Um guten Sound zu machen, muss man nicht mehr zu großen Major-Produktionen rennen. Mittlerweile geht das auch wunderbar im hauseigenen Laptop-Tonstudio. Manchmal dauert es dann zwar, wie bei der Band Beatnikboy, etwas länger, bis die EP erscheint, aber die angehenden Münchner Elektro-Pop-Platzhirsche sind dennoch siegessicher.
Ein paar Münchner Musiker wollen es gerade wissen. Sie wollen wissen, ob Musik – obwohl sie autonom in Do-it-Yourself-Manier produziert wird – zum Lebensinhalt werden kann, respektive den Lebensunterhalt bezahlen kann. Und ob man als jugendlicher Underground-Musiker mittlerweile im hauseigenen Laptop-Tonstudio derartige Sounds produzieren kann, die vor einigen Jahren noch den großen Major-Produktionen in professionellen Riesenstudios vorbehalten waren. Auch, ob man, ohne dass man von einem Management zusammengecastet wurde, an die Spitze des Mainstream-Pops gelangen kann, auch, wenn es den ja eigentlich (mit Ausnahme von Rihanna und Beyoncé vielleicht) gar nicht mehr richtig gibt. Die Münchner Band Cosby etwa versucht das gerade, oder auch Claire, deren Single zumindest im vergangenen Jahr bei Germany’s Next Topmodel lief und die gerade an ihrem zweiten Album arbeiten. Auch Kytes, die ehemalige Indie-Schülerband, sucht nun den Anschluss an den großen Markt, den etwa die Truderinger Exclusive mit Major-Plattenvertrag schon gefunden haben. Gerade letztere dürften aber mit ihrem eher untergegangen zweiten Album erfahren haben, dass sich die Verheißungen des Mainstreams auf Dauer vielleicht auch nicht erfüllen.
Das Münchner Trio Beatnikboy hingegen befindet sich gerade am Anfang dieses Weges: Nach vier Jahren Bandgeschichte haben sie nun ihre erste EP fertig gestellt. Und für die Veröffentlichung am Mittwoch, 23. März, sprang das Berliner Label Motor Music an. Doch wenn man sich die EP mit dem, nicht wenig wollenden Titel „Empire“ anhört, ist auch klar warum. Beatnikboy versuchen sich damit der Bewegungen an Münchner Underground-Produktionen, die allesamt nach großgedachtem Mainstream klingen, anzuschließen. In den Songs wird so gewalttätig auf die Party-Synthesizer gedrückt, dass man glaubt, die Band wolle sich das Monopol für den Autoscooter-Soundtrack der kommende Jahre sichern. Sänger Moritz Grassinger streut in seinen hymnischen Gesang „E-Ohs“ und „Whoaas“ und bezeichnet sich und seine musikalische Szene im Song „Lions“ selbstbewusst als „Löwen“, denen man jetzt aus dem Weg zu gehen habe – die Münchner Elektro-Pop-Platzhirsche sozusagen, die dem Zeitgeist eine gleichnamige Hymne schreiben und zwischen Heimatseligkeit und Kosmopolitentum München den Glamour großer Disko-Produktionen zurück geben wollen, den die Stadt das letzte Mal in den Achtzigerjahren spüren durfte.
Das Wissen, wie man solche Songs schreibt, haben die drei Musiker. Seit Teenager-Zeiten machen sie Musik – der Stil wechselte von Funk- und Hip-Hop-Combos, von frühen 8-Bit-Synthesizer-Experimenten und bis zuletzt in der Indie-Pop-Band Teilzeitdenker. Seit vier Jahren arbeiten sie nun als Beatnikboy zusammen. Wer dabei an den drogenverhangenen und halluzinogenen Blick der Beatniks der Sechzigerjahre denkt, liegt falsch. Denn Beatnikboy machen Musik, die gerade heraus und ohne psychedelische Verdrehungen funktioniert. Sie sind, wie der Name schon sagt, Söhne dieser frühen Pop-Bewegung. Und die Söhne müssen die Rebellion der älteren Generation nicht mehr austragen. Vielmehr produzieren sie Kunst, die konsensfähiger ist als etwa die so neu politisierte Beyoncé. Doch in einem gewissen Sinne ist das im Mainstream sogar subversiv: Immerhin zeigen sie den großen und mächtig gut bezahlten Produzenten, was die können, können sie zu einem großen Teil in ihren Kellerstudios auch. Das erfindet nun die Musik nicht neu, untergräbt aber die Vermarktungsmechanismen der Entertainment-Industrie.
Stil: Elektro-Pop
Besetzung: Moritz Graßinger (Gesang, Synthesizer, Gitarre), Julo Bernhard (Gesang, Synthesizer, Gitarre), Martin Schneider (Schlagzeug, E-Drums, Sampler)
Aus: München
Seit: 2012
Internet: www.beatnikboy.de
Foto: Beatnikboy
Von: Rita Argauer