München hat Hausarrest: Zuhause mit Johanna

Wir wollen euch die Zeit zu Hause ein bisschen schöner machen. Unsere Rubrik “Von Freitag bis Freitag München” heißt deswegen ab sofort “München hat Hausarrest”. Denn, zusammen ist man weniger allein 

Wie lange Ausgangssperre, Quarantäne und Co. schon andauern, weiß ich schon fast gar nicht mehr. Ich befinde mich in der Phase der Selbstisolation, die ein sehr weiser Mann –Yung Hurn– wohl mit „Ok Cool“ beschreiben würde. Kann man eben nix machen. Also machen schon, nur nichts gegen Virus und Quarantäne. Jedenfalls ich nicht, sonst wäre ich Virologin und hätte einen Podcast beim NDR und überhaupt keine Zeit diesen Text hier zu schreiben. Da sich aber bereits früh abgezeichnet hat, dass Naturwissenschaften nicht unbedingt mein Ding sind, habe ich jetzt Zeit.

Diese Zeit nutze ich unter anderem dazu mal richtig auszusortieren. Und nachdem das in analoger Form schon in sämtlichen Bermudadreieck-ähnlichen Ecken der WG passiert ist, (warum liegt hier eigentlich eine Bravo-Hits-CD?) widme ich mich nun meinem Smartphone. Da dieses Gerät momentan quasi Doppelschichten ohne Pause schiebt, will ich es von unnötiger Last befreien. Dabei hoffe ich ein bisschen darauf, dass das Gerät als Dank für die Aufräumaktion damit aufhört, mir jede Woche meine Bildschirmzeit und um wie viel Prozent die sich im Vergleich zur vorherigen Woche erhöht hat, ins Gesicht zu schleudern. (Der Trick am Tag vor der Benachrichtigung weniger zu daddeln, funktioniert leider nicht. Der Gerät lässt sich nicht austricksen.) Ob mein Smartphone so gnädig ist, wird sich zeigen.

Als kleiner jpg.-Messi, der ich nunmal bin, scrolle ich mich also durch Hunderte von Screenshots, WhatsApp Videos (haha, Alkohol schützt vor Corona… lol) und Fotos, die es anscheinend mal wert waren den Auslöser der Kamera zu betätigen – das meiste davon aus Zeiten vor der Quarantäne. Fotos von Konzerten zum Beispiel. Auch von dem letzten auf dem ich war. DIIV haben da im Strom gespielt. Am 11. März. Einen Tag später haben sie ihre Tour angebrochen und sind zurück in die USA geflogen. Ich bin unfassbar froh, dass sie das Konzert noch gespielt haben. Auch weil sie schon die vorherige Tour wegen einer Art Selbstisolierung (Entzug) absagen mussten. Andere Konzerte, wie beispielsweise das von Ätna oder das der Tempers in der Milla fanden dann aber nicht mehr statt.

Von Ätna gibt es seit Kurzem aber einen Konzertmitschnitt auf Arte und auch andere Künstler liefern einem Musik direkt nach Hause. Natürlich ist es nicht das Gleiche mit einem Bier vor dem Laptop zu sitzen und den Lieblingsmusikern und -musikerinnen zuzuhören, wie mit einem Bier vor einer Bühne zu stehen und das Konzert dort zu genießen. Das Positive aber ist, dass man den Menschen entgeht, die beispielsweise auf Konzerten pausenlos reden müssen. (Wow, kannst du bitte noch ein bisschen lauter von deinem neu entdeckten Smoothie-Rezept erzählen, ich habe leider nicht verstanden was die letzte Zutat war.)

Also sitze ich mit Bier vorm Laptop und genieße ungestört Konzerte, denn so weit, dass ich Selbstgespräche führe, ist es noch nicht. Das wäre dann die Michael Wendler-Phase: eeeegaaaal! Ich höre mir Rey Lenon und Elena Rud an, schaue Juri Kannheiser beim Live-Songwriting zu oder entdecke neue Songs beim Livestream des Optimol-Plattenladens. Hier werden Platten aufgelegt und präsentiert und man kann diese direkt bestellen.

Neben den (Konzert)-Fotos existieren auf meinem Handy, wie bereits erwähnt, auch jede Menge Screenshots.  Zum Beispiel von diversen Memes, denn die könnte ich ja irgendwann bestimmt mal brauchen und wenn ich sie dann nicht mehr finden würde, wäre das ja schrecklich. So meine damalige Denke, damit ist jetzt aber Schluss, in Corona Zeiten werde ich radikal, also wird fleißig gelöscht.

Insgeheim lösche ich die Memes aber wahrscheinlich nur um bald wieder die nächsten abspeichern zu können. Denn Quarantäne-Zeit ist für mich auch Meme-Zeit. Also scrolle ich nach dem Löschen meiner Screenshots wieder durch die besten Memeseiten, die Instagram so hergibt, wie z.B. @Kopfkacke oder @comicsans.jpg, einer Seite von Designstudierenden der Hochschule München.

Der andere Teil meiner Screenshots fällt hauptsächlich unter die Kategorie „Muss ich mir später mal anschauen.“ Spoiler-Alert: Mach ich fast nie. Darunter fallen Podcasts, Serien, Bücher, Filme usw. Auch diese Bilder werden nun eiskalt gelöscht, da ich jetzt aber Zeit habe, schaue ich mir vorher tatsächlich alles näher an. Dadurch habe ich auch den ein oder anderen richtig guten Podcast gefunden, Mental Mall zum Beispiel. Darin reden Mia Morgan und Search Yiu unter anderem über mentale Gesundheit. Ein Thema, das vielen in Zeiten von Quarantäne und Isolation sehr präsent ist.

Aber, es wird sie geben, eine Zeit nach Corona. Wenn es so weit ist, freue ich mich darauf, eine weniger toxische Beziehung zu meinem Smartphone zu haben und Konzerte nicht mehr nur vor dem Laptop zu erleben.

Johanna Schmidt