Spiele ohne Grenzen

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Ein Ort, verschiedene Teams, wenig Zeit, aber dafür ein nahezu unbegrenzter Raum an Möglichkeiten – Lena Fischer, 25, lädt zu Münchens größter studentischer Game-Jam. Die Aufmerksamkeit für ihr Idee jedoch reicht weit über die Stadtgrenzen hinaus

München – Lena Fischer, 25, liest gerne, geht gerne ins Theater oder in die Oper. Ihr Lieblingsstück ist William Shakespeares „Richard III.“, sie mag auch die Oper „Orpheus in der Unterwelt“ des deutsch-französischen Komponisten Jacques Offenbach. Das ist die eine Seite. Die andere: Lena zockt. „Outlast“ zum Beispiel, ein kanadisches Horrorspiel, das in einer psychiatrischen Klinik spielt. Oder „Her Story“, ein innovatives Independent-Spiel, in dem der Spieler selbst anhand von fiktiven Polizei-Verhören Gewaltverbrechen lösen muss. Lena ist eine der wenigen Studentinnen des Studiengangs Games-Engineering an der TU München. Nun organisiert sie die größte rein studentische Game-Jam Münchens.

Doch was ist eine Game-Jam überhaupt? Bei dieser Veranstaltung sollen Nachwuchsspieleentwickler aus verschiedensten Fachbereichen zusammengebracht werden, um innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens gemeinsam Spiele zu entwickeln. Das Spannende an dem Konzept: „Du weißt erst vor Ort, was für ein Spiel du eigentlich entwickeln wirst und mit wem zusammen. Die Teams bilden sich erst bei der Jam“, erklärt Lena.

Die Münchnerin hat einen unüblichen Studienweg hinter sich, denn zunächst studierte sie Theater und Medien und Germanistik in Bayreuth. Nach dem Bachelor wechselte sie nach München, um hier mit einem Bachelor in Games-Engineering zu beginnen. Schuld hat ihr Professor. Der habe ihr
gezeigt, dass Spiele nicht nur als Rezipient, sondern auch als Produzent von wissenschaftlichem Interesse sein können. Lena hofft durch diese unterschiedlichen Studien einen differenzierten Blick auf das Medium Spiel zu bekommen – und später auch vermitteln zu können: „Man muss wegkommen von dem Gedanken, dass Spiele nur Spaß machen müssen, darüber hinaus aber nichts. Ich glaube, wir leben in einer Zeit, in der Spiele erwachsen geworden sind.“

Im Studiengang Games-Engineering ist Lena noch aus einem anderen Grund ein seltenes Phänomen: Größtenteils studieren hier Männer. Lena ist häufig die einzige Studentin in einer Übung. Frauen und die Gaming-Industrie ist ein brisantes Thema, seit im August 2014 die sogenannte Gamergate-Kontroverse begann. Eine Online-Hetzjagd auf eine Spieleentwicklerin erreichte ungeahnte Ausmaße. Das perfide daran war, dass die Hetzer anonym, gut organisiert und extrem frauenfeindlich auftraten, um den Status von Frauen in der Spieleindustrie zu unterminieren.
Herablassend behandelt wurde Lena an der Uni noch nie, aber: „Es ist doch sehr irritierend, wenn die eigene Geschlechtlichkeit hervorgehoben wird, weil es eben noch etwas Besonderes ist, dass Frauen in der Informatik tätig sind. Das ändert sich hoffentlich langsam.“
Auch deshalb engagiert sich Lena bei der Game-Jam, um Leute kennenzulernen und vielleicht auch gegenseitige Hemmschwellen abzubauen. Bisher waren solche Veranstaltungen meist auf eine Uni und einen Studiengang beschränkt, ein interdisziplinärer Austausch fand faktisch nicht statt. Das soll sich nun ändern: Neben Games-Engineering-Studenten sind auch Künstler, Game-Designer und sogar Musikstudenten eingeladen: „Zu einem Spiel gehören ja viele verschiedene Elemente, deshalb hoffe ich, dass wir auch Leute aus verschiedenen Fachbereichen und Universitäten ansprechen können“, sagt Lena.

Der Kreativität der Entwickler werden bei der Veranstaltung dann auch kaum Grenzen gesetzt. Nur ein grobes Motto wird vorgegeben, wie die einzelnen Teams es auslegen, ist ihre Sache. Bei der Jam im Sommer war das Thema eine quergelegte Acht. Und die Teams setzten das sehr unterschiedlich um: Während ein Team die Acht einfach als Layout der Strecke ihres Rennspiels benutzten, interpretierte sie ein anderes als das Zeichen für „unendlich“ und entwickelten ein Strategiespiel mit unendlich vielen, zufallsgenerierten Kartenvarianten. Und ein drittes entwarf einen Multiplayer-Shooter mit Schneemännern. Am Strand. Mit acht Beinen.
Das Motto für die diesjährige Veranstaltung erfahren die Teilnehmer erst dort, die Jam soll aber viel größer werden als die jüngsten Ausgaben – auf bis zu 60 Teilnehmer hoffen die Organisatoren. Dabei dürfen die Studenten Räumlichkeiten der TU nutzen, die sie in organisatorischen Fragen berät. Auch in der Jury, die über die Preise für die einzelnen Spiele entscheiden soll, werden unter anderem Mitarbeiter der Universität sitzen. Dabei wird nicht das „beste“ Spiel gewählt, sondern die Preisvergabe soll gemäß anderen Kategorien, wie etwa Kreativität im Spieldesign oder der grafischen Gestaltung verlaufen. „Wie soll man bei so unterschiedlichen Ideen denn sagen, was das beste Spiel ist?“, fragt Lena und lacht.

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Nicht zuletzt die Spieleindustrie selbst fördert die
Veranstaltung, etwa durch Spielepakete, die die Gewinnerteams erhalten. Unter den Sponsoren finden sich so
illustre Namen wie der französische Spielepublisher Ubisoft, der sich unter anderem für die sehr
erfolgreichen Spiele „Assassin’s Creed“ oder „Far Cry“ verantwortlich zeigt. Karsten Lehmann vom
Ubisoft-Studio Blue Byte freut sich über den ersten rein studentischen Game Jam in München: „In einem
Spieleentwicklungsteam kommen Spezialisten unterschiedlichster Fachbereiche zusammen.
Selbstverständlich wollen wir nah an den Talenten von morgen sein. Bei einem Game-Jam entstehen bloße
Spielideen oder sogar ganze Games in kürzester Zeit. Diese Initiative der Studierenden
unterstützen wir gern“. Und auch der amerikanische Softwareriese Microsoft unterstützt das
Projekt: „Die GameJam von Lena Fischer und ihrem Team bringt Studierende aus unterschiedlichen
Fachbereichen zusammen und ermöglicht es gemeinsam im Team eine Spielidee zu entwickeln und diese
Realität werden zu lassen – eine tolle Initiative, die wir gerne unterstützen möchten.“

Und Lena selbst? Was will sie mit ihren verschiedenen Blickwinkeln auf das Medium Spiel später machen? Auch hier muss die junge Studentin lachen: „Ich sehe das realistisch: Ich programmiere nicht seit 15 Jahren, ich kann zwar gut damit umgehen, aber es gibt bestimmt Bessere als mich.“ Deshalb sieht sie sich am ehesten in der Forschung, an der Schnittstelle zwischen den Geisteswissenschaften und Spielen. Dieser Bereich ist bis auf wenige Ausnahmen stark unterrepräsentiert an den Universitäten.

Von Philipp Kreiter
Foto: Florian Peljak

Von Freitag bis Freitag München – mit Friederike

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Friederike trotzt dem November, der sich langsam doch dazu entschieden hat, sein goldenes Herbstlicht in nebliges Grau zu verwandeln. Eine dickere Jacke anzuziehen, daran muss sie sich aber erst gewöhnen. Aber bei einer Woche prall gefüllt mit Flohmarkt, Weihnachtsbasar, Lesung, Kunst und Party kann man schon mal vergessen, dass ein dünnes T-shirt nicht mehr ausreicht.

Eigentlich hatte ich mich gerade ziemlich gut mit der Tatsache arrangiert, dass der November ein Sabbatical einlegen wollte. Jeden Tag diese wunderschönen 7-Uhr-Sonnenaufgänge und ständig sommerliche Temperaturen. Ich möchte weiter Bärlauch essen und Pilze sammeln. Und im T-Shirt aus dem Club nach Hause gehen. Doch nun hisst der Sommer schließlich doch sehr bestimmt die Segel und macht den nassgrauen Novembertagen Platz. Um da heile rauszukommen, plane ich mir eine schöne Woche und trotze damit dem Grau.

Ich fange gleich heute damit an. Es ist Freitag und im Audimax der TU findet die alljährliche, immer gut besuchte Geographenparty statt. Die Preise sind niedrig und die Party wild. DJ XX legt sehr tanzbaren Sound auf und ich packe mir eine Winterjacke für den Rückweg ein.

Am Samstag merke ich, dass meine Jacke zu dünn war. Ein verkaterter Tag eignet sich wunderbar zum Stöbern und Schlendern. Der Gute Nacht Flohmarkt im Backstage findet ab 17:00 Uhr statt und bietet neben privaten Ständen Streetfood-Produkte an, die meinen Heißhunger auf Fettiges und Würziges mit Sicherheit stillen werden.
Gestärkt radle ich dann ins Lost Weekend. Ein hippes Studentencafé in der Schellingsstraße. Das lädt unter dem Titel FLUCHT zu einer arabisch-deutschen Lesenacht ein. Es gibt Musik und Texte aus beiden Welten von Wajiha Said, Ramo Ali und Nora Schüssler und Das Ding ausm Sumpf.
Aber das ist noch nicht alles an diesem Samstag: Bevor ich – mit neuer Jacke – wohlig warm nach Hause fahre, mache ich noch einen Abstecher auf den Giesinger Berg und feiere das 10-jährige Jubiläum von Giesinger Bräu.
Und dann wäre da noch die Eröffnung vom Bahnwärter auf dem Abrissgelände des Schlachthofs. Musik liefert DJ Max Mausser von YumYum und Biedermann&Brandstifter. Alles ist ein bisschen provisorisch. Das ist Aktivismus pur und viel frische Luft. Wenn mir jetzt nicht klar wird, dass ein T-Shirt allein zu dünn ist, weiß ich es auch nicht mehr.

Sonntag empfehle ich möglichst viele Sonnenstrahlen einzufangen, Ordnung auf dem Schreibtisch zu machen, in meinem Fall Arabisch Hausaufgaben anzufangen und abends den Tatort zu schauen. Wie immer! Wie immer, schön gediegen. Gute Begleitung für den Sonntag bietet übrigens Ella Josaline, eine der derzeit größten Münchner Musikhoffnungen.

Am Montag schaue ich im Lyrikkabinett vorbei. Dort werden Fluchtgeschichten vorgelesen, die zuvor gemeinsam mit Münchner Autorinnen und Autoren und Geflüchteten aufgezeichnet wurden. Im Anschluss haben wir die Möglichkeit mit den hier Angekommenen ins Gespräch zu kommen.

Umstimmung statt Stillstand: Ich lasse ein bisschen Weihnachten in meine Seele. Das Wintertollwood auf der Theresienwiese öffnet am Dienstag wieder seine Tore. Diesjähriges Motto ist „Na sauber“, alles rund um den Müll. Find ich gut. Da gibt’s doch sicher ein paar recycelte Handschuhe für mich, langsam wird’s beim Radeln nämlich ungemütlich. Danach treffe ich die Organisatoren von BreakOut, einer Veranstaltung, bei der für den guten Zweck getrampt und mit jedem Kilometer Geld gespendet wird. Ich war diesen Sommer selbst begeisterte Teilnehmerin und habe mit meiner Freundin Stefi auf dem Weg nach Schweden beinahe 10.000 Euro gesammelt. Im Juni 2016 ist die nächste Chance zur Teilnahme!

Am Mittwoch wird ab ab 20 Uhr im Rationaltheater Stadt, Land, Fluss gespielt. Als Geographin muss ich das natürlich selbst ausprobieren!

Mein Donnerstag beginnt auf einer Ausstellung in den stillgelegten Waschräumen auf dem ehemaligen Gelände der Luitpoldkaserne. Hier zeigen 16 junge Künstlerinnen und Künstler unter dem Titel M O O S ihre Werke, kuratiert von der wals.gallery. Weiter geht es im Cord: Ein letztes Mal Indielektro, ein letztes Mal mit T-Shirt vor der Tür! TIGERKID und Monaco Fiasco werden nochmal ordentlich einheizen, meine neue Jacke ist wohl trotzdem nicht verkehrt.

Am Freitag bin ich schon fast in November – und Weihnachtsstimmung. Der Märchenbazar im Schlachthof wird mir letzte Zweifel nehmen. Mit alten Jahrmarktbauten und viel Glühwein. Er öffnet unter der Woche immer um 16 Uhr, am Wochenende schon morgens. Da gibt es dann auch Weißwurstfrühstück!

Umstimmung ist gut, Novemberblues mit akuter Lesen-im-Bett-Sucht muss nicht mehr sein. Deshalb werde ich mich am Freitagabend erneut unter Leute mischen, auf einer Geburtstagparty, mit Glühwein und neuer Mütze, aber im T-Shirt auf dem Balkon stehen und durch graue Schleierwolken nach den Sternen suchen – ach, du hässlicher November, ein Sabbatjahr hätte dir so gut zu Gesicht gestanden. Ich hatte mich fast in deine Sonnenaufgänge verliebt.  

Von Freitag bis Freitag München: Unterwegs mit Maxime

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Maxime hat es geschafft. Keine Klausuren mehr, nur noch Semesterferien und – das bedeutet für ihn allerdings keineswegs einen Verzicht auf intellektuelle kulturelle Betätigung: nicht nur eine Reihe interessanter Auslese-Filme zum Beispiel in der Villa Flora oder auf dem Königsplatz, sondern auch zwei Kunstausstellungen stehen auf dem Plan: die 

Jahresausstellung der Akademie der bildenden Künste und alle vier großen Radierzyklen von Francisco José de Goya y Lucientes.

Diese Woche beginnen
meine sehnsüchtig erwarteten Semesterferien.
Nachdem mich in letzter Zeit die Vorbereitungen für
meine Klausur in Kunstgeschichte sehr vereinnahmt haben, dürfte
man dementsprechend meinen, dass ich jetzt erst einmal auf eine intensive
Auseinandersetzung mit allem, was auch nur im Entferntesten mit Kunst zu tun
hat, verzichten möchte – doch dem ist
nicht so. Ganz im Gegenteil: Diese Woche stehen eine Reihe empfehlenswerter
Ausstellungen in München, für
mich auf dem Plan, die sich gleichermaßen
den alten Meistern als auch Neuankömmlingen
widmen. Daneben kommen aber auch die siebente Kunst – das Kino – in Form von
diversen Filmvorführungen nicht zu
kurz, und sogar ein Konzert hat letztendlich noch Platz in meinem
Terminkalender gefunden.

Nachdem am Freitag
meine Pläne, lange auszuschlafen,
wahrscheinlich wieder durch meine noch anstehende Ferienlektüre,
die ich unbedingt bewältigen will,
zunichte gemacht werden, trudeln abends gleich einmal zwei Freunde aus
Luxemburg bei mir ein. Die schleppe ich dann auch, kaum dass sie aus dem
Flugzeug bzw. Bus gestiegen sind, auf das Benefizkonzert „München hilft Nepal"
in der Muffathalle mit, bei dem Jesper Munk und The Whiskey Foundation
auftreten. Der Ticketerlös fließt
hierbei in dringend benötigte humanitäre
Hilfsprojekte in Nepal, das vor einigen Monaten von Erdbeben heimgesucht wurde
und nach wie vor mit den Folgen zu kämpfen
hat.

Da meine beiden
Freunde nicht allzu oft in München sind, veranstalte
ich am Samstag abends eine Hausparty. Danach flüchten
wir vor dem Zorn meiner erbosten Nachbarn im Studentenwohnheim, deren Wände
wir mit berstend lautem Vaporwave zum Einsturz gebracht haben, zu Ben & Jerry’s Movie Nights in
die Villa Flora. Dort führen wir uns die
herrlich skurrile, grandios geschauspielerte und mit fantasievollem Setdesign
versehene Komödie „Grand
Budapest Hotel“ von Wes Anderson –
einen meiner absoluten Lieblingsfilme – zu Gemüte,
während
wir leckeres Eis vom Sponsor schlemmen.

Auch der Sonntag
steht ganz im Zeichen des Kinos. Nachdem wir erst einmal meine Wohnung
wieder aufgeräumt und das Schmerzensgeld an die
Nachbarn ausgehändigt haben,
verschlägt
es uns auf die HFF Jahresschau,
bei der die Studenten der Filmhochschule ihre neuesten Streifen im Innenhof
vorführen
und ich die Institution nach meiner bitter fehlgeschlagenen Bewerbung vor ein
paar Jahren doch noch mal von innen sehen darf.

Am Montag steht
dann neben Sightseeing in München mit meinen
Besuchern noch ein weiteres Open-Air-Kino an – und zwar schauen wir uns die
zehnteilige bayrische Kultserie Monaco Franze . auf dem Münchner
Königsplatz
an. Daran war unter anderem Patrick Süskind,
der Autor von „Das Parfüm“,
beteiligt.

Nach all diesen
Filmen widmen wir uns am Dienstag endlich auch den bereits in der
Einleitung angekündigten bildenden Künsten.
Uns zieht es zur Jahresausstellung der
Akademie der bildenden Künste
, in der Werke
Studierender aller Richtungen – Medienkunst, Innenarchitektur, Fotografie,
Malerei, Bildhauerei und viele mehr – ausgestellt werden. Für
Abwechslung ist also definitiv gesorgt.

Mittwochs führe
ich mir mit meinen Freunden zuerst einmal die spektakulären
Wellenreitkünste der Münchner
Surfer am Eisbach, zu Gemüte, ehe wir uns
dann abends, passend dazu, die Surferdoku SPLINTERS im
Viehhofkino anschauen. In dem Film geht es um einen indigenen Stamm in Papua
Neuginea, der das Surfen für sich entdeckt hat
und alljährlich
einen Wettbewerb veranstaltet, bei der als erster Preis eine Reise nach
Australien winkt. Ob wir uns danach auch selbst aufs Surfbrett wagen, steht
aber nach wie vor zur Debatte.

Am Donnerstag besuchen
wir dann das Münchner Künstlerhaus,
in dem momentan alle vier großen
Radierzyklen von Francisco José de Goya y Lucientes

– die „Los
Caprichos“, „Desastres
de la Guerra“, „Tauromaquía“
und
„Disparates“

ausgestellt werden. Diese liefern einen besonders packenden Einblick in Goyas
monumentales Werk, das nicht nur die moderne Kunst mitbegründet
hat, sondern auch die kollektive Erfahrung der menschlichen Existenz in
eindrucksvolle, schockierende und mitreißende
Bilder zu verpacken vermag.

Die aufregende
Woche, voller spannender Filme und Gerichtsprozesse wegen Hausfriedensbruchs
aufgrund meiner Hausparty, nähert sich schließlich
ihrem Ende – freitags lassen wir dementsprechend die zurückliegende
Zeit dann noch mit einem Besuch auf dem Architektur Sommerfest 2015
an
der TU München
ausklingen.

Maxime Weber

Prima Klima in Lima?

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8000 Kilogramm CO₂-Ausstoß und das im Dienste des Umweltschutzes? Johannes Mitterer besucht die UN-Klimakonferenz in Lima. Und organisiert von dort aus sogar eine Live-Schaltung in die TU.

München / Lima – Von zu Hause aus die Welt retten? Daran glaubt Johannes Mitterer, 26, nicht. Er reist deshalb nach Lima zur 20. UN-Klimakonferenz und organisiert eine Live-Schaltung nach München, um den in der Ferne stattfindenden Klimagipfel möglichst vielen Menschen in der Heimat nahe zu bringen.

10 899 Kilometer trennen München von Lima. Der Flug dauert etwa 15 Stunden. Und der CO₂-Ausstoß, den Johannes auf dem Hin- und Rückflug verursacht, liegt bei 8000 Kilogramm. Zum Vergleich: Die jährliche CO₂-Emission eines Kühlschranks beträgt 100 Kilogramm, das klimaverträgliche Jahresbudget an CO₂-Emission pro Person liegt bei etwa 2300 Kilogramm. Für den ökologischen Fußabdruck ist es ein Desaster, für den Klimaschutz eine rote Zahl. Trotzdem fliegen Tausende Menschen jedes Jahr zur UN-Klimakonferenz, die 2014 vom 1. bis zum 12. Dezember in Lima, der Hauptstadt von Peru, veranstaltet wird.

Vor einem Jahr noch Gast der Jugendklimakonferenz in Warschau, ist Johannes dieser Tage als akkreditierter Beobachter bei der Klimakonferenz. Sein Geografiestudium hatte ihn für den Klimaschutz sensibilisiert. Doch erst als eine Freundin, die Johannes 2008 in Australien kennengelernt hatte, ihn zur UN-Klimakonferenz 2013 nach Warschau einlud, ergriff der Masterstudent für Umweltingenieurswesen an der TU München die Möglichkeit, sich aktiv daran zu beteiligen. Kurz darauf entdeckt er für sich das Jugendbündnis Zukunft, einem losen, deutschlandweit agierenden Bündnis aus verschiedenen Jugendgruppen von Naturschutzbewegungen und der Katholischen Landjugendbewegung Bayern. Er besucht die Zwischenkonferenz in Bonn im Sommer diesen Jahres und bewirbt sich für einen der Beobachterplätze, die die UN für die Hauptkonferenz in Lima vergibt.

Im Auftrag des Klimaschutzes 8000 Kilogramm CO₂ produzieren? Ob das nicht total bescheuert sei? Definitiv nicht, findet Johannes. Die Welt ein Stückchen besser machen, indem man durch die halbe Welt reist? Definitiv, bestätigt der gebürtige Niederbayer und erklärt dann, dass er für die zurückgelegten Flüge Ausgleichszahlungen mache. 13 Bäume müsste er pflanzen, um seine 20-tägige Reise wieder auszugleichen. Optimal sei es natürlich nicht, aber würde er nicht hinfliegen, erführen viele zu Hause gar nicht, was dort passiere. Wie so eine Klimakonferenz abläuft, wie sie organisiert ist, welche Position er bezieht und welche Standpunkte die deutsche Delegation vertritt, verrät er in Blogs wie klimaretter.info – und per Skype-Liveschaltung an diesem Dienstag im Hörsaal 2750 der Technischen Universität München. „Das bringt meiner Meinung nach mehr, als in München zu bleiben und auf eine Demo zu gehen.“

Um 19.30 Uhr Münchner Zeit wird Johannes mit Nicole Wilke, Leiterin der deutschen Delegation, in einem Raum des Verteidigungsministeriums in Lima vor dem Computer sitzen, ein Headset anlegen und per Skype eine Verbindung nach München herstellen. Die Gäste im Hörsaal dürfen Fragen stellen. Ob das für alle Staaten verbindliche Klimaschutzabkommen 2015 wirklich komme, wie sich Deutschland dafür einzusetzen versuche, oder wie sich die USA in der Diskussion verhalte und welche Position China besetze. Es sind aber auch ganz einfache Fragen, wie: „Was machen Sie eigentlich für mich jetzt in Lima?“, die sich Johannes für Dienstagabend wünscht. So sollen die Daheimgebliebenen die Chance haben, dabei zu sein, gehört zu werden und einen direkten Zugang zu einer Konferenz zu erhalten, die mehr als 10 000 Kilometer entfernt stattfindet. Sehr kurzfristig erst ist die Veranstaltung zu dem geworden, was sie jetzt ist. „Anfangs hatte ich große Schwierigkeiten“, sagt der Münchner und erinnert sich an den Oktober, als er vorsichtige Absagen bekam, weil seine Idee nach einer politischen Aktion aussehe, die man nicht genehmigen dürfe. Eine Woche vor Abflug dann erreichte er im AStA der TU München das Referat für Umwelt. Sie waren angetan und wollten den Studenten unterstützen, stellten einen Raum zu Verfügung und organisierten Professor Disse vom Lehrstuhl für Hydrologie und Flussgebietsmanagement an der TU München als Moderator. Und auch als Johannes daraufhin das deutsche Umweltministerium kontaktiert und die deutsche Delegation, die in Lima vertreten sein wird, zum Skype-Gespräch eingeladen hat, wird er überrascht. „Ein Versuch ist es ja wert, dachte ich. Aber mit einer so schnellen Zusage hätte ich nicht gerechnet.“

Seit vergangenem Freitag ist Johannes nun in Lima. Auf dem Universitätsgelände trifft er während der vor der Hauptkonferenz stattfindenden Jugendklimakonferenz auf junge engagierte Menschen aus aller Welt. Über das gesamte Wochenende haben sie neue Ideen präsentiert und konstruktive Vorschläge ausgearbeitet, die sie gemeinsam auf der Hauptkonferenz von 1. Dezember an vertreten. Hier kommunizieren sie ihre Wünsche und Ideen – und werden angehört. „Das Weghören können sich die Politiker gar nicht mehr leisten, weil wir bereits eine gewisse Reichweite haben und die Medien als Sprachrohr“, verspricht er. Friederike Krüger

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Es läuft

Robust, praktisch, unkomplizierte Wartung: Die Industriedesign-Studenten Andreas Goebel und Mandolin Maidt konstruieren ein Auto für Afrika. Moderne Entwicklungshilfe – trotzdem sehen sie sich nicht als Gutmenschen.

Sie haben sich Anzüge gekauft. Maßgeschneiderte, traditionell afrikanische Anzüge in hell- und dunkelblau. Für ihre Masterarbeit. Die neue Kleidung hätte bei ihren nigerianischen und ghanaischen Gesprächspartnern oft als Eisbrecher gewirkt, erzählen Mandolin Maidt und sein Kollege Andreas Goebel, zwei Industriedesignstudenten aus München. Die Anzüge sind ein echtes Zeichen von Respekt und damit geradezu ein Symbol für die gesamte Afrikareise der beiden Studenten. Vier Wochen haben sie diesen Sommer in Nigeria und Ghana verbracht, um Marktforschung für das Fahrzeug ACar zu betreiben, das die beiden für ihre Abschlussarbeit an der TU München entwickelt haben. Es ist speziell für den Einsatz in Subsahara-Afrika designt und ganz auf die Bedürfnisse der Menschen vor Ort zugeschnitten.

Warum konstruieren zwei Industriedesignstudenten ein Auto für Afrika und keinen doppelt verchromten, speziell gebogenen Außenspiegel für eine Luxuskarosse? „Mit unserem Projekt stößt man nicht unbedingt eine große Karriere an“, sagt Mandolin und lacht. Es sei vielmehr eine „absolute Herzenssache“. Gutmenschen wollen sie nicht genannt werden – obwohl das die beiden Designer sehr gut beschreibt. Sie hätten enorm viel Potenzial in der Idee gesehen, weil sie etwas im Leben der Menschen in Afrika bewegen kann und gleichzeitig kommerziell funktioniert, sagen sie. Um diese beiden Aspekte zu vereinen, haben sie sich entschlossen, die späteren Nutzer in den Designprozess einzubeziehen.

Deswegen haben sie in Nigeria und Ghana mit Automechanikern gesprochen, spontan Leute befragt, die auf der Straße an ihren Autos schraubten, um herauszufinden, wie sie arbeiten und welche Probleme bei den gängigen Automodellen häufig auftreten. Andreas berichtet von Dörfern in Nigeria, die an der Straße entlang verlaufen, von florierender Landwirtschaft, die nicht nur der Selbstversorgung sondern vielmehr dem gewinnbringenden Handel dient und vom Unternehmergeschick der Nigerianer. Begeistert und bewundernd zugleich erzählt Mandolin beispielsweise die Geschichte ihres wichtigsten Ansprechpartners in Nigeria, den alle nur „OK Pineapple“ nennen – denn er war der erste, der in der Gegend Ananas anbaute und so satte Gewinne einfuhr. Bald zogen andere nach und ein Ananas-Anbaugebiet entstand.

Neben Herrn Pineapple hatten die beiden jungen Münchner noch weitere Kontaktpersonen vor Ort. Viele von ihnen hat die Futo-Universität in Owerri, Nigeria, vermittelt. Schließlich kooperiert diese Universität schon seit längerem mit der TU München, um Fahrzeugkonzepte für Afrika zu entwickeln. Die Futo-Universität war es auch, die Mandolin und Andreas in Owerri hofierte, die Fahrer und Sicherheitspersonal zur Verfügung stellte – ob Andreas und Mandolin es wollten oder nicht. Eigentlich waren sie ja wegen der Menschen in den Dörfern da, nicht wegen des Universitätspräsidenten oder des gehobenen Hotels, stellt Mandolin klar. Hatten sie Angst in Nigeria? „Vor dem Security-Mann mit Maschinengewehr auf dem Beifahrersitz schon“, sagt Andreas und lacht dabei. „Nigeria ist sicher nicht das sicherste Land Afrikas“, ergänzt Mandolin. Sie hätten um die Gefahr gewusst, sie aber nicht gespürt. Im Gegenteil, so manches Mal hätten sie das Sicherheitspersonal ausgetrickst und seien heimlich in die Dörfer gefahren.

Finanziell gefördert wurde die Reise der beiden von der Hans-Sauer-Stiftung. Vor allem der Aspekt der gemeinsamen Entwicklung des Fahrzeugs zusammen mit den Nutzern in Afrika sei interessant und förderungswürdig, erklärt der Vorstand der Stiftung, Ralph Boch. Er hat Mandolin und Andreas als „angenehme, extrem intelligente und sehr empathische Menschen“ erlebt.

Mandolin und Andreas breiten Fotos ihrer Reise nach Afrika ordentlich auf einem einfachen Holztisch in einem kleinen Konferenzzimmer aus. Andreas schiebt Wassergläser und Flaschen beiseite, um Platz zu schaffen für die vielen Erinnerungen. Hier im Impact Hub an der Gotzinger Straße, wo viele aufstrebende Projekte mit sozialem Charakter angesiedelt sind, haben sie von der Aktion „Startrampe“ einen Arbeitsplatz gesponsert bekommen. Andreas fährt durch seine abstehenden Haare, wirkt eher zurückhaltend. Er spricht leise und vorsichtig. Mandolin dagegen tritt so professionell und selbstsicher auf, als käme er gerade aus einem Meeting mit dem Vorstand eines Autokonzerns.

Die meisten Bilder aus Afrika zeigen Mandolin und Andreas zusammen mit den Menschen, denen sie auf der Reise begegnet sind. Sie erzählen abwechselnd von verschiedenen Gesprächsrunden in nigerianischen Dörfern, während derer sie unter anderem erfuhren, dass Autos in der Gegend gewöhnlich ständig in Betrieb sind – wenn ein Fahrzeug nicht gerade auf den Feldern gebraucht wird, wird es als kostenpflichtiges Taxi genutzt, um Menschen und Waren vom und zum Markt zu befördern. An das typische Nutzungsverhalten hat Mandolin die Ladefläche des Fahrzeugs, deren Design sein Schwerpunkt im Projekt war, dann angepasst.

Andreas dagegen legte seinen Fokus darauf, die Energieversorgung des Autos zu entwickeln, die potenziellen Nutzer in die Gestaltung einzubeziehen und Workshops zu organisieren. So kam es auch, dass die beiden mit einem Drucker im Gepäck durch die Dörfer in Nigeria und Ghana reisten – um bei Bedarf jederzeit Fragebögen und Workshopmaterial ausdrucken zu können. Mandolin bringt den Kern ihres Marktforschungskonzepts, das das Projekt in ihren Augen so einzigartig macht, auf den Punkt: „Wir sind nicht die Experten. Die Experten sind die Menschen vor Ort. Weil sie am besten wissen, wie ein Auto für sie sein muss.“

Bei der Entwicklung des Autos liegt der Fokus auf Robustheit. Und unkomplizierter Wartung. Denn in seiner ganzen Bauart wollen Andreas und Mandolin ACar darauf ausrichten, dass das Hybrid-Auto in Afrika produziert und repariert werden kann, auch das ist ein Punkt, der für die Studenten von Bedeutung ist. „Wichtig ist vor allem, dass das Produkt in den vor Ort vorhandenen Strukturen funktioniert“, resümiert Andreas.

Um zu testen, inwiefern ihr Konzept diesen Anspruch erfüllt, haben sie in Ghana einen zweiten Prototyp gebaut. Nicht vom ganzen Auto, aber von der so wichtigen Ladefläche, die sie diesmal als Anhänger konzipiert haben.

Was liegt näher, um einen Auto-Prototypen zu testen, als einfach Menschen auf der Straße anzusprechen und bei Bedarf mitzunehmen? Genau so seien sie vorgegangen, erzählt Mandolin, Mais und Holzkohle hätten sie transportiert, auch eine schwangere Frau mitsamt ihrem Fahrrad – und eine ungefähr 70-jährige Frau, die alle bisherigen Bedenken bezüglich der Einstiegshöhe des Anhängers zerstreute. Nach derartig erfolgreichen Testfahrten war die Marktforschung abgeschlossen.

Gefertigt wurde der Anhänger in Zusammenarbeit mit ghanaischen Schweißern und anderen Handwerkern. Die beiden Industriedesigner beschreiben einen kreativen Design- und Herstellungsprozess in Ghana, schwärmen von der Einsatzbereitschaft und Spontaneität der Handwerker vor Ort. Herausgekommen ist eine Ladefläche, die ausklappbare Bänke für den Personen- und ausreichend Platz für den Warentransport bietet. Bei Bedarf kann die Ladefläche mit einer Plane überdacht werden, Sichtfenster und Panoramablick inklusive – ab und an kommt dann auch bei den beiden Gutmenschen der verspielte Designer durch. Katharina Hartinger