Foto: Olivia Müller-Elmau

München hat Hausarrest: Zuhause mit Laurens

Der Lockdown ist zurück! Wir wollen euch die Zeit zu Hause ein bisschen schöner machen. Unsere Rubrik “Von Freitag bis Freitag München” heißt deswegen wieder “München hat Hausarrest”. Denn, zusammen ist man weniger allein Unser Autor Laurens bewegt sich diese Woche viel durch die Stadt, mal draußen im Englischen Garten, mal virtuell bei einem Electronic-Flow-Yoga .  

Wie heißt es so schön: Das einzige, was gleichbleibt, ist, dass sich immer alles ändert.

So oder zumindest so ähnlich fühle ich mich nach dem ständigen Auf- und Ab der letzten Wochen. Der 7-Tage-Inzidenzwert ist mein täglicher Begleiter geworden und seine Wandertour hin zu bereits bekannten Werten jenseits der 100er Marke verfolge ich mit einem mulmigen Gefühl in der Magengrube. Gerade in einer solchen Situation ist es unabdingbar sich selber eine gewisse Struktur zurechtzulegen, um nicht vollständig verrückt zu werden und sich an den Dingen festzuhalten, die sich entgegen des Eingangs zitierten Sprichwortes dann doch nie ändern – dass München auch in schwierigen Zeiten immer tolle Veranstaltungen anzubieten hat zum Beispiel. In diesem Sinne, ab in meine Woche:

Freitags lasse ich mit einem kleinen Spaziergang die Arbeitswoche ausklingen. Regelmäßige Spaziergänge sollen sich ja nicht nur positiv auf das Gemüt auswirken, sondern auch helfen mehr Struktur und Durchhaltevermögen in das eigene Leben zu integrieren. Alles davon kann ich gerade gut gebrauchen. Deshalb werde ich mich wohl sogar aus meiner angestammten Umgebung an der Münchner Freiheit entfernen und zum Bellevue di Monaco pilgern. Wie praktisch, dass hier noch bis zum 29. März die Open Air Ausstellung des Fotoworkshops in den Fenstern des Cafés zu sehen ist. Gezeigt werden die zwölf Arbeiten der Teilnehmer– und das sogar kostenlos. Hier kann ich hoffentlich meine verzweifelte Suche nach Struktur gleich mit Ästhetik verschönern. Wunderbar!

Auch am Samstag werde ich mich wohl wieder bewegen. Dieses Mal allerdings nicht an der frischen Luft, sondern in meiner stickigen Dachgeschosswohnung, denn das Harry Klein lädt zu einem besonderen Livestream. Zu hören sind von 20 Uhr an bis halb 1 Künstler*innen aus dem Harry Klein und dem Berliner Klub Watergate, aber auch vom Münchner Wut-Kollektiv. Ekstatisch mittanzen werde ich wahrscheinlich nicht – dafür bin ich inzwischen zu Stream-müde und die Option, das Video einfach auszuschalten zu verlockend – aber ein wenig mit den Füßen zu guten Beats wackeln, ist eigentlich immer drin.

Eine Routine einhalten zu können ist ja quasi die Definition von Struktur. Da ich meine Woche mit Bewegung begonnen habe, muss ich das Motto jetzt wohl oder übel noch eine Weile weitertragen. Deshalb geht es sonntags zur nächsten Veranstaltung, die mich hoffentlich ins Schwitzen bringt – im positiven Sinne! Von 18 Uhr an wird beim Digital Electronic Flow Yoga, für eine Stunde, Sport mit elektronischer Musik verbunden. Die Veranstaltung wird direkt aus den Hallen des Bahnwärter Thiels gestreamt – man muss also nicht mal die eigenen vier Wände verlassen – und kostet 14 Euro pro Nase.

Ihr habt es bereits beim Lesen geahnt, oder? Auch montags bleibe ich meiner Struktur treu und schmeiße mich mit vollem Einsatz in die Bewegungskultur. Diesmal allerdings draußen. Allein bin ich auch nicht, denn ich werde geführt von der SZ-Serie Streifzüge durch die Stadt. Seit mehr als drei Jahren lebe ich jetzt schon in München. Auch im Englischen Garten war ich schon öfters – schließlich lebe ich inzwischen direkt daneben. Vollständig durchwandert habe ich ihn allerdings noch nie. Das soll sich am Montag nun ändern. Mit dem Smartphone bewaffnet werde ich durch die Weiten des Englischen Gartens streifen und dabei vielleicht ein paar Leute treffen, die es mir gleichtun.

Nach so viel Bewegung werde ich am Dienstag wohl erstmal eine kleine Pause benötigen. Um die von mir ersehnte Struktur nicht wieder direkt aus den Augen zu verlieren, gehe ich allerdings morgens wahrscheinlich kurz joggen. Der Rest meines Tages wird ganz der Erholung in den eigenen vier Wänden gewidmet. Ich werde wohl in meinem Bett den ganzen Tag das neue Buch der Münchner Schriftstellerin Lilly Maier lesen, die in ihrem neuesten Roman über den Pädagogen Ernst Papanek schreibt, dem es gelang, mehr als 280 jüdische Kinder vor dem Holocaust zu bewahren. Genau die richtige Lektüre, um die Pandemie zumindest für einen Moment auszublenden.

Auch mein Mittwoch ist schon fest verplant. Einer meiner engsten Freunde feiert seinen Geburtstag – natürlich Corona-konform über Zoom. Da darf und will ich natürlich nicht fehlen. Mittwochs werde ich also einfach mal wieder ein Bier mit Freunden trinken, quatschen und zwangsweise wahrscheinlich über die Pandemie reden – hoffentlich nicht ausschließlich.

Wirklich Lust auf Bewegung habe ich Donnerstag wohl auch nicht mehr, und das obwohl der Wetterbericht Sonne und frühlingshafte Temperaturen verspricht. Aber mich lockt eine Veranstaltung, auf die ich schon eine Weile hin fiebere: ein Abend mit Carolin Emcke. Die Autorin liest von 20 Uhr an aus ihrem Buch: „Journal. Tagebuch in Zeiten der Pandemie“. Tickets für die Online-Veranstaltung sind ab 5 Euro zu haben. Warum sage ich ab 5 Euro? Weil es eine „Pay as You Wish“ Veranstaltung zur Unterstützung des Literaturhauses und der Kammerspiele München ist. Wer also mehr ausgeben möchte ist herzlich dazu eingeladen.

Freitags geht meine Woche schon wieder zu ende. Wenigstens etwas Struktur als Mittel gegen das Verzagen konnte ich in meine Woche integrieren. Die entscheidende Frage ist allerdings eher wie lange ich es schaffen werde sie einzuhalten. Schon während ich diese Sätze schreibe, merke ich, wie mein innerer Schweinehund mir leise ins Ohr flüstert: „Komm, lass es doch einfach bleiben. Jogginghosen tragen ist doch auch bequem“.

 

Von Laurens Greschat