksamkeit – und Durst.

Jean-Marc hat sich der Porträtfotografie verschrieben. So kam er vor vielen Jahren überhaupt erst zum Fotografieren: „Als ich ungefähr acht Jahre alt war, hatte ich eine kleine, pinke Kamera – natürlich analog und ohne Zoom. Auf Schulausflügen, wenn andere die Umwelt fotografierten, schoss ich Fotos von den Menschen.“ So begann Jean-Marc, die Realität durch Fotos neu zu interpretieren. Im Idealfall, so hofft er, ist diese Interpretation dann künstlerisch.

Von Matthias Kirsch

Spiele ohne Grenzen

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Ein Ort, verschiedene Teams, wenig Zeit, aber dafür ein nahezu unbegrenzter Raum an Möglichkeiten – Lena Fischer, 25, lädt zu Münchens größter studentischer Game-Jam. Die Aufmerksamkeit für ihr Idee jedoch reicht weit über die Stadtgrenzen hinaus

München – Lena Fischer, 25, liest gerne, geht gerne ins Theater oder in die Oper. Ihr Lieblingsstück ist William Shakespeares „Richard III.“, sie mag auch die Oper „Orpheus in der Unterwelt“ des deutsch-französischen Komponisten Jacques Offenbach. Das ist die eine Seite. Die andere: Lena zockt. „Outlast“ zum Beispiel, ein kanadisches Horrorspiel, das in einer psychiatrischen Klinik spielt. Oder „Her Story“, ein innovatives Independent-Spiel, in dem der Spieler selbst anhand von fiktiven Polizei-Verhören Gewaltverbrechen lösen muss. Lena ist eine der wenigen Studentinnen des Studiengangs Games-Engineering an der TU München. Nun organisiert sie die größte rein studentische Game-Jam Münchens.

Doch was ist eine Game-Jam überhaupt? Bei dieser Veranstaltung sollen Nachwuchsspieleentwickler aus verschiedensten Fachbereichen zusammengebracht werden, um innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens gemeinsam Spiele zu entwickeln. Das Spannende an dem Konzept: „Du weißt erst vor Ort, was für ein Spiel du eigentlich entwickeln wirst und mit wem zusammen. Die Teams bilden sich erst bei der Jam“, erklärt Lena.

Die Münchnerin hat einen unüblichen Studienweg hinter sich, denn zunächst studierte sie Theater und Medien und Germanistik in Bayreuth. Nach dem Bachelor wechselte sie nach München, um hier mit einem Bachelor in Games-Engineering zu beginnen. Schuld hat ihr Professor. Der habe ihr
gezeigt, dass Spiele nicht nur als Rezipient, sondern auch als Produzent von wissenschaftlichem Interesse sein können. Lena hofft durch diese unterschiedlichen Studien einen differenzierten Blick auf das Medium Spiel zu bekommen – und später auch vermitteln zu können: „Man muss wegkommen von dem Gedanken, dass Spiele nur Spaß machen müssen, darüber hinaus aber nichts. Ich glaube, wir leben in einer Zeit, in der Spiele erwachsen geworden sind.“

Im Studiengang Games-Engineering ist Lena noch aus einem anderen Grund ein seltenes Phänomen: Größtenteils studieren hier Männer. Lena ist häufig die einzige Studentin in einer Übung. Frauen und die Gaming-Industrie ist ein brisantes Thema, seit im August 2014 die sogenannte Gamergate-Kontroverse begann. Eine Online-Hetzjagd auf eine Spieleentwicklerin erreichte ungeahnte Ausmaße. Das perfide daran war, dass die Hetzer anonym, gut organisiert und extrem frauenfeindlich auftraten, um den Status von Frauen in der Spieleindustrie zu unterminieren.
Herablassend behandelt wurde Lena an der Uni noch nie, aber: „Es ist doch sehr irritierend, wenn die eigene Geschlechtlichkeit hervorgehoben wird, weil es eben noch etwas Besonderes ist, dass Frauen in der Informatik tätig sind. Das ändert sich hoffentlich langsam.“
Auch deshalb engagiert sich Lena bei der Game-Jam, um Leute kennenzulernen und vielleicht auch gegenseitige Hemmschwellen abzubauen. Bisher waren solche Veranstaltungen meist auf eine Uni und einen Studiengang beschränkt, ein interdisziplinärer Austausch fand faktisch nicht statt. Das soll sich nun ändern: Neben Games-Engineering-Studenten sind auch Künstler, Game-Designer und sogar Musikstudenten eingeladen: „Zu einem Spiel gehören ja viele verschiedene Elemente, deshalb hoffe ich, dass wir auch Leute aus verschiedenen Fachbereichen und Universitäten ansprechen können“, sagt Lena.

Der Kreativität der Entwickler werden bei der Veranstaltung dann auch kaum Grenzen gesetzt. Nur ein grobes Motto wird vorgegeben, wie die einzelnen Teams es auslegen, ist ihre Sache. Bei der Jam im Sommer war das Thema eine quergelegte Acht. Und die Teams setzten das sehr unterschiedlich um: Während ein Team die Acht einfach als Layout der Strecke ihres Rennspiels benutzten, interpretierte sie ein anderes als das Zeichen für „unendlich“ und entwickelten ein Strategiespiel mit unendlich vielen, zufallsgenerierten Kartenvarianten. Und ein drittes entwarf einen Multiplayer-Shooter mit Schneemännern. Am Strand. Mit acht Beinen.
Das Motto für die diesjährige Veranstaltung erfahren die Teilnehmer erst dort, die Jam soll aber viel größer werden als die jüngsten Ausgaben – auf bis zu 60 Teilnehmer hoffen die Organisatoren. Dabei dürfen die Studenten Räumlichkeiten der TU nutzen, die sie in organisatorischen Fragen berät. Auch in der Jury, die über die Preise für die einzelnen Spiele entscheiden soll, werden unter anderem Mitarbeiter der Universität sitzen. Dabei wird nicht das „beste“ Spiel gewählt, sondern die Preisvergabe soll gemäß anderen Kategorien, wie etwa Kreativität im Spieldesign oder der grafischen Gestaltung verlaufen. „Wie soll man bei so unterschiedlichen Ideen denn sagen, was das beste Spiel ist?“, fragt Lena und lacht.

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Nicht zuletzt die Spieleindustrie selbst fördert die
Veranstaltung, etwa durch Spielepakete, die die Gewinnerteams erhalten. Unter den Sponsoren finden sich so
illustre Namen wie der französische Spielepublisher Ubisoft, der sich unter anderem für die sehr
erfolgreichen Spiele „Assassin’s Creed“ oder „Far Cry“ verantwortlich zeigt. Karsten Lehmann vom
Ubisoft-Studio Blue Byte freut sich über den ersten rein studentischen Game Jam in München: „In einem
Spieleentwicklungsteam kommen Spezialisten unterschiedlichster Fachbereiche zusammen.
Selbstverständlich wollen wir nah an den Talenten von morgen sein. Bei einem Game-Jam entstehen bloße
Spielideen oder sogar ganze Games in kürzester Zeit. Diese Initiative der Studierenden
unterstützen wir gern“. Und auch der amerikanische Softwareriese Microsoft unterstützt das
Projekt: „Die GameJam von Lena Fischer und ihrem Team bringt Studierende aus unterschiedlichen
Fachbereichen zusammen und ermöglicht es gemeinsam im Team eine Spielidee zu entwickeln und diese
Realität werden zu lassen – eine tolle Initiative, die wir gerne unterstützen möchten.“

Und Lena selbst? Was will sie mit ihren verschiedenen Blickwinkeln auf das Medium Spiel später machen? Auch hier muss die junge Studentin lachen: „Ich sehe das realistisch: Ich programmiere nicht seit 15 Jahren, ich kann zwar gut damit umgehen, aber es gibt bestimmt Bessere als mich.“ Deshalb sieht sie sich am ehesten in der Forschung, an der Schnittstelle zwischen den Geisteswissenschaften und Spielen. Dieser Bereich ist bis auf wenige Ausnahmen stark unterrepräsentiert an den Universitäten.

Von Philipp Kreiter
Foto: Florian Peljak