Neuland: Sofa-so-good-Bar

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Ziemlich spontan war ein Freundeskreis aus Großhadern und eröffnete, als sich die Möglichkeit ergab, die Sofa-so-good-Bar. Seitdem hat Hadern eine hippe Adresse für Musik, Kabarett oder einfach Bier für unter drei Euro.

Ein Fahrrad an der Wand, ein Radio aus den Fünfzigerjahren und eine Blumenvase aus Bügelflaschen – wie ein hippes Do-it-yourself-Wohnzimmer wirkt die Sofa-so-good-Bar in Großhadern. Ein Freundeskreis aus dem Viertel hat sich mit der Eröffnung vor knapp zwei Wochen einen Kindheitstraum erfüllt. In den vergangenen Jahren hatte die Clique, die sich teils noch aus dem Kindergarten kennt, bereits mehrere Events veranstaltet, um Leben in das nachts eher schläfrige Stadtviertel zu bringen.
 Als sich überraschend die Gelegenheit ergab, eine Bar zu eröffnen, wurden in nur vier Wochen Einrichtung, Konzept und Organisation aus dem Boden gestampft – im Team. Gleichzeitig übernehmen die Freunde ein Stück Stadt-Kultur-Verantwortung: „Wir wollten ein kleines, hippes Lokal um die Ecke erschaffen, in dem man unter der Woche einen coolen Abend haben kann oder sich vor dem Weggehen in der Innenstadt trifft. Auch aus der eigenen Erfahrung heraus, dass uns so etwas hier im Viertel früher gefehlt hat“, sagt Helen Karcher, 27, über ihre Bar, die auch Musikern und Kabarettisten eine Bühne bietet. 

Adresse:  Ossingerstraße 4, 81375 München

Internetseite: www.sofa-sogood.de

Von: Richard Strobl

Foto: 

Philipp Herbster

Noch weniger Subkultur

Emanuel Eitle, 25, Initiator der Kulturjurte, gibt sein Projekt, trotz der großen Beliebtheit, nach knapp zwei Jahren auf. Ein Beispiel dafür, warum es Subkultur in München so schwer hat.

München – Das war es mit der Heimat. „Ja, ich werde München verlassen“, sagt Emanuel Eitle, 25, Initiator der Münchner Kulturjurte. Wieder verliert München eine seiner wenigen Subkultur-Stätten und mit ihr wohl auch den jungen Organisator. Nach dem Bahnwärter Thiel ist nach knapp zwei Jahren nun auch Schluss für die Kulturjurte. 

Seit Januar 2014 war das im Durchmesser knapp acht Meter große, mongolische Nomadenzelt mit seiner runden Form Begegnungsstätte und lieferte an wechselnden Standplätzen in München den Raum für alle möglichen Projekte: von Konzerten über Workshops bis hin zu Kleidertausch-Partys. So half die Kulturjurte dabei, München bunter zu gestalten und eröffnete kreativen Köpfen die Möglichkeit, ihre Ideen umzusetzen. Obwohl der Untermietvertrag für den aktuellen Stellplatz am Kolumbusplatz offiziell noch bis Juli 2016 läuft, konnten – nach Beschwerden wegen Lärmbelästigung – bereits seit April keine Veranstaltung mehr in der Jurte stattfinden. Und jetzt fehlt wohl die Motivation.

„Der Frust ist groß“, sagt Emanuel Eitle. Der junge Münchner hatte das Zelt 2013 selbst gebaut und sich seit zwei Jahren in Vollzeit um sein Herzensprojekt gekümmert. Dass jetzt komplett Schluss ist, liegt dabei weniger an der Petition, die wegen Ruhestörung eingereicht wurde. Vielmehr wirkt Emanuel Eitle entnervt von der Bürokratie. „Es herrscht eine wahnsinnig große Uneinigkeit in der städtischen Verwaltung“, sagt er. So soll seiner Aussage nach das Kreisverwaltungsreferat (KVR) etwa mehrere Standplätze für das Zelt abgelehnt haben, die ihm zuvor vom Kulturreferat selbst angeboten wurden. Zudem werde Veranstaltern oft sehr kurzfristig mitgeteilt, ob sie ihre Veranstaltung durchführen können oder nicht: „Man hat im Grunde keine Planungszeit, muss alles im Vorfeld organisieren und auch schon Geld in die Hand nehmen. In drei von fünf Fällen war es dann so, dass wir eine Absage vom KVR bekommen haben und alle Zeit, Kraft und Geld umsonst investiert hatten.“ 

Darauf hat Emanuel Eitle keine Lust mehr. Deswegen geht er jetzt wohl zum Studium nach Bonn. Ein Teil seines Teams versucht währenddessen, die Jurte anderorts wieder aufzubauen. Dort am Kolumbusplatz, wo jetzt noch ein verlassenes Zelt steht, soll dann ein Studentenwohnheim gebaut werden. Die Frage, wo diese Studenten zwischen den Prüfungen ihre Ideen und ihre Freiheit ausleben sollen, bleibt unbeantwortet.  

Von: Richard Strobl

Foto: Axel Hebenstreit – lichtseelen.com

Stadt-Land-Rock-Festival 2016 Preview: die Bands am Donnerstag, 21. Juli.

Auch 2016 feiern wir beim Stadt-Land-Rock-Festival auf dem Tollwood. An drei Tagen gibt es insgesamt zwölf Bands und Einzelmusiker zu hören. Hier stellen wir euch die ersten Vier vor.

Vertigo

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E-Gitarren Riffs, sanft gezupfte Balladen und epische
Stadionrock-Momente. Alles ist auf der 2014 erschienen Fünf-Song-Ep „V“ von Vertigo zu finden. Musikalische
Einflüsse von Foo Fighters bis Kings of Leon werden uns auf der Internetseite versprochen und genau
das bekommen wir auch. Doch eines bleibt der Sound trotz aller Rotzigkeit
immer: unglaublich harmonisch und stimmig. 

Man erkennt sofort wie viele
Gedanken sich die Band bei der Zusammensetzung der einzelnen Instrumenten- und
Gesangsparts gemacht hat. Das erinnert
eben vor allem an die genannten Foo Fighters. Alles ist an seinem Platz und
ergänzt sich zu einer Wand aus Rock und Emotionen. Stichwort Emotionen: Die
Stimme von Sänger Mario Hain gibt Vertigo
ihren speziellen Klang. Ob er kratzig seine Wut hinausschreit oder in höchster
Kopfstimme sanftere Gefühlslagen nach außen trägt: man glaubt ihm, was er
besingt.  Und das obwohl der Bandname Vertigo eigentlich mit „Schwindel“
übersetzt wird. 

Gespielt wird seit 2012 in klassischer Vier-Mann-Besetzung, bestehend aus Bass
(Sebastian Stöckl), Schlagzeug (Wolfgang Winkler) und zwei Gitarren (Mario Hain
und Andre Akansu). Dass dieses Musikkonzept auch Live aufgeht, belegen die vier
Musiker von Vertigo mit der Vielzahl
von gewonnen Titeln bei zahlreichen Bandcontests. Neben dem  MucKing (2013) wurde auch der Amper Slam
Contest (2014) und der House of Music Contest (2014) gewonnen. Beim SPH
Bandcontest wurden sie 2014 außerdem als beste Band Süddeutschlands
ausgezeichnet. Ganz aktuell wurden sie beim Sprungbrett-Wettbewerb auch noch zu Münchens Band des Jahres 2016 gewählt. Der Pokalschrank ist also schon gut gefüllt. Sie haben aber
bestimmt weiterhin genug Energie, um am Donnerstag, 21. Juli, auf dem
Stadt-Land-Rock-Festival 2016 die Zuschauer ins Schwitzen zu bringen.

Videolink: 

Vertigo – Feel

The Black Submarines

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Hier ist Rockmusik noch echt: die vier Jungs von The Black Submarines stellen sich gegen
den Zeitgeist. Kein Synthie, kein Autotune, kein Firlefanz. Einfach zwei
Gitarren, ein Bass, ein Drum-Set, Mundharmonika und dazu mehrstimmiger Gesang.
Das ist das Rezept für melodische Blues-Rock-Songs und einige wirklich
beeindruckende Auftritte. Wenn Sänger Richy Lee Strobl, wie ein sanfter Riese
im Auge des Sturms seiner um ihn herumwogenden Mitmusiker steht, wenn Gitarrist
Benny May sich irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn die Seele aus dem Leib
spielt und wenn Bassist Charly Muschol zusammen mit Drummer Sascha Dick rollend-tanzbare Rhythmen fabriziert, dann weiß der Zuhörer wieder was Rock’n’Roll mal
bedeutet haben könnte.

Die vier Musiker haben vor Kurzem erst ihr neues Album
„Opals“ veröffentlicht, hier haben sie ihre Entwicklung konsequent fortgesetzt.
Sie schlagen in eine Kerbe, in die auch Münchner Bluesrockszenegrößen wie The Whiskey
Foundation oder die Bequerels schlagen.
Die Lieder irgendwo zwischen ruhig-melancholisch und treibend-hoffnungsvoll,
die Instrumente kundig gespielt und sauber abgemischt.

The Black Submarines stehen
für eine Münchner Szene, die zwar noch irgendwo unter dem Radar stattfindet,
die aber auch Dank der vier talentierten Musiker sehr schnell an die Oberfläche
dringen könnte. Wie ein U-Boot eben. Auf dem Stadt-Land-Rock-Festival 2016
zeigen The Black Submarines am
Donnerstag, 21. Juli, wie zeitgemäß Blues und Rock’n’Roll sind.

Videolink: The Black Submarines – Far Down South

The Charles

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Platten von Blues-Rock-Urgesteinen wie Led Zeppelin und
New-Wave-Blues-Rock-Größen im Stile von Rival Sons stehen bei The Charles wohl eher selten im Regal,
sondern drehen sich in Dauerschleife. Unter dem Titel Geheimtipp läuft die Band dabei schon seit ihrem
Auftritt bei Rock im Park (2014) nicht mehr. Seitdem ist aber auch viel
passiert. Vor allem der neue Sänger Xavier D’Arcy veränderte 2015 noch einmal
die Vorzeichen. 

Über die Liebe zu alter, breitbeiniger Rock-Musik haben sich
Band und neuer Frontmann gesucht und gefunden. Seine hohe Stimmlage setzt nun
den perfekten Gegenpart zu dem dumpf-rollenden Teppich dahinter. Fuzz-Gitarren-Riffs
gepaart mit einer gelöst-treibenden Rhythmus-Sektion (Konna Solms – Gitarre;
Emi Obermeier – Schlagzeug; Maxim Frischmann – Bass & Saxophon). Die Band
versteht etwas von ihrem Handwerk und Xavier D’Arcy hat alle Freiheiten seine Emotionen
in den Gesang zu legen. Für ihn dürfte die Band dabei ein interessanter
Gegenpol zu seinem Akustikgitarren-dominierten Solo-Projekt darstellen. 

Am 3.
Juni erschien das erste gemeinsame Album „Rhythm & Fiction“- auf dessen,
ganz in Rot und Schwarz gehaltenem, Coverbild die Köpfe der Musiker scheinbar eine
Wand durchbrechen. Vielleicht ist die Wand aber auch ihre eigene Musik, die
immer näher auf uns zu kommt und an deren Spitze D’Arcy sirenenhaft unsere
Aufmerksamkeit inne hat. Viel Tanzen und noch mehr Schwitzen, das verspricht
der Sound von The Charles für jedes
Live-Konzert und wir freuen uns, dass sie am Donnerstag, 21. Juli, bei uns auf
der Stadt-Land-Rock Bühne stehen werden.

Videolink: 

The Charles – Hoodoo

Paul Kowol

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Mit rauchig-sanfter Stimme besingt Paul Kowol  Sommergefühle – sehnsüchtig,
aber immer positiv. Sein Sound lädt ein zum Augenschließen und Träumen – in
Gedanken fliegt man zu weiten Stränden, Palmen, Sonnenuntergängen, dem letzten
Urlaub oder einfach einem schönen Abend am Flaucher. Live steht der Wuschelkopf meist allein, mit
der Gitarre um den Hals, auf der Bühne. Und das reicht völlig um die Zuschauer in seine Musikwelt mitzunehmen. Erst 2015 hat Paul die Schule abgeschlossen,
seitdem ist viel passiert: Eine Vielzahl an Konzerten wurde gespielt und sogar
in die BR-Heimat-Sendung „Habe die Ehre!“ hat Paul Kowol es gebracht. Das klingt alles nach dem perfekten Sound,
um mit ihm am Donnerstag , 21. Juli, einen wunderschönen, entspannten Abschluss
auf unserem ersten Stad-Land-Rock-Festival-Tag
zu erleben.

Videolink: Paul Kowol – Fall in Love

Text:

The Black Submarines: Philipp Kreiter

Vertigo, The Charles, Paul Kowol: Richard Strobl


Fotos:

Vertigo: Laura Fiona
Holder Photography

The Black Submarines:
Philipp Decker

The Charles: Janko
Raseta

Paul Kowol: Tom Kowol

Neuland

Der Verein NeuLand hat Flüchtlingen per Blog eine Plattform geschaffen um sich ausdrücken zu können. Am zehnten Juni erscheint jetzt die erste Print-Ausgabe der NeuLand-Zeitung.

„Nur das Unbekannte ängstigt den Menschen. Sobald man ihm die Stirn bietet, ist es schon kein Unbekanntes mehr“, sagte schon Antoine de Saint-Exupéry. 

Nach dieser Idee versucht der Verein NeuLand seit vergangenem Oktober, Flüchtlingen und Migranten in Deutschland mit einem Blog ein Sprachrohr zu schaffen. Denn man liest vieles über Flüchtlinge, aber nur sehr selten etwas von Flüchtlingen. Dadurch, dass sie ihre Geschichten, aktuellen Problemlagen oder Sichtweisen über die eigene Situation und einen möglichen Umgang damit aufschreiben, wird ein Austausch möglich, den Berichte über Geflohene nicht bieten können: einen Austausch von Mensch zu Mensch. 

Schon im März berichtete die Junge-Leute-Seite über Neuland und über den Plan, den Online-Blog in Zukunft auch im Druckformat erscheinen zu lassen. Jetzt ist es soweit: Am 10. Juni feiert NeuLand im Lost Weekend (Schellingstraße 3) Paper-Release. Die Autoren werden aus der aktuellen Ausgabe vorlesen, außerdem wird sich auch das Redaktionsteam vorstellen. Eines bietet der Abend ganz sicher: einen Ort der Begegnung und des Austausches.  

Von: Richard Strobl

Foto: Friederike Krüger

Veranstaltungslink: https://www.facebook.com/events/247728362257699/

Alles unter Controller

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Der Münchner Fred
Fischer, 28, hat eine der größten
Nintendo 64 Spiele-Konsolen-Sammlungen weltweit. Zum 20 jährigen Jubiläum der
Konsole ist seine Sammlung im August sogar auf der Gamescom zu sehen. Wir haben
ihn gefragt, wie es zu dieser Leidenschaft kam und ob er denn trotzdem auch
noch das Haus verlässt.

Im Vergleich zu GTA5 oder Fallout klingen Mario Kart und Zelda irgendwie nach grauer Vorzeit im Grob-Pixel-Format. Nintendo 64 hieß eine der beliebtesten Spiele-Plattformen von früher. In Zeiten, in denen die Vinyl-Schallplatte die CD wieder aus vielen Wohnzimmern verdrängt, dürfte es aber kaum verwundern, dass auch alte Spiele-Konsolen Bewunderer finden. So wie bei Fred Fischer. Der junge Münchner hat vor knapp vier Jahren angefangen, Nintendo 64-Konsolen zu sammeln. Mittlerweile hat er mehr als 40 Exemplare und somit eine der größten Sammlungen weltweit. Zum 20-jährigen Bestehen der Konsole ist seine Sammlung im August sogar auf der Gamescom zu sehen.

SZ: Wie wohnt es sich als Spielekonsolen-Sammler? 40 Konsolen – da bleibt nicht mehr viel Platz für andere Sachen …

Fred Fischer: Na ja, es ist schon so, dass die Konsolen unglaublich viel Platz einnehmen und eigentlich jede Wand damit voll steht. Aber es ist jetzt kein Messi-Haufen, sondern die sind alle geordnet und sortiert und in Schränken, dass es schön aussieht. Das ist wie so ein kleines Mini-Museum. Ich spiele ab und an ein paar Multi-Player-Games, wenn ein paar Freunde da sind, aber letztlich bin ich nicht mehr so der Zocker, sondern eher der Sammler.

Freunde kommen vorbei  … Das heißt, du bist nicht nur ein Konsolen-Nerd, sondern hast auch noch ein Leben mit sozialen Kontakten?

Ja, definitiv. Klar, meine Freunde wissen, dass ich das mache. Aber es stößt natürlich nicht überall auf ein so großes Interesse, weil es ja ein spezielles Hobby ist. Obwohl meine Freunde auch gerne mal vorbeikommen und eine Runde Mario Kart oder ähnliches spielen.

Trotzdem: Würdest du dich denn selbst als Voll-Nerd bezeichnen?

(lacht) Nein, eigentlich überhaupt nicht. Ich habe ja auch meinen normalen Job und ein Privatleben, das gar nichts mit den Konsolen zu tun hat. Aber klar, wenn ich dann mal zu Hause bin und Zeit habe, widme ich mich oft meinem Hobby und das ist natürlich schon sehr nerdy.

Wie hat das Ganze denn angefangen?

Vor knapp vier Jahren bin ich eigentlich zufällig an einem Retro-Store vorbeigelaufen und habe eine N 64 im Schaufenster gesehen. 

Eine N 64  …

Eine Nintendo 64. Da dachte ich mir, wie cool es wäre, mal wieder die alten Spiele zu spielen, die ich aus meiner Kindheit in unglaublich guter Erinnerung hatte. So habe ich mir dann nach 20 Jahren wieder eine N 64 gekauft. Irgendwie hat mich dann die Konsole selbst, also die Hardware, mehr interessiert als das Spielen an sich. Das Ganze ist offensichtlich aus dem Ruder geraten, heute habe ich mehr als 40 Konsolen-Variationen und mehr als 100 Controller-Variationen und sammle leidenschaftlich weiter.

Du sammelst mittlerweile nicht mehr nur zu Hause: Vom 18. bis zum 21. August stellst du deine Sammlung auf der Gamescom in Köln aus. Wie ist es denn dazu gekommen?

Irgendwann hat meine Konsolensammlung in den Online-Foren Aufmerksamkeit bekommen, weil sie immer größer geworden ist. So wurden ich und ein Kollege Ende April zur „langen Nacht der Computerspiele“ nach Leipzig eingeladen. Das passte ganz gut, weil Nintendo 64 gerade 20-jähriges Bestehen feiert. Nachdem das so gut gelaufen ist, wurden wir dann auf die Gamescom eingeladen. Und dort stellen wir im August in mehreren großen Vitrinen die komplette Konsolen- und Controller-Sammlung aus.

Gleichzeitig baust du die Internetseite Consolevariations.com auf. Was passiert dort genau?

Das ist letztlich aus der Sammelleidenschaft heraus entstanden. Ich wollte herausfinden, welche Konsolen es auf der Welt überhaupt gibt. Und da ist mir aufgefallen, dass es keine Internetseite gibt, die wirklich konsequent alle Konsolenvariationen auflistet. 

Eine Art Wikipedia für Nerds?  

Genau. Deswegen habe ich mir mit einem Freund aus Holland überlegt, dass wir das jetzt machen. Wir haben mit den fünf größten Konsolenherstellern angefangen und katalogisieren jede Konsolen-Variation, alle Controller-Variationen, und, was am schwierigsten ist, sogar alle Verpackungsvariationen. Bisher haben wir circa 5000 Bilder, die wir nach und nach auf der Seite einarbeiten. Wir gehen davon aus, dass es aktuell knapp 10 000 Einträge werden müssen, um eine komplette Liste zu haben.

Wozu braucht man so eine Liste?

Das ist einfach eine Datenbank-Seite, auf der Konsolen-Interessierte herausfinden können, ob es zum Beispiel eine goldene N 64-Konsole gab. Es geht eben darum, dass Sammler endlich Referenzen haben, was es alles gab. Und abgesehen davon ist es auch sehr interessant, das selbst herauszufinden (lacht).

Was sind denn die weiteren Pläne mit der Sammlung – was kommt nach der Gamescom?

Ich habe natürlich nie erwartet, dass ich meine Sammlung irgendwann ausstellen werde. Auch, dass es dafür überhaupt eine Nachfrage gibt, hat mich total überrascht. Das kam erst dieses Jahr. Jetzt muss man sehen. Wir haben ja relativ schnell das größte Ziel erreicht, weil die Gamescom das größte Event ist, das es in dem Bereich gibt. Wenn weiterhin Interesse daran besteht, bin ich natürlich auch in Zukunft gerne bereit, meine Sammlung auszustellen. Aber im Moment bin ich einfach generell sehr zufrieden, wie weit sich mein Hobby bereits entwickelt hat.

Interview: Richard Strobl

Foto: Don Fillerup

Internetseite: http://www.consolevariations.com/

Mein München: Durch das Fenster auf die Bühne.

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Jake Paul fängt mit seiner Kamera Emotionen ein – besonders gerne von Münchner Musikern.

Der Schein trügt: Amanda Naughton spielt nicht etwa mit den Zähnen auf ihrer Gitarre, sie schreit bei ihrem Platten-Release-Konzert in ihr Instrument. Jakob Paul Stumpf, 26, hat diesen Moment voller Emotion eingefangen. Der Münchner knipst am liebsten Menschen, so kann er beim Fotografieren interagieren, denn „etwas zusammen zu schaffen, ist immer schöner, als wenn man alleine ist“, sagt er.
Von Club-Fotos über Hochzeitsfotos bis hin zu Mode hat Jake Paul, wie er sich als Künstler nennt, schon alles abgelichtet. Sein Fokus sind aber vor allem Münchner Musiker, von denen er sowohl klassische Bandporträts anfertigt, als auch ihre Live-Performances mit seiner Kamera einfängt. Wie im aktuellen Bild von Amanda Naughton, die Jake seit knapp einem Jahr persönlich kennt, und die ihn darum bat, Fotos von ihrer Release-Show zu machen. „Normalerweise antizipiere ich, was der Künstler machen wird, und suche mir eine Position“, sagt er. Für das Foto musste er aber ziemlich improvisieren, obwohl er wusste, dass Amanda bei einem ihrer Songs in die Gitarre schreien wird. Als der Moment kam, hatte er aber lediglich die Rückseite der Gitarre vor dem Objektiv. „Also bin ich schnell nach draußen gegangen und habe durch das Fenster fotografiert.“ 

Webadresse: https://500px.com/jakepaul

Von: Richard Strobl

Foto: Jake Paul

Zufallsstudium

Jonas Friedhoff, 24, folgt in seinen Freistunden an
der Uni einfach unbekannten Studenten in deren nächste Vorlesung. Dabei kann
natürlich alles passieren. Auf Basis seiner Idee beginnen wir kommende Woche
mit unserer neuen Reihe “Zufallsstudium“. Zum Anfang haben wir mit Jonas
gesprochen, was er schon alles erlebt hat.

Wir alle kennen das: Wir sehen jemanden auf dem Campus
und fragen uns, was dieser Mensch eigentlich macht. Aussehen und Kleidung
lassen uns vielleicht etwas vermuten, aber ganz sicher sein kann man sich nie.
Was studiert der Junge mit den Dreadlocks wirklich? Welchen Kurs besucht das Mädchen,
das in der U-Bahn neben uns saß? Das ist die eine Seite. Die andere: Jeder
Student hat sich bestimmt schon einmal gefragt, was man denn zum Beispiel in
Sinologie oder auch Mikrobiologie lernt. Aber einen derartigen Kurs hat man
trotzdem nicht besucht, dafür reicht das Interesse dann oft nicht. Genau um
diese Bildungslücken zu schließen, starten wir kommende Woche unsere neue Reihe
„Zufallsstudium“, bei der wir einem zufällig ausgewählten Studenten in eine
Vorlesung folgen und berichten, was wir dort erlebt haben. Die Idee dazu
lieferte uns Jonas Friedhoff, 24. Der Philosophie- und Physikstudent betreibt
seit Anfang des Sommersemesters seine eigene Mikro-Sozial-Studie, nach genau diesem Prinzip.

SZ: Wir nennen unsere Reihe „Zufallsstudium“ wie würdest du es nennen?

Jonas Friedhoff: Langeweile vertreiben hauptsächlich
(lacht). Es ist wirklich aus Langeweile entstanden, weil ich wegen meines
Parallel-Studiums öfter größere Lücken im Stundenplan habe. Und für eine oder
zwei Stunden lohnt es sich nicht wirklich, nach Hause zu fahren.

Zugegeben, das kennt man. Aber deswegen folgt man nicht wildfremden
Studenten. Wie kamst Du dazu?

Am Anfang des Semesters hatte ich eben solche
Freistunden, es war schlechtes Wetter und ich hatte nichts zu tun, weil das
Semester gerade erst angefangen hatte. Da bin ich auf die Idee gekommen, ich
könnte mir mal einen Kurs außerhalb meines eigenen Studiums ansehen.  Aber im Vorlesungsverzeichnis nachsehen,
welche Veranstaltung wo ist, wollte ich auch nicht. Mein Gedanke damals: Ich
kann auch einfach einem Studenten folgen und mich mit in seinen Kurs setzen.
Dann saß ich plötzlich in einer Vorlesung zu Makroökonomie, was mal etwas ganz
anderes war. Als die Situation zwischen meinen eigenen Kursen wieder kam, habe
ich mir gedacht: beim letzten Mal hat es ja irgendwie Spaß gemacht und bin dann
der nächsten Person gefolgt. 

Wie läuft das denn genau ab?

Es gibt letztlich zwei Ansätze: Entweder ich suche mir
interessant aussehende Personen aus. Oder manchmal auch Leute, die total
langweilig aussehen und folge denen einfach in eine Vorlesung oder ein Seminar.
Wobei es mit Seminaren manchmal problematisch ist, wenn da plötzlich ein neuer
Student auftaucht. Da kann man dann schnell im Internet mit dem Handy
abchecken, was das genau für eine Veranstaltung ist. Oder ich setze mich ins
Audimax, beziehungsweise bleibe in dem Raum sitzen, in dem ich gerade selbst
eine Veranstaltung hatte. Also nach der Idee: Was passiert nach oder auch vor
meinem eigenen Kurs.

Wie oft machst du das denn? Und welche Studiengänge hast du mittlerweile
schon besucht?

Ich mache das circa zwei bis dreimal die Woche.
Angefangen habe ich ja erst mit diesem Semester, aber es dürften jetzt schon um
die 20 Veranstaltungen gewesen sein. Da war wirklich alles dabei: Von
Theaterwissenschaften über Jura bis hin zu Medizin.

Wie wählst du denn die Studenten aus, denen du folgst?

Das läuft wirklich rein zufällig. Oft suche ich mir
Leute aus, bei denen ich ein relativ festes Bild davon habe, was die studieren.
Das stimmt dann so gut wie nie. So baut man auch ganz heftig Vorurteile ab. Das
war zum Beispiel sehr lustig: Da war ein Student mit Dreads, dem Klischee nach
ein Sozialpädagogik-Student. Ich bin ihm gefolgt und war plötzlich in einer
Medizinvorlesung . Es passieren eben Dinge, mit denen man nie gerechnet hätte.
Es gab nur einmal den Fall, dass ich, wie erwartet, in einer Jura Vorlesung
gelandet bin, das Aussehen für mich also zum Studium gepasst hat.

Was ist denn das Interessante daran?

Man lernt letztlich völlig neue Denkansätze kennen.
Manchmal wundert man sich aber auch, über was die Menschen nachdenken in ihrem
Studium. Mittlerweile denke ich mir aber auch oft in meinem eigenen Studium:
was würde ein Außenstehender zu unserer Diskussion sagen. Also was wäre, wenn
ein anderer Zufallsstudent hier sitzen würde, der noch nie etwas mit dem Thema
zu tun hatte.

Interview: Richard Strobl

Foto: 

Jean-Marc Turmes Photography

Groß geträumt

Die 23-jährige Musikerin KiMiRA richtet sich in einem
Youtube-Video direkt an die Band AnnenMayKantereit. Der große Traum: ein Duett
mit ihren Vorbildern aus Köln.

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Auf einem halbleeren Pizza-Karton steht der Text „ein
Experiment von KiMiRA“. Dann sieht man eine junge, blonde Musikerin. Ganz in
schwarz gekleidet sitzt sie am ebenfalls schwarzen Flügel. Vor ihr ein
Mikrofon. Sie spielt ein kurzes Intro, beißt sich auf die Lippen, blickt kurz
in die Kamera und fängt an zu singen.

Bei Kim Mira Meyer, 23, dreht sich alles um Musik. Geboren in
Bremen, kam sie vor sieben Jahren wegen eines Klavierstipendiums nach München.
Aktuell studiert sie an den Performing-Arts-Studios in München Tanz, Gesang und
Schauspiel. Mit ihrem eigenen Musikprojekt KiMiRA steht sie noch am Anfang
ihrer Karriere. Sie kooperiert mit wechselnden Musikern und veröffentlicht ihre
Musik über Videos auf Youtube. Ganz im Stile von AnnenMayKantereit, die nicht
zuletzt wegen ihrer Live-Videos auf der Online-Plattform bekannt wurden. Mittlerweile
spielt die Kölner Band in ausverkauften Konzerthallen in ganz Deutschland.

In einer Zeit von perfekt abgemischten Alben,
Rauschunterdrückung, Autotune und von Choreografen durchdachten Videos, haben
AnnenMayKantereit ihre Fans mit ehrlichen Live-Aufnahmen – teils mit dem
Smartphone gefilmt – überzeugt. Die Botschaft: Es geht nur um Musik. Diese
Ehrlichkeit hat auch KiMiRA beeindruckt und zu ihren Videos inspiriert. So entwickelte
sich auch der Traum davon, einmal mit den Kölnern zusammen Musik zu machen. Aber
wie soll es dazu kommen? Die Idee: Warum nicht einfach fragen – per
Youtube-Video. Das hat den Vorteil, dass man sich auch noch musikalisch
vorstellen kann. Frei nach dem Motto: Warum eigentlich nicht?

Kim machte sich daran, ein Medley aus
insgesamt 15 AnnenMayKantereit-Songs zu komponieren, in dem die junge Musikerin
musikalisch, wie textlich zitiert, aber auch kommentiert und sich mit einer
Botschaft an ihre Vorbilder wendet: Sie fordert die Band dazu auf, ein Duett mit
ihr zu singen. Insgesamt acht Wochen hat es gedauert, bis das Stück bereit für die
Kamera war. In ihrem Song zeigt KiMiRA, was für ein großer Fan sie ist. Selbst
der Titel des Videos: „Für jemanden AMKlavier“ lehnt sich an das Lied „Barfuß
am Klavier“ an. Gleichzeitig hat sie hier noch das Bandkürzel AMK
(AnnenMayKantereit) integriert. 5 Minuten und 36 Sekunden lang ist der Clip
geworden. Am Ende sieht man noch kurz die Kamerafrau und gute Freundin von
KiMiRA. Alles nicht perfekt, aber genau deswegen so sympathisch.

Knapp 1100 Mal wurde das Video bis jetzt angeklickt. Um ihr
Ziel und die Kölner zu erreichen, wird noch einiges mehr von Nöten sein. Aber
KiMiRA hofft und singt: „ich träume absichtlich groß“.  Damit antwortet sie auf den AMK-Song
„21,22,23“ in dem es heißt: „du hältst deine Träume absichtlich klein“. Bislang gab es noch keine Antwort aus Köln.

Von: Richard Strobl

Foto: 

Moritz Kröger