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Musikvideo-Kolumne: Sweetlemon

Musikvideos zeigen Geschichten – und diese zu erzählen ist unser Ziel. Wir haben die Videos Münchner Bands stummgeschaltet und festgehalten, was die Film-Clips beschreiben. Diese Woche: Stand Up And Dance von Sweetlemon.

Songtitel können ziemlich irreführend sein. Oft wecken sie Erwartungen, an das Genre, die Stimmung, das Musikvideo, nur um diese dann zugleich wieder fallen zu lassen. Es dauert jedenfalls ziemlich lange, bis die beiden Musikerinnen das tun, was sie in ihrem Titel versprochen haben. Nämlich aufzustehen und zu tanzen. Bis dahin war davon wenig zu spüren. Man konnte den beiden Schwestern bei Ausflügen auf das Klettergerüst eines Spielplatzes zusehen, beim Herumsitzen vor einer alten Retro-Tapete, beim Musizieren im Treppenhaus.

Aber tanzen? Daran scheinen die beiden zunächst einmal gar nicht denken zu wollen. Zu melancholisch und ja, irgendwie verspult wirkt die Stimmung, eingefangen zwischen leerer Altbauwohnung und verträumten Sommertagen, als dass man als Zuschauer wirklich Lust aufs Tanzen bekäme. Viele Wiederholungen. Lichtspiele in der Sonne mit dem Glitzerhemd. Man möchte auch ein wenig die Zeit vergessen, träumen, wie die beiden Musikerinnen. Cut. Dazu blicken die beiden Frauen immer wieder leicht verschlafen, aber mit ernster Miene in die Kamera. Ganz so, als ob sie gerade von einer durchzechten und durchtanzten Nacht aufgewacht wären – der Morgen danach, an dem sich der Rausch der Musik in einen rauschenden Kopf verwandelt.

Doch dann, plötzlich, scheint der Kater überwunden und die Lust am Tanzen zurück zu sein. Das Treppenhaus-Konzert bekommt immer mehr Schwung. Die Stühle aus der Altbauwohnung sind verschwunden. Immer schneller werden die Schnitte, pendeln weiterhin zwischen Retro-Tapete, Spielplatz und Treppenhaus. Nur eine Sache ist nun anders. Die beiden Musikerinnen, tanzen, singen, springen. Endlich.

Von Louis Seibert