Gebunden, nicht gestrickt

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Mützen waren gestern, der neue Trend sind Turbane – für Frauen und Männer. Das glaubt zumindest die junge Designerin Joana Mayr. Für ihr Label DFCF hat sie sogenannte Headwraps gestaltet. Der Name steht für „Don’t forget where you come from“

Wenn es nach Joana Mayr geht, sind Turbane die neuen Caps und Mützen. Und weil die traditionelle Bindung eines Turbans kein leichtes Unterfangen ist, stellt die 27 Jahre alte Münchnerin jetzt fertiggenähte Turbans her, sogenannte Headwraps, die man nur noch aufzusetzen braucht. Diese Woche kann man die Turbane erstmals online bestellen.

Die etwa ein Meter lange Stoffbahn wird zuerst um den Hinterkopf gelegt und dann oberhalb der Stirn verdreht. Irgendwie wurschtelt man das Ende des Stoffes dann unter den Stoffknödel über der Stirn. Wer keine Übung darin hat, scheitert schnell. Der Knoten löst sich beim Laufen, beim Lachen oder Tanzen. Die richtige Bindung scheint eine Übungssache zu sein. Joana hat das schon etliche Male gemacht, um ihre dunklen Locken zu bändigen, und weil sie den Turban als Accessoire schätzt. 

Joana kam in Starnberg zur Welt, die Mutter Deutsche, der Vater Senegalese. Ihr Haar ist schon kurz nach der Geburt so lang, dass Krankenschwestern ihr eine Blume ins Haar stecken. „Irgendwie habe ich schon immer gerne Kopfschmuck getragen“, erzählt sie, lacht laut und schlägt die Beine übereinander. Heute trägt sie keinen Turban, auch keine Mütze, obwohl es kalt ist in München. 

Doch sie hat Bilder ihrer Arbeit dabei. Sie sind für ihre neue Website, für den Online-Shop, der diese Woche startet. Turbane, die schon so genäht sind, dass sie sich nicht lösen können und nicht vom Kopf fallen – in allen möglichen Designs. Zu Beginn wird es verschiedene einfarbige Turbane aus elastischem Jersey-Stoff geben, für Erwachsene und auch für Kinder, „obwohl ich die krasseren Stoffe mehr feiere“, sagt sie und lacht: „African- und Ethno-Stoffe sind, was mir mehr gefällt“, doch ob die vorsichtigeren Münchner darauf anspringen, weiß sie nicht. Etwa 50 Euro kostet ein handgefertigter Turban. Für den Winter soll eine Strickkollektion dazukommen. Die Stoffe sucht sie selbst aus, oder lässt sie von ihrem Vater aus dem Senegal schicken. „Die muss ich schon selbst in der Hand gehabt haben, um sie verarbeiten zu können.“

Fast drei Jahre ist es her, dass Joana mit der Idee spielte, sich in der Mode zu versuchen. Es fiel ihr damals schwer, ihren Freundinnen die richtige Binde-Technik zu erklären. Und nicht auf jeder Haarstruktur blieb der Knoten fest. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete sie schon fünf Jahre als Visagistin und Make-up-Artist. Sie war auf Shootings und Filmsets, und schminkte Skelettgesichter in einem Münchner Club. 

Damit das Geld reicht, jobbt Joana zusätzlich als Teilzeitkraft in einem schwedischen Modehaus. „Eigentlich nicht nur des Geldes wegen. Das hat auch was mit Sicherheit zu tun. Da bin ich ziemlich deutsch“, sagt sie. Joana grinst zufrieden. 

Sie liebt die afrikanische Kultur, aber so richtig „african“ sei sie dann doch nicht. Zum Interviewtermin erscheint sie zu früh, das ist ihr lieber so. „In meinem Privatleben bin ich der größte Chaot, aber wenn es um mein Business geht, bin ich absolut zuverlässig und ordentlich.“ Vielleicht, weil viele ihrer Freunde selbständig sind, vielleicht weil ihre Eltern selbständig sind, die Mutter als Bühnenbildnerin, der Vater als Musiker. In ihrer Wohnung stehen Ordner. Einer für ihre Aufträge als Visagistin und Stylistin, einer für ihre neue Marke DFCF – das steht für: Don’t forget where you come from. Aber das muss wer anders machen, jetzt, wo es langsam läuft. „Das soll alles seine Ordnung und Richtigkeit haben, und mit Papierkram habe ich es echt nicht so.“ 

Eine professionelle Schneiderin hat nun das Zuschneiden übernommen. Joana kann sich um die Designs, die Stoffe und die Vermarktung kümmern. Sie klappert nun Läden in München ab und stellt ihre Turbane vor. Zehn Turbane sind auf Lager, bestellt sind bereits mehr als 25. Diese Woche fährt sie nach Berlin, um auch hier in Läden ihre Turbane vorzustellen. Drei Jahre hat sie in Berlin verbracht, obwohl der Anfang mehr als schwierig zu sein schien: „Das war Drama, Berlin wollte mich nicht“, sagt sie jetzt und grinst. Sie hatte Styling-Aufträge für die Fashion-Week angenommen. Joana war gerade 24. Sie zog nach Berlin, die Jobs lockten. Doch kaum zwei Wochen da, fiel sie beim Gardinenaufhängen vom Stuhl, brach sich das Bein, saß im Rollstuhl und musste die Jobs kündigen. Joana fragte sich, ob es das jetzt gewesen sein soll, aber dachte sich: „Ich gebe doch jetzt nicht auf.“ Sie nahm alles Lehrreiche aus dem Unfall mit und hat ihren Job im Modehaus behalten, der gibt ihr Sicherheit. Der zwang sie aber auch, regelmäßig zwischen Berlin und München zu pendeln.

Nach drei Jahren Arbeit und Leben in Berlin, München und dazwischen zieht Joana zurück und nimmt ihr bisher persönlichstes Projekt in Angriff. Es geht um Mode, um Tradition, um Wurzeln und um Persönlichkeit: DFCF eben – „Don’t forget where you come from“. Und das meint die Münchnerin mit den senegalesischen Wurzeln ganz allgemein: „Es geht um dein Inneres, deine Person, fernab von Herkunft und Geschlecht.“ Deshalb sollen die Turbane auch von Frauen und Männern, Erwachsenen und Kindern getragen werden.
 Ob der Trend in der Stadt ankommt, die Idee dahinter? Junge Männer, die Turbane tragen werden? Sie weiß es nicht. Viele Bekannte zeigen sich begeistert. Sie grinst und sagt wie so häufig „ja, mal schauen!“ Was sie sich in den Kopf setze, müsse passieren, irgendwann eben, aber dann richtig. Und deshalb werde das jetzt auch was. Wie groß die Nachfrage sein wird, ob eine Schneiderin reicht, und welche Muster sich am besten verkaufen, das alles muss sich zeigen.

Text: Friederike Krüger

Photo: 

Seval Hamzic