Foto Katharina Pflug

Band der Woche: Ark Noir

Eine Jazz-Quintett-Besetzung, angereichert durch Synthesizer und Samplepads und bis zur Unkenntlichkeit verfremdet durch eine Vielzahl von Effektgeräten: Das sind die Ark Noir.

Von Maximilian Mumme

Im Weltall herrscht Stille. Nur ein leises, verhalltes Klavier erfüllt den unendlichen leeren Raum. So klingt zumindest das filmmusikalische Klischee. Doch lässt das Universum durch den Fakt, dass im Vakuum eigentlich überhaupt kein Schall existiert, vielfältigen klanglichen Interpretationsspielraum. Während im Science-Fiction-Klassiker „Star Wars“, inspiriert von Gustav Holsts „Die Planeten“, interstellare Welten mit Pauken und Fanfaren untermalt werden, zeichnet Synthesizer-Pionier Brian Eno das All als einen einstündigen wabernden Klangteppich aus synthetischen Streichersounds. Für Komponist Hans Zimmer wiederum ist im Soundtrack zu „Interstellar“ eine majestätisch crescendierende Kirchenorgel das tragende Element, um die unbegreiflichen Weiten des Universums darzustellen.

Auch für die Münchner Band Ark Noir sind zukünftige Welten und die Menschheit im Space Age zentrale Bilder, die sie mit ihren Songs entwerfen. Die Mittel ihrer Wahl: eine Jazz-Quintett-Besetzung, angereichert durch Synthesizer und Samplepads und bis zur Unkenntlichkeit verfremdet durch eine Vielzahl von Effektgeräten. Zum Release ihres Songs „Arkomplex“ schreiben sie: „Sam brachte diesen Song mit von einer Expedition zurück ins Jahr 2031.“
Einige Jahre vorher, also 2015, formieren die Jazz-Studenten Moritz Stahl, Robin Jermer, Tilman Brandl und Marco Dufner für ein Spontankonzert eine Band. Die Chemie stimmt sofort und sie beginnen, für das Bachelor-Abschlusskonzert von Bassist Robin erste eigene Songs zu schreiben. Mit dem Einstieg von Keyboarder Sam Hylton ein Jahr später beginnt sich der Bandsound der aktuellen Form zu anzunähern. Doch dieser Sound ist keinesfalls in seinem Endstadium angekommen. Er entwickelt sich ständig weiter, denn die Musik von Ark Noir ist hoch experimentell. In komplexen, progressiven Songs verbinden sich psychedelische Klangflächen mit Trap-Beats, Sinus-Subbässe mit arpeggierten Synth-Riffs und repetitive technoide four-to-the-floor-Grooves mit der Freiheit der Improvisation: Zwar sind die Songs in ihrer Form durchkomponiert, doch einzelne Teile sind dehnbar und lassen Raum zur musikalischen Entfaltung. „Abgesehen von den Stücken gibt es live aber auch Parts, wo wirklich gar nichts ausgemacht ist, wo wir zwei bis drei Minuten komplett improvisieren“, erklärt Schlagzeuger Marco.

Inspiration ziehen die fünf Musiker aus den unterschiedlichsten Quellen und Stilistiken, begonnen bei Herbie Hancock, Miles Davis und Lennie Tristano, die zu den ersten Musikern zählen, die elektronische Klangerzeugung im Jazz einsetzten, über die Musik zur Serie „Twin Peaks“ bis hin zu kontemporären Popmusikern. An David Bowie, in dessen Schaffen das Weltall ebenfalls eine dominante Thematik war, schätzen sie „diesen düsteren, diesen mächtigen Vibe“, sagt Moritz, Saxofonist der Band.

Doch den größten Einfluss auf den Bandsound hat Beatmusik wie die der Produzenten Flying Lotus und Thundercat. „Wir versuchen, elektronische Beats, die am Computer oder mit Samples produziert wurden, live auf Instrumenten zu spielen. Mit Effekten wollen wir das in die gleiche Soundrichtung bringen, aber weil es live gespielt ist, bleibt es organisch“, sagt Moritz. Keyboarder Sam fügt hinzu: „Auf der Bühne wird alles analog und in Echtzeit erzeugt, ganz ohne Rechner.“ Heraus kommen Songs, die Stimmungen induzieren, Bilder zeichnen. Die mal zum Tanzen anregen, mal konzentriertes Zuhören verlangen. Die auf eine Reise entführen, deren Verlauf die Band bei jedem Auftritt neu auslotet.
Eine Version ihrer Stücke haben die Musiker nun auf ein Album gebannt, das 2019 erscheinen soll. Live erleben kann man Ark Noir bei ihrer selbstorganisierten Veranstaltungsreihe „Tunnel Visions“ in der Milla. Die nächste Ausgabe findet am 28. Februar statt. Hoffentlich mit neuen Mitbringseln aus 2031.

Foto: Katharina Pflug

Ark Noir

Stil: Electronic, Jazz, Alternative, Cloud-Jazz
Besetzung: Moritz Stahl (Saxofon),  Sam Hylton (Keyboard), Tilman Brandl (Gitarre),  Robin Jermer (Bass, Synthesizer), Marco Dufner (Schlagzeug)
Aus: München
Seit: 2015
Internet: www.arknoirmusic.com