Die Mundart-Rapper von „Dicht & Ergreifend“ über die Wahl zur Band des Jahres, Sprachbarrieren, Reibereien in der Szene und ihre Fans, die sich Shirts mit der Aufschrift „Mordsdepp“ anziehen
Sie gelten als die Vorreiter der bayerischen Mundart-Rap-Szene, obwohl sie mittlerweile von Bayern nach Berlin gezogen sind: Michael Huber alias Urkwell und Fabian Frischmann alias Lef Dutti haben mit ihrer Rap-Kombo Dicht & Ergreifend ein sehr erfolgreiches Jahr hinter sich, auch wenn sie bei der Wahl zur Band des Jahres von Fatoni geschlagen wurden. Im Interview sprechen sie über die Deutsch-Rap-Szene, Ärger im Dorf – und Beef in der Szene.
SZ: Bei der Wahl zur Band des Jahres 2015 habt Ihr euch ein enges Rennen mit Fatoni geliefert, das Ihr am Ende um wenige Stimmen verloren habt. Wie tief saß der Stachel der Enttäuschung?
Lef Dutti: Ich war gar nicht enttäuscht, weil ich Fatoni sehr gut finde. Ich wäre nur enttäuscht gewesen, wenn jemand anderes als er das geworden wäre. Und dadurch, dass es so ein enges Battle war, war es ja Entertainment für uns und auch für die anderen.
Urkwell: Vor allem ist Fatoni ja ganz anders an das Duell rangegangen als wir. Wir haben richtig versucht, die Fans zu animieren und das auch sehr gepusht, während Toni so eine „Ist-mir-eigentlich-egal“-Haltung nach außen getragen hat. Und genau dieser Gegensatz hat das dann ziemlich witzig gemacht.
Generell war das Jahr 2016 für Euch ja ein erfolgreiches mit vielen ausverkauften Shows. Wie geht es jetzt weiter?
Lef Dutti: Jetzt heißt es: Musik produzieren, am neuen Album arbeiten, das irgendwann 2017 erscheinen wird. Nach der langen Tour waren wir jetzt auch heiß drauf, endlich neue Lieder zu machen.
Urkwell: Und natürlich ist die Arbeit am zweiten Album was anderes als am ersten, weil wir jetzt nicht mehr so viel Zeit wie vorher haben. Es heißt ja: Für das erste Album hast du ein ganzes Leben, für das zweite dann ein Jahr. Die Erwartung ist jetzt auch eine andere.
Ihr spielt auch Konzerte über die Grenzen Bayerns hinaus, wie ist die Akzeptanz für Mundart-Rap in der Deutsch-Rap-Szene?
Lef Dutti: Eigentlich ist bayerische Mundart-Rap-Szene gar nicht in der deutschen Rap-Szene verankert.
Gibt es denn eine Grenze beim Mundart-Rap, im Hinblick auf das, was man damit erreichen kann?
Lef Dutti: Die Sprachbarriere. Aber wo es mit der Sprache nicht weitergeht, geht es mit der Musik weiter.
Urkwell: Wenn man sich mal Deutsch-Rap anschaut, da gibt es gefühlt 4000 Rapper. Und in Bayern gibt es, wenn man es wohlwollend betrachtet, maximal 50. Und ich würde mir eher 300 wünschen.
Eure Musik kritisiert häufig die bayerische Dorfmentalität, wurdet Ihr dafür auch schon angefeindet?
Urkwell: Ja, häufig. Vor allem, als es mit „Imma No“ losgegangen ist, hat sich meine Mama einiges anhören dürfen im Dorf.
Haben das Leute auf sich bezogen?
Urkwell: Einige haben sich sogar direkt angesprochen gefühlt. Im Endeffekt hat meine Mama als Dorfpsychologin – Wirtin im Dorf – alles abbekommen. Da haben sich Leute sehr echauffiert, das hat sich dann aber auch wieder gelegt. Wir haben ja auch nie komplett übertrieben, sondern versucht, einen Mittelweg zu finden, der zwar kritisch ist, aber es gab keine sinnlos krassen Äußerungen.
Haben Niederbayern eigentlich Humor?
Urkwell: Warum?
Ihr verkauft lustige Fan-T-Shirts. Und bei Konzerten wie im Circus Krone stehen dann Hunderte Fans vor Euch, die ein T-Shirt mit der Aufschrift „Mordsdepp“ tragen. Wie entstehen solche Sprüche?
Urkwell: Das passiert einfach. Wenn wir irgendwas geil finden, wie etwa unseren Bandnamen oder das T-Shirt, dann machen wir das. Die Fragen kommen dann erst später.
Lef Dutti: Ich sage jetzt mal, dass 80 Prozent der Leute, die das T-Shirt tragen, nicht wissen, woher dieser Witz kommt. Run DMC und Mos Def waren die Ersten, die dieses T-Shirts gemacht haben. Und obwohl das meiner Ansicht nach die meisten wohl nicht wissen, finden sie komischerweise das Shirt trotzdem cool. Ehrlich gesagt: keine Ahnung wieso.
Die Akzeptanz der Fans ist hoch, aber gibt es da in der Szene auch mal Kritik? Neulich war in der „Süddeutschen Zeitung“ …
Urkwell: Wir wissen Bescheid.
Es war in dem Artikel die Rede davon, dass Eure „Blasmusik-Verpoppung des Mundart-Raps“ nicht überall gut ankommt.
Urkwell: Derjenige, der das gesagt oder geschrieben hat, der hat sich das Album nicht wirklich angehört. Amen!
Lef Dutti: Natürlich sind da Pop-Elemente drauf. Zum Glück, sonst wäre das ja total fad. Und solche Elemente sind wichtig, denn ehrlich, was ist denn Realness?
Ist Realness überhaupt relevant für euch?
Lef Dutti: Nein, für mich nicht. Also zumindest nicht, wenn das bedeutet, dass man immer nur dasselbe macht. Realness ist, wenn man nicht immer das Gleiche macht und trotzdem zusammenbringt, dass es am Ende nicht scheiße klingt.
Interview: Philipp Kreiter
Foto: Daniel HD Schröder