Band der Woche: Endlich Rudern

 

Die Münchner Band Endlich Rudern beschreibt ihre Musik als Münchner Schule„Wir kommen aus keiner Schule. Deswegen haben wir auch die Münchner Schule gegründet“, erklärt hingegen Sänger und Gitarrist Max Weigl. Das Trio spielt eigenständigen Post-Punk und verbindet zwei Stile der Geschichte der Gitarrenmusik: Grunge und Post-Punk.

Genre-Bezeichnungen sind eine heikle Sache. Denn Musiker und Künstler sind ja meist eher erpicht darauf, ein möglichst eigenes Ding zu erschaffen. Sich da per sprachlicher Zuordnung in eine Schublade stecken zu lassen, ist eher unbeliebt. Einen Ausweg, nicht „Punk“, „Pop“ oder „Surf“ hinter seinen Bandnamen zu schreiben, läuft dann über eine etwas seltsame Fixierung auf Städte: Denn der Herkunftsort einer bekannten Band wird schnell zum Genre. Da gibt es etwa Seattle für Grunge, Detroit für Techno, Washington DC für Hardcore, London für Punk, Manchester für Postpunk oder – ein wenig weiter gefasst – die US-Westküste für Surfpunk. Diese Liste lässt sich um einiges erweitern und ist doch ziemlich unzureichend. Wenn unter einem Bandnamen „DC“ steht, kann man sich ungefähr vorstellen, um was für Musik es sich dabei handelt. Woher die Band, die vermutlich recht rohen Hardcore spielt, kommt, das weiß man aber noch lange nicht. Es gibt etwa eine Reihe ziemlich guter DC-Hardcore-Bands aus Würzburg. Die Stadt konnte sich zwar noch nicht als eigenständiges Synonym für diesen Musikstil etablieren, doch auch in deutschen Städten gibt es Zuordnungen. Am bekanntesten ist wohl die Hamburger Schule. Gerade aber läuft Stuttgart, maßgeblich bedingt durch den Erfolg der Neo-Noise-Wave-Band Die Nerven, Hamburg in Sachen Musik-Stadt-Kopplung fast den Rang ab. Unter diesem Aspekt müsste die Münchner Band Endlich Rudern eigentlich Stuttgart hinter ihren Namen schreiben. Denn genre-geografisch gesehen, ließe sich der etwas schrammelige Post-Punk des Trios dort gerade am ehesten einordnen. Ach, aber diese Musiker sind ein bisschen schelmisch. Und anstatt sich irgendein Genre oder Stil für sich auszusuchen, arbeiten sie mit einer etwas absurden Zusammensetzung und beschreiben ihre Musik als Münchner Schule. Das ist insofern lustig, als dass man in Deutschland München eher nicht so sehr mit einer besonders erfolgreichen Pop-Musik-Spielart verknüpft. Am ehesten noch vielleicht mit Disco, doch diese Ära ist lange her. „Wir kommen aus keiner Schule. Deswegen haben wir auch die Münchner Schule gegründet“, erklärt hingegen Sänger und Gitarrist Max Weigl. Denn sie fühlen sich weder mit der Hamburger Schule besonders verbunden, noch mit anderen Münchner Bands. Also eine eigene Schule für sich selbst gründen und darin dann doch recht eigenständigen Post-Punk spielen, das tut der Münchner Szene auf jeden Fall ausgesprochen gut. Die Musik klingt etwas verloren, rissig und schrammelig. Doch das klassisch mit Gitarre, Bass und Schlagzeug besetzte Trio verbindet so zwei Stile der Geschichte der Gitarrenmusik: Grunge und Post-Punk. Der Beginn des Tracks „Augen aus Plastik“ etwa erinnert an Nirvanas „About a Girl“, der Gesang aber lehnt sich eher an die deutschtextenden Slacker der frühen Hamburger Schule an. Die Anti-Haltung aber haben sie aus dem zeitgenössischen Stuttgart importiert. Wirklich spannend wird es aber, weil Endlich Rudern mit diesem Stil gerade den Münchner Bandwettbewerb „Sprungbrett“ gewonnen haben. Und aus der Münchner Bandszene heben sie sich insofern ab, als dass sich hier in jüngster Zeit stilistisch eher die am Indie-Mainstream- orientierten Künstler durchsetzen konnten. Bemerkenswert ist dabei auch, dass Endlich Rudern ihr erstes richtiges Konzert erst in der ersten Runde dieses Wettbewerbs gegeben haben. Dass diese knarzige und zum Teil lärmende Musik aber in diesem Wettbewerb überzeugen konnte und vor allem so pointiert klingt, liegt wohl auch daran, dass die drei Musiker bereits Band-Erfahrung haben. Bassist Felix Nagel und Schlagzeuger Simon Richter kennen sich aus der Indie-Pop-Band Line Walking Elephant.

Text: Rita Argauer

Foto: Basti Duerst