Die Musik ist eine der wichtigsten Konstanten im Leben des Münchner Hip-Hop-Duos „O’Bros“ – neben dem Glauben. Die christliche Botschaft ist zentrales Thema ihrer Texte, ihre Auftritte finden oft bei Jugendgottesdiensten statt.
Alexander, 20, und Maximilian, 22, nennen sich O’Bros. Zwei Rapper mit einem klaren Ziel: Sie wollen Menschen ermutigen, die Liebe Gottes neu zu entdecken. Die Musik ist eine der wichtigsten Konstanten in ihrem Leben – neben dem Glauben. Die christliche Botschaft ist zentrales Thema ihrer Texte, ihr Genre nennen sie „Worshiphop“. Die Münchner Studenten erobern derzeit die Bühnen der christlichen Musikszene Deutschlands, Unterstützung erhalten sie dabei von ganz oben: „Gott ist unser Bandleader.“
SZ: Welche Bedeutung hat Glaube im Leben eines christlichen Rappers?
O’Bros: Glaube ist für uns die Grundlage unserer Identität, also unserer Wahrnehmung von uns selbst, aber auch unserer Mitmenschen und der Welt um uns herum.
Das heißt?
Da unser Glaube uns von klein auf begleitete, hat er unsere Werte und Überzeugungen und somit auch unsere Ziele im Leben stark geprägt. Folglich beeinflusst er natürlich unser tägliches Leben, weil unsere innersten Überzeugungen jede Entscheidung und Handlung anregen. Durch unsere Musik möchten wir darum vor allem andere junge Christen dazu zu ermutigen, ihren Glauben stolz zu leben und sich offen dazu zu bekennen.
Warum Hip-Hop?
Mit der Verbindung von zeitgemäßer Musik und dem Christentum wollen wir ein Lebensgefühl ausstrahlen, das Glaube mit moderner Kultur verbindet.
Wo finden Eure Konzerte generell statt?
Wir fokussieren uns nicht ausschließlich auf die christliche Szene, darum sind wir auch bei säkularen Veranstaltungen wie beispielsweise einem Bandcontest erfolgreich dabei. Allerdings ist unsere Zielgruppe natürlich in erster Linie auf christlichen Veranstaltungen vertreten, weswegen unsere Konzerte vor allem bei Jugendgottesdiensten stattfinden.
Wie sind denn Konzerte in Kirchen?
Tatsächlich ist der Unterschied zum nichtchristlichen Publikum viel kleiner, als man ihn sich vorstellt. Wenn wir im kirchlichen Rahmen auftreten, feiert die Zielgruppe nicht nur die Musik, sondern vor allem die Inhalte. Das ermöglicht eine viel intensivere Identifikation mit unserer Musik.
Das schließt aber eventuell auch andere Fans aus.
Wir haben auch unabhängig vom konkreten Inhalt einen sehr hohen Qualitätsanspruch an unsere Arbeit. So haben wir schon öfter die Erfahrung gemacht, dass auch viele Leute, die einer anderen oder keiner Religion angehören, einfach von unseren Beats und der Stimmung, die wir verbreiten, mitgerissen werden.
Erlebt man manchmal peinliche Momente, wenn man erzählt, dass die Konzerte bei Gottesdiensten stattfinden?
Selbstverständlich werden wir im ersten Moment häufig blöd angeschaut, wenn wir sagen: Wir sind christliche Rapper. So etwas kennen die meisten überhaupt nicht. Für viele sind das zwei Gebiete, die sie nie miteinander assoziieren würden. Positive Resonanz folgt meistens erst, wenn die Leute unsere Musik gehört haben.
Christentum und Hip-Hop wirken auf den ersten Blick tatsächlich sehr weit voneinander entfernt. Warum gerade diese Kombination?
Für uns war es dank unserer engen Beziehung zum Glauben eine Selbstverständlichkeit, christliche Texte zu schreiben. Außerdem lieben wir einfach Hip-Hop und gute Beats. Der Vorteil von Rap gegenüber beispielsweise Pop ist, dass sich viel mehr Botschaft in den Text verpacken lässt. In der Rap-Szene ist es zudem unglaublich wichtig, „real“ zu sein. Das gibt uns viel mehr Freiraum, denn selbst wenn man unsere Ansichten nicht teilt, werden wir für unsere Authentizität respektiert.
Realness erwarten Hip-Hop-Fans jetzt nicht unbedingt im Jugendgottesdienst.
Für die meisten ist es zunächst gewöhnungsbedürftig, weil sie mit Rap Themen wie Drogen, Gewalt oder Objektivierung von Frauen verbinden. Unsere Musik klingt zwar gleich, bringt aber auf den zweiten Eindruck eine ganz andere Message. Ziel ist es, die Hörer zu ermutigen statt zu erniedrigen.
Das Ergebnis scheint zu funktionieren – O’Bros-Konzerte sind regelrechte Fan-Girl-Messen. Geht es da noch um Glauben? Oder mehr um Fame?
Fame ist bei uns – ob man es glaubt oder nicht – einfach nur Nebenprodukt. Wir machen die Musik nicht mit dem Ziel, berühmt zu werden. Vielmehr nutzen wir diese Reichweite, um unsere Botschaft zu verbreiten, sie dient quasi als Mittel zum Zweck.
Kann man glauben, muss man aber nicht.
Ich will ganz ehrlich sein: Natürlich bekommt man durch die Bühne Aufmerksamkeit. Und auch wir müssen darauf achten, uns das nicht zu Kopf steigen zu lassen. Dennoch ist es unser Ziel, nicht uns als Person, sondern unsere Inhalte in den Vordergrund zu stellen.
Inhalte, die in ihrer Grundlage mit denen der christlichen Kirche übereinstimmen. Letztere wird heutzutage teils heftig kritisiert – fällt es durch diese Kontroverse manchmal schwer, die Botschaft weiterhin selbstbewusst nach außen zu tragen?
Wir stehen nicht für irgendeine Institution, sondern für unseren Glauben – eine wichtige Unterscheidung. Die Kirche ist letztendlich nur ein menschliches Konstrukt, und Menschen machen Fehler, das weiß jeder. Unser Kerngedanke ist die Liebe zu Gott, dem Nächsten und sich selbst und dazu stehen wir mit voller Überzeugung. Es gibt diesbezüglich auch nicht oft Ablehnung aus dem säkularen Bereich. Das mag auch daran liegen, dass wir uns selbst gerne darüber lustig machen, wie ernst sich manche Christen nehmen. Somit haben wir keine große Angriffsfläche, Kritik kommt da eher von christlicher Seite.
Könnte sich ein braver Christ von den teilweise überspitzen Musikvideos vor den Kopf gestoßen fühlen, anstatt sich inspirieren zu lassen?
Es gibt immer wieder Menschen, die uns unterstellen, dass wir unseren Glauben nicht ernst genug nehmen. Allerdings weiß jeder, der sich mit unserer Arbeit auseinandersetzt, dass wir unsere Religion sehr wohl hochachten. Wir sind einfach der Meinung, dass uns Christen eines oft fehlt: Humor. Wir sind in erster Linie immer noch Musiker und rappen über das, was uns wichtig ist – nicht über das, was die Kirche oder andere Christen von uns erwarten.
Ist die Musik ein Hobby? Oder könnte sich in Zukunft mehr daraus entwickeln?
Wir sind da absolut entspannt. Wir werden nie aufhören, Musik zu machen. Ob das jetzt 20 Leute hören oder 20 000, ist vorerst egal. Aber es besteht auf jeden Fall Bedarf nach mehr christlicher Musik in Deutschland. Tatsächlich ist die Szene hier kaum existent, wir sehen uns da ein bisschen als Pioniere. Wir freuen uns auf das, was kommt. Unsere Einstellung ist da aber locker – solange Gott uns noch Türen öffnet, versuchen wir das Beste rauszuholen.
Interview: Elly Fleschutz
Foto: Benjamin Bleile