Spirituelle Disco

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Freising – Anja Mayerhofer, 25, leitet seit sechs Jahren den Arbeitskreis „Sonntag“, der die Korbinianswallfahrt mitorganisiert. Wer sich nun schwitzende Mittvierziger auf einem langen Pilgermarsch vorstellt, der liegt falsch. Es sind ausschließlich junge Christen unterwegs. Der Fußweg ist nicht unbedingt wichtig oder gar notwendig. Man kann auch mit Bus oder Bahn anreisen. Wichtig ist die Ankunft am Wallfahrtsort: der Dom in Freising.

SZ: Was ist der Sinn, der hinter einer solchen Wallfahrt für Jugendliche steht?
Anja Mayerhofer: Zum einen können die jungen Menschen sehen: Hey, da gibt es noch andere junge Menschen, die an Gott glauben. Religion ist eben nicht nur langweilige Orgelmusik, sondern hat ganz viele Seiten. Sie haben also die Möglichkeit, sich mit ihrem Glauben auseinanderzusetzen und sich dabei mit Gleichaltrigen darüber auszutauschen.

Es nehmen also nur Jugendliche teil, die gläubig und katholischer Konfession sind?
Nein. Also die meisten schon, ja. Aber es ist auch eine Chance für alle anderen interessierten jungen Menschen, sich über das Thema Glauben zu unterhalten. Hier sind alle sehr offen. Sowohl die Teilnehmer als auch die Organisatoren. Man kann zu jedem hingehen und einfach auch mal fragen: Warum glaubst du eigentlich an Gott, denn ich tue es nicht! Aber die meisten Teilnehmer kommen aus katholischen Pfarrgemeinden, das stimmt.

Ein Wallfahrtswochenende mit der Pfarrgemeinde klingt für die meisten jungen Menschen nicht nach großer Spannung. Außerdem sinken seit Jahren die Mitgliederzahlen der Kirche. Merkt man das auch bei Korbinianswallfahrt?
Nein, überhaupt nicht. Die Wallfahrt nach Freising hat eine lange Tradition. Und es gibt immer viele Teilnehmer. Die meisten Organisatoren sind selbst noch jung und können die Kirche dann auch so präsentieren.

Wäre es nicht eher sinnvoll, dass Jugendliche sich für politische Themen interessieren, auf Demos gehen?
Die Kirche ist durchaus politisch. Man organisiert sich in Jugendverbänden der Kirche. Dort engagieren sie sich ja für wichtige Themen. Es ist also kein schlechter erster Schritt, wenn man erst mal in der Gemeinde aktiv wird. Viele Jugendliche kommen so im zweiten Schritt zur Politik.

Unter der Überschrift „Licht an“ wird den Jugendlichen eine Orientierungshilfe versprochen. Veranstaltet ihr nach dem Gottesdienst eine Jobmesse?
So ähnlich. Es gibt den sogenannten Markt der Möglichkeiten. Da präsentiert sich die Kirche als Institution, aber auch als Arbeitgeber. Da kann es schon passieren, dass der eine oder andere nach Hause kommt und ein Interesse an einem pastoralen Beruf mitbringt.

Was hast du von deinem ersten Wallfahrtswochenende besonders in Erinnerung behalten?
Bei meiner ersten Wallfahrt nach Freising war ich zunächst total erstaunt, wie viel Spaß man haben kann. Vor allem die Party am Freitagabend – mit Band und DJ – war einer der Höhepunkte. Auch dieses Jahr hat es diese Party gegeben, allerdings wie immer ohne Alkohol.

Also doch eher Party als religiöse Besinnung?
Nein, das nicht. Es gibt auch sehr spirituelle Momente bei der Veranstaltung, beispielsweise der große Gottesdienst am Sonntag, bei dem immer eine ganz besondere Stimmung herrscht. Aber an sich kann jeder junge Mensch sich das Wochenende ganz nach eigenen Vorstellungen gestalten. Die einen suchen eher die spirituellen Momente, die anderen machen lieber bei den geplanten Aktivitäten mit.

Zum Beispiel?
In diesem Jahr hat es ein Parcours gegeben, den man mit verbundenen Augen bewältigen musste, um nachempfinden zu können, wie es ist, blind zu sein. Oder ein Workshop, der einen mit den Grundlagen der Gebärdensprache vertraut gemacht hat.

Warum hast du damals als 14-Jährige das erste Mal mitgemacht?
Ich selbst bin da eher so reingerutscht. Meine Jugendleiterin hat damals zu meiner Freundin und mir gesagt, dass wir nicht so viel zu tun hätten und einfach mal mitmachen sollen. Mittlerweile bin ich seit sechs Jahren Leiterin einer eigenen Gruppe. Die meisten Jugendlichen, die an am Wallfahrtswochenende zu uns gekommen sind, sind in Jugendgruppen ihrer Pfarrgemeinde und sind deshalb mitgefahren.

Interview: Jennifer Lichnau
Foto: Erzbischöfliches Jugendamt München und Freising