München-Model: Verena Sedlmeier

Verena Sedlmeier hat sich die Haare schneiden lassen – für einen guten Zweck. Sie hätte ihren Modeljob verlieren können. Das war ihr aber egal.

Sie hätte ihren Job als Model verlieren können, aber das war Verena Sedlmeier, 20, egal. „Mach die Haare so kurz, wie du magst“, hat sie zu ihrem Friseur gesagt. Am Ende hatte er ihre langen braunen Haare um dreißig Zentimeter gekürzt. Die Jobaussicht war ihr in diesem Moment egal, sie wollte etwas Gutes tun.Die Haare hat sie an eine Organisation gespendet, die sich um krebskranke Kinder kümmert. 

Die Haare sind ab, auch wenn die Frisur jetzt auch nicht superkurz ist. Jetzt hofft Verena, andere Model-Jobs zu bekommen als bisher: „Ich fände es super, wenn ich anders als mit langen Haaren für Jobs gebucht werden kann, die nicht in die klassische Beauty-, sondern in eine ausgefallene Richtung gehen.“ Mit dem Modeln hat Verena im Juli begonnen, nachdem die Agenturen über Instagram auf sie aufmerksam wurden. Seitdem war sie in der Photovogue zu sehen, hatte eine Modestrecke im Fogs-Magazin und mehrere Shootings von unterschiedlichen Fotografen. Um sich auf das Modeln konzentrieren zu können, hat sich Verena nach ihrem Abitur ein Jahr Auszeit genommen, bevor sie mit ihrem BWL-Studium beginnen möchte. Doch auch wenn sie das Modeln zur Zeit als Hobby ansieht, kann sie sich vorstellen, es hauptberuflich zu machen: „Mein Traum ist es, für Dolce & Gabbana auf dem Laufsteg zu sein und viel zu reisen.“
 Von so einer Aussage darf man sich nicht täuschen lassen. Wichtig ist Verena Natürlichkeit. In ihrem Instagram-Profil lädt sie Selfies ohne Make-up hoch. Abseits des Modellebens bevorzugt sie legere Kleidung. „Mir ist es
wichtig, dass ein Mensch ehrlich und authentisch ist. Jeder Mensch ist auf
seine Art und Weise perfekt und eine Retusche ist in der Regel auch nicht notwendig.“

Foto: Stephan Rumpf

Text: Serafina Ferizaj

München-Models: David Kossi

In München leben viele schöne Menschen. Unter ihnen gibt es auch einige Models. Ob hauptberuflich, als Nebenjob oder Hobby: Wir porträtieren jede Woche ein Münchner Model und erzählen von dem Menschen hinter dem hübschen Gesicht.

„Ich bleibe einfach ich“, sagt David Kossi, 24, wenn er von Modeln spricht. Wichtig sei es, sich selbst treu zu bleiben. Da er nicht hauptberuflich modelt, kann er sich natürlich aussuchen, ob er einen Job annimmt oder nicht. „Alles mache ich nicht“, sagt er. Aktfotografie zum Beispiel.

Für die Münchner Modelabels „A Kind of Guise“, „Suck My Shirt“ sowie „New Bav“ stand er bereits vor der Linse. „Vor der Kamera zu stehen und sich Posen auszudenken, die zum Produkt passen, erfordert Kreativität“, erzählt der 24-Jährige. Das Model-Business kennt er außerdem aus einer anderer Perspektive sehr gut: Er leitet das Casting-Department einer Modelagentur in München und ist dort auch als Fotograf tätig.

Aber nicht nur beim Modeln hat David Kossi viel mit Mode und Kreativität zu tun. Durch seinen Vater, der eine Schneiderei leitet, sei er schon früh mit dem Handwerk in Berührung gekommen, habe selbst Dinge ausprobiert und geschneidert. Mittlerweile macht er unter dem Kürzel „DK“ selbst Mode. „Es ist zeitlose Kleidung für Frauen und Männer. Ich gehe nicht nach dem Hype“, sagt David, der Mode und Design an der Deutschen Pop studiert hat.

Wenn er nicht gerade in der Agentur arbeitet, selbst als Model vor der Kamera steht oder Mode designt, dann kümmert er sich um kreative Menschen. Er ist Gründungsmitglied des Coexist Collective – eines Kollektivs das Künstler aus verschiedensten Bereichen in Form von Veranstaltungen und gemeinsamen Projekten zusammenbringen will, um die Szene in München zu repräsentieren und zu vernetzen.

Foto: Robert Haas
Text: Ornella Cosenza

Musikalisch und modebewusst

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Wir porträtieren an dieser Stelle bis zur Vernissage alle 20
mitwirkenden KünstlerInnen unserer Ausstellung
“10 im Quadrat Reloaded”
 im Farbenladen – mal Fotograf, mal
Modell. Heute: Musiker Matija Kovac.

Gesang, Blockflöte, Gitarre, Bass und Synthesizer – das
alles beherrscht Matija Kovac, geboren 1995, gut. Doch die Blockflöte spielt
Matija am liebsten und am längsten – seit 16 Jahren. Weil er die Musik, die man
mit ihr machen kann, so sehr liebt, studiert er Blockflöte an der
Musikhochschule. In Matts Leben dreht sich alles um die Musik, schließlich
verdient er auch sein Geld damit. Er singt und spielt Blockflöte in der
Indie-Pop-Band Matija und in der
Alternative-Pop-Band Aggressive Swans.

Seine größte Inspirationsquelle ist David Bowie. Nicht nur wegen
dessen Musik und seiner Persönlichkeit, sondern auch weil Bowies Erscheinung
Matija inspiriert und er ihn als Modefigur gut fand. Für Matija ist es wichtig,
wie Musiker angezogen sind. „Es ist schön,
Audio und Visuelles zu verbinden“, sagt er.

Gerade befindet Matija sich im Schreibprozess, denn es ist
ein neues Album geplant – aber nicht nur das, auch eine größere Deutschlandtour
steht bevor. Bei Matija ist immer viel los. Deswegen findet er es wichtig,
einen Ausgleich zu finden – wie Konzertbesuche, Reisen, Spazierengehen oder in
einem Café zu sitzen, etwas zu lesen, einen Kaffee zu trinken und dabei
Zigaretten zu rauchen. „Ich muss auch mal eine Woche nur was für mich machen
und alles hinten anstellen“, sagt Matija.


Text: Lena Schnelle

Foto: Eva-Marlene Etzel

Neuland: Musik und Brautmode

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Die Münchner Sängerin
Verena Lederer, alias Klimt, unterstützt das Brautmodelabel „therese & luise“ mit ihrem Song

„Come with me“.

Ein paar Töne auf der Gitarre und eine warme, einfühlsame Stimme. Dazu Aufnahmen einer beeindruckenden Landschaft. Etwa eisblaues Meer, zerklüftete Steinwüsten, faszinierende Wasserfälle und unendliche Weite. Das Gefühl von Freiheit. Die sanfte Stimme, die zu den bewegten Bildern zu hören ist, gehört Verena Lederer, alias Klimt. Mit ihrem Song „Come with me“ verleiht die zarte Künstlerin dem neuen Image-Film des Brautmodelabels „therese & luise“ eine wunderbare Leichtigkeit.

Es ist eine Leichtigkeit, die nicht nur von Verena Lederers Stimme getragen wird, sondern auch visuell im Videoclip sichtbar wird. Fließende Stoffe sind da zu sehen, die der Wind davonzutragen scheint. Spitze, die sich wie ein zarter Schleier an den Körper schmiegt. Schlichte Eleganz mit viel Liebe zum Detail. „Iceland-Inside“ – so heißt die neue Kollektion von „therese & luise“, die ganz ausgezeichnet mit den Tönen der Singer-Songwriterin harmonieren. Minimalistisch, gefühlsbetont und handgemacht. So sind die Songs von Klimt. Aber auch die Schmuckstücke für Bräute, die im Einfachen das Besondere finden. 

Den Link zum Video findet ihr hier.

Text: Laura-Marie Schurer

Foto: Michael Färber

Bunte Bomberjacken

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Das Mode-Label Khala entwirft faire Mode – mit europäischen Schnitten und Stoffen aus Malawi. Weil das Start-up keine Förderung erhält, will Melanie Rödel mit Crowdfunding die Gehälter für ein Jahr sicherstellen.

Irgendwo in Giesing: Zwei Afrikaner trommeln auf ihren Bongos und ihrem Balafon, die Nachbarin beschwert sich über den Zaun hinweg über den Lärm und droht mit der Polizei. Sechs Models laufen barfuß durch die Gänseblümchen und präsentieren dem Publikum, das es sich auf Decken gemütlich gemacht hat, farbenfrohe Bomberjacken, Shorts, Röcke und T-Shirts.

Eineinhalb Jahre zuvor in Südostafrika. Melanie Rödel steht im Herbst 2015 auf einem Markt in Lilongwe, der Hauptstadt von Malawi, und bewundert die Stoffe auf dem Markt, die Farben und die Muster. „Das Erste, was mir aufgefallen ist, war, wie bunt alle Menschen gekleidet sind“, sagt sie. Das erste Mal Afrika – eine Erfahrung, die Melanie seitdem nicht mehr losgelassen hat. Hingeflogen ist sie damals mit dem Ziel, das erste Projekt von Viva con Agua Österreich in Malawi – den Bau sanitärer Anlagen – nach Jahren der Planung selbst in Augenschein zu nehmen. Zurückgeflogen ist sie mit der Idee, nicht nur etwas für die Menschen vor Ort zu tun, sondern gemeinsam mit ihnen. Das Ergebnis ist das deutsch-malawische Modelabel Khala, dessen erste Kollektion Anfang Mai nun erstmals im Garten von Melanies Wohngemeinschaft vorgeführt wurde.

Die Frau mit der angenehm tiefen Stimme hat eigentlich Psychologie und Wirtschaftswissenschaften studiert. Schon während ihres Studiums hat sie jedoch beschlossen, dass sie lieber praktisch mit Menschen arbeiten möchte, als hinter einem Schreibtisch zu sitzen. Durch Zufall wurde sie auf die damals neu gegründete Wasserinitiative Viva con Agua aufmerksam und engagierte sich mehrere Jahre für die gemeinnützige Organisation – bis ihre erste Afrikareise alles veränderte.

„Als weiße Frau aus Europa wird man in Afrika ganz absurd wahrgenommen. Ich bin mir vorgekommen wie ein Popstar“, sagt Melanie. Sie wirkt nachdenklich und streicht sich mit ihren schlanken Fingern die Haare hinters Ohr. Die Dankbarkeit der Menschen in Afrika sei zwar ein schönes Gefühl gewesen, habe für sie aber in keinerlei Verhältnis gestanden. Dieses Gefühl von Hierarchie habe sie damals sehr befremdet, sagt sie heute. So sehr befremdet, dass sie kurze Zeit später kündigte, um ihre eigene Vorstellung von Hilfe zu verwirklichen: Empowerment.

Anfangs wollte Melanie gemeinsam mit einer Kollegin die afrikanischen Chitenje-Stoffe in Deutschland vertreiben – diese Zusammenarbeit verlief sich schnell wieder. Melanies Euphorie tat das jedoch keinen Abbruch. Im Alleingang entwickelte sie die Grundidee schnell weiter und gründete Khala, das sie heute gemeinsam mit Benedikt Habermann und Hubert Mirlach führt. Fragt man nach der Aufgabenverteilung, muss Benedikt, der von allen nur Bene genannt wird, nicht lange überlegen. „Wir sind die Medienheinis, Mel macht den Rest“, sagt er und grinst. So ganz stimmt das aber natürlich nicht, denn bei einem Start-up wie Khala macht am Ende eigentlich jeder alles.

Konkret ist Hubert, kurz Hubi, aber für alles rund um das Thema Technik zuständig und Bene kümmert sich hauptsächlich um die PR-Arbeit. Gäbe es im Freundeskreis aber nicht auch noch zahlreiche Helfer, die sich als Model versuchen oder Beats für das Crowdfunding-Video beisteuern, wäre Khala gar nicht möglich – da ist sich Melanie sicher.

Auf malawischer Seite arbeiten sie mit der Designerin Nellie George-Donga und deren Schneidern zusammen, die die Kollektionen auch vor Ort produzieren. Zudem hat das Münchner Designer-Duo Piekfein Design, bestehend aus Jessica Tarisch und Christine Overbeck, die Schnitte für die erste Kollektion entworfen und soll die Designs in Zukunft mit Nellie gemeinsam erarbeiten. Deren ersten Entwürfe seien zwar schön gewesen, aber leider so ganz und gar nicht europäisch. „So etwas trägt hier kein Mensch“, sagt Melanie und muss erneut schmunzeln. Solche kleinen Schwierigkeiten bringen die sympathische Allrounderin schon lange nicht mehr aus dem Konzept. 

Zahlreiche Anträge auf Förderung hat Melanie im vergangenen Jahr eingereicht, nicht einen Cent hat sie bekommen. „Es ist wirklich tragisch, dass soziale Projekte nicht gefördert werden“, sagt Melanie. Alles, was nicht technologisch sei, habe praktisch keine Chance. Wie viele andere Start-ups hat sie sich deshalb für eine Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter entschieden, die am 23. Mai gestartet ist. Die Funding-Schwelle von 15 000 Euro soll die Gehälter der malawischen Kooperationspartner für ein Jahr sicherstellen und den Kauf neuer Stoffe für die kommende Kollektion ermöglichen. Bis sich die Gründer selbst Geld auszahlen können, wird es wohl noch eine Weile dauern.

Für Mode interessiert sich Melanie schon lange. T-Shirts für fünf Euro bei H&M zu kaufen, die in Ländern wie Bangladesch teils unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt werden, widerstrebte ihr. Heute, als Gründerin eines fairen Modelabels, sieht sie das Ganze differenzierter: Das Problem sei vor allem das fehlende Angebot fairer und zugleich stylischer Mode, sagt sie. Khala, davon ist Melanie überzeugt, vereine diese beiden Aspekte. Dadurch, so hofft sie, könne eine ganz neue Zielgruppe erreicht werden: Menschen, die bislang nicht in faire Mode investiert haben, weil sie zu öko aussah oder zu teuer war. Eine Bomberjacke von Khala für Frauen soll 60 Euro kosten, ein T-Shirt für Männer 30 Euro, und damit soll die Kleidung nicht nur stylisch und fair produziert sein, sondern auch erschwinglich, sagt Melanie. 

Der Standort Malawi hat auch einen Haken: Die Transportwege sind deutlich länger, die Kosten dafür höher als bei einer Produktion in Deutschland oder einem anderen europäischen Land. Zum jetzigen Zeitpunkt werden die Kleidungsstücke noch mit dem Flugzeug verschickt. Sobald sie sich den Transport per Schiff leisten können, will Melanie zumindest auf diese CO₂-freundlichere Variante umsteigen. Da Khala aktuell noch Stoffe zukaufen muss und keine eigene Produktionsstätte vor Ort hat, sind diese bislang auch nicht in Bio-Qualität erhältlich. „Abstriche muss man immer machen“, sagt sie gelassen. 

Ihr Traum bleibt bestehen: Das Start-up will die Wirtschaft vor Ort ankurbeln, indem sie die Industrie zurück ins Land verlagert. Aktuell gebe es nur noch eine Textilfabrik in ganz Malawi, alle anderen Stoffe werden aus China oder Indien importiert, sagt Melanie. Das soll sich mit Khala ändern. „Irgendwann soll das ganze System durch Khala geprägt werden“, sagt Bene. Und auch Deutschland, vielleicht sogar die ganze Welt, sollen durch Khala ein bisschen bunter, ein bisschen besser werden – so zumindest der große Traum.

Text: Jacqueline Lang

Foto: Florian Peljak

Stoff-Wechsel

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Mit dem Modelabel ‘Aimée Couture’ hat Miriam Aimée Kubeng ein ausgeklügeltes Nachhaltigkeitskonzept entwickelt: Kunden können nach einer Saison ihre Kleidungsstücke zurückbringen, um daraus neue Klamotten schneidern zu lassen.

Es ist noch ruhig an diesem Morgen in den Räumen der Unholzer Ateliers. In der ehemaligen Fabrik zwischen Schwabing-West und Moosach haben knapp 100 junge Kreative einen Raum zum Arbeiten. Miriam Aimée Kubeng ist eine von ihnen. Sie blättert in einem dicken Ordner mit Entwürfen für ihre Kleider. „Wenn ich eine Idee im Kopf habe, muss ich diese erst visualisieren und irgendwo festhalten“, sagt sie. Dabei spielen Farben und klare Linien ein große Rolle: Rot, Gelb, Blau und auch Schwarz. Der holländische Künstler Piet Mondrian arbeitete in seinen Gemälden mit den gleichen Farben, die Miriam für die Kreation ihrer Kleider verwendet. Charakteristisch sind die viereckigen Farbblöcke in seinen Gemälden. Dieses Merkmal findet sich auch in der Kollektion der jungen Designerin wieder. Baukasten-Kollektion nennt sie die Serie, es ist ihre erste eigene Kollektion. 

Bei Aimée Couture – dem Label, das Miriam vor etwa drei Jahren gründete – steht neben der Ästhetik auch das Nachhaltigkeitskonzept im Vordergrund: „Mir ist es wichtig, dass die Kundin ein aktiver Teil des Schaffensprozesses ist. Dass eine Art Interaktion und ein Kreislauf entsteht – es soll ein Zwischenspiel aus Kleidung und Persönlichkeit sein.“ Wer ein Kleid bei Aimée Couture kauft, darf mitbestimmen, wie die einzelnen Farbblöcke angeordnet werden sollen. Das Grundmodell bleibt dabei stets ähnlich. Die Kundin trägt das Teil für eine Saison, kann es dann zurückgeben und gegen einen Aufpreis designt Miriam ein neues Kleidungsstück daraus. Bei diesem Vorgang wird der alte Stoff geschreddert und eine geringe Menge an neuem Stoff für die Produktion hinzugefügt. Man bekommt für seine alte Kleidung ein neues Teil, das den eigenen Wünschen entspricht und in der Herstellung insgesamt umweltfreundlicher ist, da am Ende weniger Stoff weggeworfen wird. „Ich glaube, dass Nachhaltigkeit in der Mode immer wichtiger wird“, sagt Miriam. „Die Menschen legen mehr Wert auf die Qualität ihrer Kleidung. Große Modeketten müssen sich auch diesem Anspruch stellen.“ Ihre kurzen, braunen Haare bindet sie zu einem Pferdeschwanz, während sie spricht.

Sie blickt an sich selbst herunter und schaut auf das fast knielange, gerade geschnittene Kleid, das sie trägt. Es ist schwarz mit einem kleinen blauen Farbblock und einem etwas größerem, roten gleich darunter. „Das hier“, sagt sie und zeigt dabei auf den schwarzen Stoff ihres Kleides, „sind Stoffe meiner Großmutter aus den Sechzigerjahren. Für meine erste Kollektion habe ich ihre Stoffe wiederverwertet. Sie war Schneiderin.“ Miriam lächelt. Das Rot auf ihren Lippen ist exakt der gleiche Farbton wie der auf dem Kleid. 

Die Idee zur Wiederverwertung getragener Ware kam ihr in Amsterdam. Dort entdeckte sie einen Designer, der aus alten Jeans neue Hosen für seine Kunden herstellte. „Statt unnötig viele Klamotten zu Hause anzuhäufen, bringt man sein altes Teil einfach zurück und bekommt aus dem recycelten Material ein Neues, mit dem man glücklich ist“, erklärt sie. „Man befreit sich so auch von der ganzen überflüssigen Menge, die man oft im Kleiderschrank hortet. Ich finde das genial.“

Seit Mai 2015 arbeitet sie im Atelier Unholzer an den Kleidern für Aimée Couture. Die Ateliers sind durch Regale voneinander abgegrenzt, die bis zur Decke vollgestellt sind. Pappkartons mit Scheren, Klebebändern, Maßbändern und Stoffen. Zwischendrin eine Packung Tee. Ein Föhn. Mehrere Nähmaschinen. Kreatives Chaos. „Man ist hier abgeschottet und hat die Möglichkeit, ungestört seine Ideen umzusetzen“, erzählt Miriam. „Wir tauschen uns aber auch gegenseitig über unsere Projekte aus, das schätze ich hier sehr. Es gibt mir viel.“ Manchmal entstehen so auch Kooperationen unter den Künstlern. So gestaltete Miriam zusammen mit Lichtdesigner Matthias Singer für das Puls-Open-Air 2016 leuchtende Pyramiden.

Was nach einem Kindheitstraum klingt, ist in Wahrheit eine Geschichte voller Umwege. Nach der Ausbildung zur Fachangestellten für Tiermedizin begann Miriam Romanistik und Rechtswissenschaften in München zu studieren. „Trotzdem war ich unglücklich damit und hatte das Gefühl, dass es nicht mein Ding ist. Also entschloss ich mich dazu, Abstand von der Uni zu nehmen.“ Um sich neu zu orientieren, legte sie ein Urlaubssemester ein und absolvierte in dieser Zeit eine Hospitanz in der Boutique Elephants Wedding bei Rabia Darouiche. Die Begeisterung für die Modekreationen aus afrikanischen Stoffen war sofort da. Auch bei Noh Nee – Dirndl à l’Africaine, dem Laden, den Rabias Schwester, Rahmee Wetterich leitet, durfte sie reinschnuppern. Sie lernte in dieser Zeit, wie man ordentlich näht und mit den Materialien umgeht. Während ihre Freunde abends feiern gingen, verbrachte sie ihre Nächte von diesem Zeitpunkt an mit der Nähmaschine und übte und übte. „Als ich bei Rabia gearbeitet habe, hatte ich das Gefühl, dass ich endlich das gefunden habe, wofür ich brenne.“ Recht schnell entfalteten sich in ihrem Kopf Ansätze für eigene Modelle und Schnitte.

Zurück an der Uni tüftelte sie beim LMU Entrepreneurship Center an einem Businessplan für Aimée Couture. Auch der Ansatz, die Kunden als aktiven Bestandteil in den Herstellungskreislauf ihrer Mode einzubinden, nahm hier Form an. Im Wintersemester 2015/2016 beendete Miriam ihr Studium doch noch. 

Sie ist glücklich über die Entscheidungen, die sie getroffen hat. Auch wenn es manchmal schwierig war. Finanzieren kann sie sich allein durch ihr Label noch nicht. Sie arbeitet momentan als Managerin bei einer Modefirma. Diese Tätigkeit verschafft ihr finanzielle Unabhängigkeit und genug Spielraum, um an Aimée Couture zu feilen. 

Gerade arbeitet sie an einem neuen Projekt. Ihr größter Traum ist es, irgendwann eine eigene Modeboutique führen zu können. Am besten in Frankreich. In Paris. Miriam strahlt eine innere Ruhe aus, die beneidenswert ist. Manchmal muss man eben Umwege gehen, um ans Ziel zu kommen.

Text: Ornella Cosenza

Foto: Sebastian Botzler

Eine Frage der Inspiration

Die Modedesign-Studentin Anna Wiendl findet den Münchner Stil zu glatt. Deshalb entwirft sie Mode mit barocken Elementen und viel Chichi- bunt und verrückt

Mind Control steht auf dem DIN-A 3 Papier. Pfeile kreuz und quer. Eine Verbindung zwischen den Kleidungsstücken. Ein Versuch. Annas erster Versuch. Sie ist im dritten Semester Modedesign, als sie ihre erste eigene Kollektion entwirft. Der Film „Shutter Island“ mit Leonardo di Caprio in der Hauptrolle dient ihr als Inspiration. Dunkle Farben, ein weißer Stoffknäuel stellt das Gehirn dar. Ein widerkehrendes Element in ihrer Kollektion. Auf einem Shirt, auf einer Tasche, auf einem Kleid. „Ich wollte mich erst mal auf die Schnitte konzentrieren“, sagt die 21-Jährige. Während sie mit ihren metallic-grün lackierten Fingernägeln über das vor ihr liegende Mood-Bord wischt. „Ich würde heute einiges anders machen“, sagt sie. Sie lächelt. Die Haare trägt sie halb-offen. Immer wieder zupft sie an ihren langen braunen Haaren. Drapiert sie auf ihrer Bluse im Barock-Stil. Ein routinierter Griff. „Ich mag Rüschen“, sagt sie. 

Anna fällt gerne auf. In der Schule geben ihr die Klassenkameraden täglich neue Spitznamen. Immer passend zum Outfit. „Wenn ich grün getragen habe mit Military Boots, dann war ich die Army Anna“, sagt sie. Es sei aber auch nicht schwer gewesen, dort aufzufallen, wo sie herkommt. Die Kosenamen waren ihr recht. „So wusste ich wenigstens, dass ich anders aussehe als die anderen“, sagt sie. Anna kommt aus Dinkelsbühl in Mittelfranken. Sie wollte raus. Deshalb bewarb sie sich nach dem Abitur auf der Hochschule für Modedesign in München. Ihre Mutter hat sie ermutigt. „Ich habe mich eigentlich schon immer hauptsächlich mit Mode beschäftigt“, sagt sie. Bloß nicht aussehen wie alle anderen. Schon früh exterminiert sie mit ihrer eigenen Kleidung. Hosenbeine ab, Farbkartusche drauf. Und schon war die Klamotte ein bisschen mehr Anna. 

Bei der Aufnahmeprüfung schreibt sie über Vivienne Westwood. Die inzwischen sehr kommerzielle Punk-Oma der Modebranche. Westwood arbeitet viel mit schwarz. Kein Zufall, dass sich das auch in Annas erster Kollektion findet. Sie spricht viel über Inspirationen. Und die Suche nach ihrem eigenen Stil. Mode und Zeichnen habe viel mit der eigenen Persönlichkeit zu tun, eine eigene Handschrift zu finden sei nicht leicht, sagt sie. 

In London macht sie ein Praktikum bei Peter Jensen. Die Realität holt sie ein. „Dort habe ich gelernt, dass Design nicht alles ist. Es ist vor allem Vertrieb, Produktion, Marketing“, sagt sie. Sie macht Botengänge, schneidet Stoffe zu, bestickt Socken. Drei Monate lang. Dann geht es nach Berlin. Zwei Monate. Bei Steinrohner werden die Botengänge weniger. Sie lernt, Pailletten zu sticken. Ein ganzes Kleid voller Pailletten. Eine Sisyphusarbeit. „Ich hätte nie gedacht, dass mir das Spaß macht“, sagt sie. 

Anna steht kurz vor ihrem Abschluss. Im Februar muss ihre Bachelor-Kollektion stehen. Sie sei jetzt am Ende ihres Studiums mehr bei sich und habe ihren Stil gefunden, sagt sie. Den Münchner Stil vergleicht sie mit einer Schuluniform. „Hier tragen fast alle einen grünen Parka, Nike Airs und skinny Jeans. Und ich bezweifle, dass sich alle damit wirklich wohlfühlen“, sagt sie. Auch mit studentischem Budget könne man sich von der Masse abheben. „Ich habe in München Vintage für mich entdeckt“, sagt sie. So könne man auch vermeiden, dass man immer sehe woher das Kleidungsstück kommt, wie beim Gelb von Zara oder dem Rot von H&M.

Ihre Abschlusskollektion soll deshalb mehr nach London aussehen. Bunt und verrückt. Weiblich aber lässig. Nicht mehr nach Westwood, sondern eher in Richtung Molly Goddard. In ihrem Skizzenbuch klebt dieses Mal Prescilla Presley. Sie habe ein Buch zum Mythos um das berühmte Paar gelesen und den wolle sie mit ihrer Kollektion hinterfragen. Eine Winterkollektion. Die Farben: bunt, aber gedeckt mit viel Army-Grün.  

Text: Esther Diestelmann

Fotos: Vanessa Bärnthol