Fragen über Fragen – Jean-Marc Turmes

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“Jetzt kennen wir uns und können uns gegenseitig unterstützen und zusammen Bier trinken“ – sagt Fotograf Jean-Marc Turmes, einer der 20 Mitwirkenden unserer “10 im Quadrat”-Ausstellung im Farbenladen. Wir haben ihm ein paar Fragen gestellt.

Worum geht es bei deinem Konzept? / Wie bist du darauf
gekommen?
Mein Konzept ist
ein billiger Abklatsch von Peter Lindberghs Arbeiten.
Ich verachte
Ausdrücke wie “Beauty”, “sexy”, “Look” usw… Alle produzieren dasselbe und
merken es nicht einmal. Man sieht nur tot-retuschierte Gesichter, Titten,
Ärsche, knallige Farben und Motorräder. Kein Wunder, dass die Kluft zwischen
kommerzieller und künstlerischer Fotografie immer größer wird (um das Bashing
fair zu halten: was ein Schwarz-Weiß-Foto einer Kuh mit Kunst zu tun hat,
verstehe ich auch nicht – selbst als Theaterwissenschaftler!! ). Ich finde es schade,
wenn ein so tolles Ausdrucksmittel wie die Fotografie dazu gebraucht wird, um
unidirektionale Aufgeilung zu betreiben: guck, hier, das ist das
Schönheitsbild. Jetzt bitte geil werden. Oder depressiv. Dazwischen gibt’s
nicht so viel. Ich war noch nie ein Fan der Psychoanalyse, deswegen
interessieren mich in meinen Portraits vor allem die Grautöne, die
Zwischenstufen, das Menschliche als universelles Gefüge auf Papier. Jetzt wo
das gesagt ist: dieser Text ist keineswegs notwendig um meine Bilder zu
“verstehen”. Es soll sie auch niemand verstehen. Wenn Sie sagen: also
die Bilder vom Turmes sind für mich das fotografische Pendant zu Lacan, dann
ist das auch ok.

P.S.: Wenn Sie
das wirklich finden, sollten sie umgehend mit mir darüber reden. Vielleicht
gibt’s da ‘nen Vaterkomplex.

Wie war es, so viele unterschiedliche Leute für eine
Bild-Serie zu fotografieren?
Geil. Herausfordernd.

 Welche Begegnung hat dich am meisten beschäftigt?  
Ich habe bisher
jede Begegnung sehr genossen. Ich kann und möchte daher nicht werten. Seht es
als Kompliment an eure Auswahl der zu Fotografierenden: alles nice Girls und
Boys! 

War es schwieriger, z.B. einen Schauspieler/Musiker zu
fotografieren (also selbst “Künstler”), als professionelle Models und
wenn ja, inwiefern?
Es gibt keine
professionellen Models. Es gibt nur Leute die Bock haben, was von sich zu
zeigen. Den Bock hatten alle. Gut, Rahmatullah war zunächst ein wenig
schläfrig, aber dann hab ich ihn ein bisschen provoziert und dann ging’s.

Bist Du auch mal an Deine Grenzen gestoßen? / Musstest Du
Deine Vorstellung/ Dein Konzept über den Haufen werfen, weil es schlichtweg
nicht ausführbar war?
Meine Grenzen
sind hauptsächlich körperlicher Natur. Also: nein.
Ein wirkliches
Konzept habe ich nicht. Also auch hier: nein.

Nimmst du die Szene dieser Stadt nach dem Projekt anders
war? Braucht es mehr Vernetzung?
Das Projekt hat
auf jeden Fall was gebracht. Es gibt so viele nice Leute, die aber oft
untergehen im Schall & Rauch der Gegenwart. Jetzt kennen wir uns und können
uns gegenseitig unterstützen und zusammen Bier trinken.

Foto: Geraldine Raths