Die Aggressive Swans, Janko Rašeta und Christopher Matija Chlupacek, machen Elektro-Pop, der in erster Linie tanzbar sein soll. Kennen gelernt haben sie sich aber in einem ganz anderen musikalischen Umfeld: Janko hat Gitarre studiert und Christopher ist ausgebildeter Blockflötist.
Der Schwan hat in der Kunstgeschichte eine lange Tradition. Symbolisch gesehen steht er ein bisschen für das Jenseitige und das Endliche. Schwanengesänge sind in der Musik die letzten Lieder oder Werke eines Komponisten. Und in der Romantik ist der Schwan in allen möglichen Bedeutungsfacetten präsent: Bei Wagner ist Lohengrin ein Schwanenritter und damit eben sehr rein und unschuldig. Anders als bei Parsifal, der als reiner Tor einen heiligen Schwan schießt und deshalb schließlich auf der Gralsburg einläuft. Das wohl berühmteste Werk des klassischen Balletts ist der „Schwanensee“. Nicht nur der Inbegriff der elegant-ätherischen Ballerina liegt dem Vogel da symbolisch inne. Die weiße Schwanenkönigin Odette und ihre böse schwarze Doppelgängerin Odile sind beide der Wirklichkeit längst entrückt und leben in einer Zwischenwelt zwischen Mensch und Tier und zwischen Leben und Tod.
Es ist also, rein kulturgeschichtlich gesehen, eine höchst aufgeladene Namenswahl, wenn sich ein Elektro-Pop-Duo Aggressive Swans nennt. Will man hier all den vergangenen Abziehbildern eins auswischen? Oder reizt die beiden Musiker vielleicht doch der Bezug zu diesem elegant mythischen Wasservogel? Nein, für Christopher Chlupacek und Janko Rašeta ist die Schwanensache lang nicht so bedeutungstief. Für sie sei der Name eher abstrakt, sagen sie, auch wenn ihnen auf einem Festival schon einmal ein aggressiver Schwan begegnet sei.
Doch rein ausbildungsbedingt haben die beiden schon einen Bezug zum klassischen Überbau der Schwan-Symbolik. Christopher etwa ist ausgebildeter Blockflötist, der unter seinem zweiten Vornamen auch in der Indie-Pop-Combo Matija singt. Janko hat Gitarre studiert. Und kennengelernt haben sich der Slowene Christopher und der Pole Janko 2012 an der Musikhochschule Weimar. Ein dortiger Blockflötenmeisterkurs brachte die beiden zusammen. Dann wechselte Janko zum Gitarren-Masterstudium nach Salzburg, was deutlich näher an München lag, und damit am Wohnort von Christopher. Das Pop-Bandprojekt konnte für die beiden Mittzwanziger konkret werden. Nach seinem Abschluss zog Janko nach München, das erste Konzert folgte 2016 und jüngst begann die Zusammenarbeit mit dem Schlagzeuger Leander Widmoser. Dabei entsteht Musik, die in erster Linie tanzbar sein soll und sich inhaltlich mit dem Leben und Lieben der Generation beschäftigt.
Doch was in den Worten der Musiker nach Haudrauf-Elektro klingt, ist in der Umsetzung doch um einiges feinsinniger. Die gezupften Gitarrenriffs von Janko legen sich weich in Christophers groovend-schiebenden Bass. Der Beat dazu ist eher flirrend als prollig und die erste Single „Every Teardrop“ erinnert mehr an The Cure als an Vocoder-Pop. Doch auch der Song „About You“, den sie Ende 2017 veröffentlichten und der deutlich stärker nach Synthesizer-Pop als nach den Indie-Vorbildern klingt, behält in der Melodieführung eine Feinheit, die über den schnell produzierten Hit hinausreicht. Dabei handelt es sich um Nuancen. Denn Aggressive Swans machen Popmusik, die den Leuten gefallen soll, daran lassen sie keinen Zweifel.
Dass die beiden Musiker durch ihre klassische Ausbildung jedoch auch schon mit ganz anderer Musik in Berührung gekommen sind, bleibt aber spürbar. So nennen sie den Blockflötisten Maurice Steger genauso als Einfluss wie die Elektropopper MGMT. Im August planen sie einen gemeinsamen Songwriting-Trip, um ihren Sound weiter zu verfeinern.
Text: Rita Argauer
Foto: Rue Nouvelle/Marie Gryczka