Foto: Luis Zeno Kuhn

Zeit für Veränderung

Die Zeit des Stillstands, sie ist auch eine Zeit von Möglichkeit und Wandel: Luis Zeno Kuhn, 28, porträtiert für seine Fotoserie „Corona Change“ Menschen mit neuen Frisuren.

Von Lena Bammert

Luis Zeno Kuhn, 28, saß, wie viele andere Menschen momentan, zu Hause rum – und rasierte sich erst einmal seine braunen Haare ab. Das darauffolgende Klicken seiner Kamera wurde zum inoffiziellen Startschuss der Fotoserie Corona Change.

Eigentlich fotografiert Luis die Gesichter von Schauspielern: Peri Baumeister, Simon Pearce. Oder auch Isabella Geiß, Musikerin der Münchner Band DaniDelion.

Doch dann kam Corona, Filme wurde abgesagt, Dreharbeiten unterbrochen, niemand wollte mehr wirklich Fotos machen. Aber ihr Aussehen radikal verändern, sich die Köpfe abrasieren, die Augenbrauen pink färben, einen weißen Schnauzbart stehen lassen, das wollten plötzlich sehr viele Menschen in Luis Bekanntenkreis: „Das ist wie mal eine Perücke aufsetzen, dann bist du auch auf einmal ein neuer Mensch.“

Corona bringt viele neue Facetten eines Menschen hervor, die Zeit des Stillstands, sie ist auch eine Zeit von Möglichkeit und Wandel. Wen interessiert es schon, wenn die neue Haarfarbe oder die neuen Augenbrauen nicht so toll sind, zur Zeit ist eh nichts normal und zur Not sieht es sowieso niemand.

Luis hat lange beim Film gearbeitet, im Kamera Department, bei Licht, Produktion und Planung mitgeholfen, er weiß, das äußerliche Veränderung auch inneren Wandel bewirkt: Corona Change eben.

Für seine Fotoserie radelt Luis momentan durch München, bepackt mit Schutzmaske, Handschuhe, Bettlaken und Kamera porträtiert er Menschen, die sich bei ihm melden: „Einfach nur Haare rauswachsen lassen, zählt aber nicht. Jeder Mensch muss die Veränderung sofort sehen können, egal ob er oder sie die Person kennt, sonst bringt die Serie nichts“, sagt er. Meistens stellt er dann einen Wäscheständer auf den Tisch, wirft das Bettlaken darüber und fängt an zu fotografieren, nach spätestens einer halben Stunde ist er wieder draußen. Die Fotos lädt er anschließend auf seinen erfolgreichen Instagram-Account @luiszenokuhn_portraits hoch.

Eine Frau mit rosafarbenem, schulterlangem Haar und ebenso rosafarbenem Pony blickt einem dort mit türkisfarbenen Augen etwas herausfordernd, aber lächelnd an. Auf einem anderen Foto ist das Gesicht eines schwarzhaarigen Mannes zu sehen, der eigentliche Star ist jedoch sein akkurat geschnittener Schnauzbart. Die Stoppel, die seine Kinnpartie einrahmen, zeugen noch von dem Vollbart, der davor gewesen ist. Luis’ Mutter hat sich ebenfalls von ihm porträtieren lassen, sie färbt sich schon ihr ganzes Leben lang die Haare, hat sich jetzt aber dazu entschieden, ihren Ansatz rauswachsen zu lassen, das Grau ihrer Haare zu zeigen. Genau das ist der Corona Change, den Luis einfangen möchte: „Ich finde das eine so super starke und coole Entscheidung“, sagt er.

Seine Mutter schaut etwas lächelnd und mit entschlossenem Blick in die Kamera, ihr kurzes, schwarz-graues Haar ist zurückgekämmt, sie wirkt selbstbewusst und entschlossen. Luis hat das Porträt am Dienstag gepostet, daraufhin haben sich drei weitere ältere Frauen bei ihm gemeldet, sie wollen sich jetzt ebenfalls ihren Ansatz rauswachsen lassen. Das Bild hat sie inspiriert, ihnen Mut gemacht. Die Zeit für Veränderung, sie ist jetzt.

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