Das wichtigste Prinzip für The Nice Nice beschreibt Tim Sullivan in zwei Worten: „No rules.“ So ein Plan könnte im Chaos enden – doch gemeinsam mit Tom Appel entstanden zauberhafte Indie-Songs. Es entstand innerhalb kürzester Zeit ein Sound voller Überraschungen zusammen, der sich zwischen schrägen Background-Chören der Beatles und den Orgeln und layed-back-Tempi der Doors befindet – mit einer Prise verträumter Melancholie des Soloprojekts von Pete Doherty
Von Marietta Jestl
Um Berühmtheit zu erlangen, braucht es gerne zwei. Nicht mehr und nicht weniger. So gut gefällt dem Publikum offensichtlich der Gedanke des harmonierenden Duos, der zwei kreativen Geister, die gemeinsam Großartiges produzieren. Simon & Garfunkel gelten als eines der berühmtesten Pop-Duos. Und ohne die Symbiose von John Lennon und Paul McCartney wären die Beatles vielleicht niemals zu dem Phänomen geworden, das ganze Musikgenerationen beeinflussen sollte.
Doch den perfekten Gegenpart zum eigenen Schaffen zu finden, der es mit seinem Talent aufwertet und mit dem die Zusammenarbeit dann auch noch harmoniert, ist keine einfache Angelegenheit. So befand sich auch Tim Sullivan, ein nach Deutschland emigrierter Australier und passionierter Musiker, auf der Suche nach einer Stimme für seine Songs. „Ich hatte einiges geschrieben und das Gefühl, eine Frauenstimme könnte meine Musik gut ergänzen“, sagt Tim. Doch dann stellte ihn eine Bekannte keine Sängerin, sondern Tom Appel vor, der in der Münchner Indie-Szene als Sänger der Monday Tramps schon kleine Erfolge gefeiert hatte. Der zeigte sich offen für Neues. „Mit der alten Band waren wir einfach etwas stecken geblieben, ich wollte aber schon immer weiter als Musiker aktiv sein“, erklärt Tom. „Also haben wir uns hingesetzt, bei viel Kaffee und Wein über viel Musik geredet und festgestellt, dass wir sehr gleiche Geschmäcker und Vorbilder haben.“ Eine Gemeinsamkeit bestand zum Beispiel in der Bewunderung von Chris Rea und einige Zeit später coverten sie dessen Song „Josephine“. „Wir spürten gleich, dass da eine Verbindung war, ein bestimmter Vibe“, sagt Tim.
Sein wichtigstes Prinzip für sein neues Projekt beschreibt er in zwei Worten: „No rules.“ Alles sollte möglich sein. Genau das reizte Tom daran, und der „Vibe“ ließ die beiden Musiker in kürzester Zeit enorm produktiv werden. Nach nur drei Monaten waren bereits so viele Songs fertig, dass sie ein Album hätten füllen können. „Das war wahrscheinlich das einfachste und schnellste Songwriting, bei dem ich je dabei war“, sagt Tim. Die Band The Nice Nice schien sich während des Prozesses des Songwriting selbst zu formen. Dabei integrierten sie Elemente, die ihnen gerade des Weges kamen. Zum Beispiel ein paar Hornisten aus dem Dorf Vils in Tirol, denen sie begegneten, als sie sich für ihre Aufnahmen eine Woche lang dorthin zurückzogen. „Wir haben gefragt, ob sie auf unserem Album mitspielen wollen, und sie waren sofort dabei“, erzählt Tom. Freundinnen von Tom übernahmen Background Vocals. Und Tim fragte alte Bandkollegen aus Australien, ob sie ihm Drumpatterns für die Songs einspielen und schicken könnten. Auch eine italienische Retro-Orgel aus den Siebzigerjahren wurde mehr zufällig als geplant einer der wichtigsten Bestandteile fast aller Songs. So bastelten sie Stück für Stück einen Sound voller Überraschungen zusammen, der sich zwischen unbeschwerten Melodien Chris Reas, Handclaps und schrägen Background-Chören der Beatles und den Orgeln und layed-back-Tempi der Doors befindet – mit einer Prise verträumter Melancholie des Soloprojekts von Pete Doherty.
Diese Varianz ist The Nice Nice wichtig, die Songs sollen sich voneinander abheben. „Es ist, als hätten wir immer wieder ähnliche Zutaten zusammen geschmissen und trotzdem ist jedes Mal etwas völlig anderes dabei rausgekommen“, sagt Tom. „Jeder Song steht für sich.“ Deswegen wollen sie diese in den kommenden Monaten auch nur häppchenweise veröffentlichen, auf insgesamt drei EPs. „Die Songs brauchen ihre Zeit zum Atmen“, begründet Tim. Die ersten Songs sind bereits online zu hören, am 23. Februar dann auch live in der Milla beim Release-Gig der ersten EP.
The Nice Nice
Stil: Indie
Besetzung: Tom Appel, Tim Sullivan
Aus: München
Seit: 2018
Internet: http://thenicenice.space
Foto: Fritz Beck