Erfolgreiches Puzzle

Die jungen Münchner Sebastian Jantschke und Julian Ludwig entwickeln Spiele-Apps. Und sie wollen ihr eigenes Entwicklungsstudio gründen.

Projektarbeiten in der Uni sind häufig eine ziemlich trostlose Angelegenheit. Eine willkürlich zusammengesetzte Gruppe produziert ein Ergebnis, das häufig nicht einmal den Dozenten richtig interessiert, geschweige denn sonst irgendjemanden außerhalb der Universität. Manchmal ist das aber anders. So war es zumindest bei der Teamarbeit von Sebastian Jantschke, 23, und Julian Ludwig, 22, zu beobachten.

Die jungen Münchner haben Game-Design an der Hochschule für Mediendesign studiert. Bereits ihr erstes größeres Uniprojekt, das sie mit einigen anderen Studenten im zweiten Semester entwickelt haben, war ein Erfolg. Eigentlich ist „Mother Earth“ ein relativ simples Puzzle-Spiel, in dem der Spieler die Entstehung des Planeten nacherlebt. Aufgrund ansprechend gezeichneter Hintergründe, plastischer Modelle und passender Musik wird das Spiel aber weit mehr als eine Million Mal heruntergeladen. Auch die Benutzerwertungen sind sehr positiv, die Nutzer loben Botschaft und Design der App.

„Mother Earth war nur ein erster Versuch, aber wir haben uns schon gefreut, dass es so gut angenommen wurde“, sagt Julian. Der Student hatte die Idee zu dem Spiel, beziehungsweise die „Vision“, wie die beiden es ausdrücken. Er spielt selbst sehr gerne Puzzle-Games, deshalb war es für ihn naheliegend, in seinem Lieblingsgenre zu bleiben – und es behutsam weiterzuentwickeln. Gemeinsam mit Sebastian bildet er mittlerweile ein eingespieltes Team. Julian ist für die spielmechanische und technische Komponente zuständig, Sebastian überlegt sich, wie man diese Ideen am besten visualisieren könnte. Mit weiteren Kommilitonen haben sie einige Semester später wieder an einem neuen Konzept für ein Puzzle-Spiel geschraubt.

Herausgekommen ist „Realm of the Machines“, ein Game, dessen Besonderheit wieder darin liegt, dass es eine zusammenhängende Geschichte erzählen will. Dieses Mal ist das Projekt deutlich größer, mit ihrer Erfahrung fungieren Sebastian und Julian als eine Art Projektleiter. Die „Vision“ für die Spielidee hatte wieder Julian. Aber diesmal veröffentlichte das junge Team das Spiel nicht einfach, sie reichten den Prototyp bei den beiden wichtigsten Branchenwettbewerben ein: dem Deutschen Computerspielpreis der Bundesregierung und dem Deutschen Entwicklerpreis. „Wir glaubten an das Projekt und wir waren uns auch sicher, dass wir durch unsere Qualität positiv herausstechen. Aber wir dachten nicht wirklich, dass wir Siegeschancen haben“, sagt Sebastian.

Doch beide Fachjurys waren begeistert. Beim Deutschen Computerspielpreis gewann der Prototyp den zweiten Platz der Nachwuchsentwickler. Und beim Deutschen Entwicklerpreis konnte sich das Spiel sogar den Sieg in der Studierendenkategorie sichern. Viele Entwickler würden an dem Prototypen weiter schleifen, das Spiel veröffentlichen und auf Angebote namhafter Publisher warten. Sebastian und Julian denken anders: Sie entscheiden sich dagegen, ihren Prototypen zu optimieren. Auch ihr Entwickler-Team werden sie in dieser Form nicht weiterführen – eine Entscheidung, die für beide Studenten nicht einfach war.

Stattdessen planen sie jetzt, eine neue Firma zu gründen und auf Basis des Konzepts von Realm of the Machines ein komplett neues Spiel zu entwickeln. Größtenteils auch mit einem neuen Team. „Realm of the Machines war ursprünglich ja nur für die Uni, deshalb haben wir vielleicht hier und da etwas weniger sorgfältig gearbeitet, als man es eigentlich bei einem Spiel machen würde. Wir wollen jetzt die Chance nutzen, noch einmal komplett ohne Zeitdruck das Bestmögliche aus dem Konzept zu machen“, erklärt Julian. Ihren Studentenjob bei einem Start-up werden sie kündigen, derzeit arbeiten sie daran, das nötige Startkapital für den Schritt in die Selbständigkeit zu sammeln.

Aber ist das nicht auch ein großes Risiko, frisch nach dem Bachelor mit Anfang 20 eine Firma zu gründen? „Natürlich sind wir uns bewusst, dass das alles auch total schief gehen kann. Aber dann haben wir es zumindest versucht“, sagt Sebastian. Auch hätten sie schon häufig beobachtet, dass ambitionierte Uni-Projekte sich im Sande verliefen, wenn die Entwickler nach dem Studium neben ihren eigentlichen Berufen daran arbeiteten.

Stefan Fränkel vom Branchenverband Games Bavaria Munich ist zuversichtlich, dass die beiden Entwickler mit ihrem Projekt Erfolg haben: „Auf die Fachveranstaltung ,Update Games‘ haben wir dieses Jahr erstmals Nachwuchsteams eingeladen, um sie mit der Branche zu vernetzen. Sebastian und Julian hatten sich dafür mit dem Puzzle-Spiel Realm of the Machines beworben. Wir waren sofort davon beeindruckt, wie professionell ihr Projekt ist. Es kombiniert einfallsreiches Rätseldesign mit einer grafischen Liebe zum Detail, die man in diesem Genre nur selten sieht.“

Auch wegen des tollen Feedbacks aus der Branche und von anderen Entwicklern, haben Julian und Sebastian sich entschieden, es zu riskieren und für ihren Berufsstart ganz auf ihre Entwicklung zu setzen. Einerseits stellt Sebastian fest: „Wenn das dann doch nicht klappt, können wir uns immer noch einen Job suchen, wir sind ja noch jung.“

Andererseits merkt man, dass die beiden Jungentwickler überzeugt sind von ihrem Projekt. Sie wollen die Idee, die ihnen viel Anerkennung verschafft hat, zur Marktreife entwickeln. Bis das neue Spiel erscheint, wird es aber noch einige Zeit dauern. Frühestens in einem bis
eineinhalb Jahren ist mit einer finalen, spielbaren Version ihres Projekts zu rechnen.

Text: Philipp Kreiter

Foto: Alessandra Schellnegger