Moritz Richter

Business as usual

Es wird sie geben, eine Zeit nach Corona – bis dahin halten unsere Autoren und Autorinnen hier fest, was sie besonders vermissen und worauf sie sich am meisten freuen.

von Moritz Richter

Wenn ich ganz ehrlich bin, hat sich für mich in den letzten Monaten nicht wirklich viel verändert. Natürlich bin ich von den Beschränkungen genauso betroffen wie jeder andere. Aber auch vor Corona habe ich es schon geschafft, tagelang nicht das Haus zu verlassen und meine Zeit hauptsächlich vor dem Laptop zu verbringen. Das heißt nicht, dass ich nicht gerne feiern gehe und alles an Partys und Veranstaltungen grundsätzlich meide. Aber ab und zu treffe ich mich mit meinen Freunden halt auch mal lieber auf Discord oder Teamspeak als in irgendwelchen Bars und Clubs und schlage mir dann online die Nacht um die Ohren. Deswegen ist es auch nicht neu für mich, dass ich in Konferenzen mit mehreren Leuten sitze und das weitere Vorgehen plane. Früher hat sich das meistens um die beste Angriffstaktik in irgendwelchen Ego-Shootern gedreht, jetzt geht es eben vorwiegend darum, dass trotz der Corona-Krise jeden Montag eine Junge Leute-Seite in der Süddeutschen Zeitung zu finden ist.

Apropos Zeitung: Da die nicht nur weiterhin geschrieben, sondern auch verkauft werden muss, läuft auch mein zweiter Nebenjob noch weiter. Der kleine Schreibwarenladen, in dem ich mir mein Geld für die ganzen Computerspiele verdiene, hat immer noch geöffnet. Und da wir, wie meine Chefin so schön betont, „neben den Neugierigen (Zeitungen) auch noch die Süchtigen (Zigaretten) und die Kinder (Schulsachen und Spielzeug) versorgen müssen“, ist auch hier eigentlich alles wie immer. Nur die Plexiglasscheibe vor der Kasse und die Abstandsstreifen am Fußboden sind neu.

Aber auch abseits von Arbeit und Geldverdienen kann ich jetzt nicht behaupten, dass mein Alltag durch die Coronakrise auf einmal groß über den Haufen geworfen wurde. Dem regelmäßigen Sport habe ich aufgrund fehlender Motivation schon vor langer Zeit den Laufpass gegeben. Und alle sonstigen Vereine und Organisationen, in denen ich tätig bin, haben sich relativ schnell an die neue Situation angepasst und halten ihre Treffen jetzt auch digital ab. Nur meine Abendgestaltung sieht derzeit etwas anders aus als sonst, da der Besuch von Partys, Ausstellungen, Diskussionsrunden und weiteren kulturellen Veranstaltungen zurzeit als Freizeitbeschäftigung bekanntlich wegfällt. Stattdessen arbeite ich den meterhohen Bücherstapel neben meinem Bett ab, schaue endlich die ganzen Netflix-Serien an, die ich schon seit Ewigkeiten auf meiner Liste stehen habe, und bringe mich bei meiner Unzahl an abonnierten Podcasts mal auf den neusten Stand.

Und weil ich währenddessen nicht das Gefühl habe, dass ich draußen gerade irgendwas verpasse, kann ich das Ganze sogar auch noch so richtig genießen. Von Langeweile, bedrückter Stimmung oder Corona-Depression bin ich also noch meilenweit entfernt.