Band der Woche: Flonoton

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Rap mal anders: Der Münchner Singer-Songwriter Florian Sauer rappt als Flonoton mit einer Akustik-Gitarre. Zu seinen Hip-Hop-Singer Songwriter-Songs kommen auch klassische Balladen.

Nachdem Punk zum britischen Lokalkolorit geworden war, sprich: seine Berserker-Kraft ein wenig verloren hatte, wusste der Hip-Hop diese Lücke ein paar Jahre später genüsslich zu schließen. Wo im Punk nur der Klang in den Krach abrutschte – Harmonien und Songstrukturen aber im klassischen Pop-Songwriting verhaftet blieben – setzten die ersten Rapper sich vom Bauplan Popmusik strukturell noch viel stärker ab: keine Melodie, und wenn doch eine Melodie, dann in der gesampelten Loop-Form der Beats. Und die Worte und der Text werden vom Rhythmus getragen, nicht aber von der Harmonie. Dass Hip-Hop eine Geste der Rebellion inne hatte, ist so schon rein strukturell bedingt. Und inhaltlich traf sich das dann wunderbar mit Trotz, mit Bürgerrechts- und Freiheitsgedanken (seit den Sechzigerjahren quasi ein Rebellions-Abziehbild). Aber es fand sich auch Gangsterromantik und nihilistische Bandenkriminalität, die selbst die bereits rebellionserprobte Vorgänger-Generationen wirklich zu provozieren wusste.

Dass die Anfangszeit des Hip-Hops aber doch auch schon eine ganze Weile her ist, zeigt sich in der Musik des Münchner Songwriters Flonoton. Oder, vielleicht sollte man besser der Rapper Flonoton schreiben. So genau lässt sich das nicht bestimmen, weil Florian Saur Gitarre-spielend rappt. Und gleichzeitig ein Hip-Hopper ist, der sich seine Beats an der Akustik-Gitarre zu Recht klopft und darauf dann dichtet. Ja, Rap mag in seinem Ursprungsbild erst einmal gar nicht zu der Songwriter-Bewegung passen, die immer noch sehr in Hippie-Idealismen oder aber im Klischeebild der musikalischen Begleitung einer evangelischen Jugendfreizeit hängt. Eine Gefahr, die Flo auch nicht umschifft, sondern vielmehr umgarnt. Tracks, die gut gelaunt auch die schlechten Seiten des Lebens betrachten und in ihren schlechteren Momenten an die A-Cappella-Gute-Laune-Besserwisser Wise Guys erinnern.

Songwriter klingen per se meist eher freundlich – außer sie sind von der melancholischen Sorte, dann klingen sie traurig. Ausgesprochen selten klingen sie jedoch wütend. Flo hat sich nun einen Gesangsstil ausgesucht, dessen Grundstruktur eher aggressiv als einlullend ist. „Vor allem, weil ich gerne Reime und Emotionen suche, die ich in Liedern verwenden beziehungsweise ausdrücken kann“, antwortet er auf die Frage, wie er zu seinem Stil kam. Daraus entstehe der etwas gegensätzliche Mix aus Balladen und so einer Art akustischem Rap, erklärt er weiter, etwas, das er gerne als „Pseudo-Rap“ bezeichne. Gleichzeitig scheint es zu sein, als versuche er die Grund-Angriffslust, die den Rap kennzeichnet, durchweg zu zähmen und auf eine Art Gesamtverträglichkeit einzukochen. Die Musik, die er nun auf einer ersten EP namens „Flozirkus“ veröffentlicht hat, ist dementsprechend ambivalent: ein einfacher Wortwitz, ein Augenzwinkern, das irgendwie schon ein bisschen ausgelutscht klingt, aber dennoch klar definiert, von was hier die Rede ist.

Die Produktion dazu ist glatt, voll und gleichzeitig transparent. Da stört nichts, die Musik wird schmeichelnd vermittelt. Die Gitarre groovt als Beat unter Flos geschmeidiger Stimme, Percussions definieren den Flow, während Flo eine Mischung zwischen Rappen und Singen vollführt, die klare Tonhöhen kennt und definiert, aber gleichzeitig auf melodische Bögen verzichtet und sich in Rhythmik und Reimschema gezielt im Hip-Hop verortet. Zwischen den Hip-Hop-Singer-Songwriter-Songs finden sich klassische Balladen, wie etwa „Blind“, mit erwartbarem Text, Klavierbegleitung und Schnulzen-Timbre. Deutlich spannender wird es, wenn er seine Songwriter-Wurzeln verlässt, wie im Opener „Angehauchte Scheiben“.  

Stil: Akustik-Songwriter-Rap
Besetzung: Florian Saur (Gitarre, Stimme, Songwriting), Live manchmal mit Band
Aus: München
Seit: 2012
Internet: www.flonoton.de

Text: Rita Argauer

Foto: Flonoton