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Von Freitag bis Freitag München: Unterwegs mit Nicole

Was hat eine Nacht in einem Club mit dem Aufräumen des WG-Zimmers zu tun? Warum muss man manchmal erst reden, dann tanzen? Und warum hängt ein Stock, gefunden auf dem verlassenen Olympia-Bahnhof, über dem Bett unserer Autorin Nicole? Ihr seid neugierig. Dann solltet ihr am besten lesen, was sie in dieser Woche vorhat.

Bei dem Versuch, mein Zimmer aufzuräumen, ist mir letztens ein alter Smoothie explodiert, mitten ins Gesicht. Er hatte sich durch die Gährung in den Wochen unter meinem Bett in eine Bombe verwandelt, die um ein Uhr nachts in meiner WG-Küche hochging. Ich erzähle diese Geschichte, da sie wohl am besten beschreibt, wie ich mich diese Woche gefühlt habe. Manchmal versucht man die Dinge richtig anzugehen und es mündet in Chaos. Falls jemand fragt: Mein erstes Uni-Semester läuft auf jeden Fall gut.

Ich versuche das am Freitagabend hinter mir zu lassen und starte mein Wochenende mit meiner bestbewährten Zuflucht, Musik. Erstmal digital. Noch bis zum 25. November läuft das Sound Of Munich Now Festival, so divers wie die Münchner Musikszene ist auch das Programm: 20 Tage, 20 Bands. Den Genres sind hier keine Grenzen gesetzt, irgendwo zwischen R ’n’ B und Post-Metal-Core findet sich wahrscheinlich jeder wieder. Vergangenen Samstag noch einmalig live, findet der Rest des Festivals in alter Corona-Manier online statt. Um 20 Uhr wird an diesem Freitag Malva im digitalen Rampenlicht stehen, die Musikerin feiert übrigens heute auch ihr Platten-Release: Herzlichen Glückwunsch. Ich bewege mich raus aus meinem üblichen Genre-Kosmos und lasse mich von Malvas sanfter Stimme und melancholischen Melodien begießen.

Nachdem ich Energie getankt hab, geht es los nach Wolfratshausen. Unter dem Motto „Nacht der Kollektive XL“ veranstaltet RaveStreamRadio dort heute den größten Kollektivabend des Jahres, wie sie selbst sagen. 15 Technokollektive spielen bis in die Morgenstunden im Waschmaschine Club. Also: den Waschgang auf Bass einstellen und den Dreck der Woche wegspülen lassen. Mitsamt stinkender Smoothie-Reste.

Am Samstagmittag geht es nach kurzer Verschnaufpause weiter zum MS-Bazar im MVG-Museum. Die durchgeschwitzten Klamotten der letzten Nacht werden ersetzt durch Second-Hand- und Neuware, die es auf dem rein ehrenamtlich organisierten Bazar zu kaufen gibt. Die Erlöse gehen an Betroffene von Multipler Sklerose, fünfmal im Jahr organisiert der DMSG Landesverband den Wohltätigkeitsmarkt. Abends gönne ich meinen müden Knochen ein wenig Ruhe und genieße die Musik im Sitzen, im Schwarzen Hahn an der Fraunhoferstraße.

Sonntag packe ich einen Freund ein zu einem meiner Lieblingsorte der Stadt: dem verlassenen Olympia-Bahnhof. Obwohl ich zugeben muss, dass ich nicht nur positive Erinnerungen an diesen Ort habe, nachdem ich es mal geschafft habe, mir dort beim Runterspringen einen großen Stock durch den Arm zu piksen – er hängt jetzt in einer Plastiktüte als Dekoration über meinem Bett. Guter Dinge werden wir am Sonntag über die verwucherten Bahngleise in Richtung des verlassenen Betonriesen stampfen. Auf dessen Treppen fühlt man sich, wenn man mit dem Blick den verrosteten Gleisen in den Horizont folgt, als wäre man im Post-apokalyptischen Niemandsland angekommen. Schaut man zur Seite, sieht man Wohngebiete und Autos, die an einem vorbeiziehen.

Von der Post-Apokalypse in die Jetzt-Apokalypse: Ab Montag fange ich dann an, mich wieder um die Uni zu kümmern. Am Mittwoch, nach neuer Tradition, wieder ein Harry-Klein-Besuch. „Erst reden, dann tanzen“ heißt es an diesem Abend. Bevor die Party losgeht, findet im Club eine Podiumsdiskussion statt, diskutiert wird unsere Rolle, Feminismus und Literatur beim Gestalten vom Miteinander.

Freitag wieder Schema F:  Musik, Musik, Musik. Im Import-Export spielen El Trio Salma, Anis & Karim. Zu dem Klang von neu interpretierten nordafrikanischen Klängen finde ich nach einer langen Woche auf der Tanzfläche wieder meinen Ruhepol.