Jahr: 2014, Woche: 17
Die Münchner Indie-Band Kafkas Orient Bazaar gibt Türk-Rock als ihre Stilrichtung an – und ruft damit Erinnerungen an die Schmatzer des Türk-Pop-Stars Tarkan wach. Das Quartett experimentiert mit Synthies, Gitarren und orientalischen wie westlichen Einflüssen und Sprachen.
Diese Musikrichtung gab es auf dem internationalen Markt nur sehr kurz. Aber die Schmatzer des Türk-Pop-Stars Tarkan hallen dennoch ikonenhaft nach, obwohl der Sänger mit den orientalisch angehauchten Beats und den Kuss-Geräuschen in der Hitsingle „Şımarık“ seine Erfolge gut und gerne vor mehr als zehn Jahren feierte. Wenn nun eine Münchner Indie-Band Türk-Rock als Stilrichtung angibt, scheint das außergewöhnlich zu sein und auch ein bisschen trashig. Doch die Band Kafkas Orient Bazaar (Foto: Bassam Allam) bietet viel mehr als ein auf trendigen und schnellen Erfolg gepoltes Produkt.
Dafür ist der Musikstil, den sie nun auf ihrem neuen Album „Tief Dort Unten“ präsentieren, zu lange gewachsen. Über Jahre hinweg experimentierte die Band mit Synthies, Gitarren, orientalischen wie westlichen Einflüssen und Sprachen. Doch bei dem Münchner Quartett war dennoch immer ein Willen zu Pop-Appeal und Zugänglichkeit hörbar, das Experiment ist mehr Mittel zum Zweck, die verschiedenen Vorlieben unter einen Hut zu bekommen. Auf „Tief Dort Unten“ hat sich das Quartett um die beiden Sänger Julian Riegl und Attila von Thermann nun von sämtlichen Vorgaben befreit: Im Song „Istanbul“ wird auf Türkisch zu treibenden Rock-Gitarren in arabischer Viertelton-Harmonik gesungen, während in „Stillstand“ die Jungs von der Münchner Band Hadern im Sternenhagel ein Feature bekommen und das Ganze eher nach Falco und deutschem Schlager klingt. Und dazwischen zeigt sich die Platte ähnlich durchmischt: Englische Indie-Songs („Maple Tree“) treffen auf die griechische Antike („Morpheus und Eurydike“), Deichkinds Eskapismus beißt sich am Indie-Rave und Schlager-Pop.
Doch in ihrem Anspruch, ihre Musik und ihre Kunst nicht in eine einheitliche Richtung zu bügeln, ist die Band konsequent. Sie sind intellektuell, belesen und gleichzeitig unverbesserliche Trash-Pop-Liebhaber, die sich kopfüber in all diese Leidenschaften stürzen. Und so gibt es zum Album auch noch einen Kurzgeschichten-Band, der den bezeichnenden Titel „Tiefer“ trägt. Am Samstag, 26. April, stellen sie das neue Album zusammen mit Hadern im Sternenhagel im Cord-Club in München vor. Rita Argauer
Stil: Elektro-Pop-Türk-Rock
Besetzung: Attila von Thermann (Bass, Gesang), Julian Riegl (Gitarre, Gesang), Adrian von Lesuire (Synthesizer, Gesang), Christoph Kolb (Schlagzeug)
Aus: München
Seit: 2005
Internet: www.kafkasorientbazaar.com, www.facebook.com/kobazaar
Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.