Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Hubert

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An ausgefallenen Musik-Acts scheint unser Autor gefallen gefunden zu haben. Er sieht und hört sich Ströme, Panda Dub und Bam Bam live an.

Heute wird mir der Spiegel vorgehalten. Überspiele ich ihn
doch sonst recht gekonnt, zeigt sich der Chaot in mir heute in vollem Glanz.
Seit Wochen – Ach was – Monaten freue ich mich, dass „The XX“ am heutigen Freitag nach München
kommen
, aber ein Ticket kaufen? Immer wenn ich gerade dazu bereit bin, kommt
etwas gewaltig Wichtigeres dazwischen: Oh schau mal  – ein Video von einem Esel, der auf zwei Beinen
laufen kann…

Wenigstens wird mir unfreiwillig die Entscheidung
abgenommen, wo ich meinen Abend verbringe. Finden an einem Tag parallel zwei
Events statt, auf die ich mich im Vorfeld gefreut habe, plagt mich der Gedanke daran,
mich für die falsche Veranstaltung entschieden zu haben den ganzen Abend. An
The XX werde ich heute gar nicht mehr denken müssen. Exakt zentriert stehe ich
heute im Ampere auf der Tanzfläche, um die beste Soundqualität abzubekommen. Vielleicht wippe ich etwas hin und her,
aber zum Tanzen bin ich zu konzentriert. Es legt kein durchschnittlicher DJ mit
zwei CD-Playern auf, sondern „Ströme“ liefern ein analoges Live-Set. Man stelle
sich zwei Geeks vor einer Ikea-Billy-Regal-großen Gerätschaft vor. Sie drücken
und drehen wild an Knöpfen, stecken Kabel um und behalten zwischen den hunderten
bunten Kabeln und Lichtern den Überblick. Hinten kommen komplexe
Techno-Arrangements raus.

Im Halbdunkeln trete ich am Samstag mit aller Kraft in die
Pedale meines Fahrrads. Verschwitzt und verzweifelt versuche ich die nächste
S-Bahn zu erwischen, doch ich versage. Die Stammstrecke ist auch noch gesperrt: Meine
Freunde müssen ohne mich vorglühen. Etwas pampig treffe ich im Awi auf die
angetrunkene Meute. Für die “groooovy classics” von VELI und VIWO hat sich die
Anreise gelohnt.

Mit Rest-Tinnitus wache ich irgendwann im Laufe des Sonntags
auf. Hoffentlich kann ich bis zum Abend wieder hören. In dem Dokumentarfilm “Drei von Sinnen”,
den ich mir heute Im Neuen Maxim ansehen will, geht es um drei Jungs, die auf ihrer
Reise vom Bodensee zum Atlantik in einem Experiment abwechselnd auf das Hören, Sehen
und Sprechen verzichten.

Warum gibt der Montag so selten was her?

Die wöchentliche Dosis Bahnwärter Thiel hole ich mir am
Dienstag
bei der Dublab Session, präsentiert von PULS. Das Webradio Dublab macht es sich wöchentlich
zur Mission, „spannende Nischen, Labels, Produzenten und Genres auf[zu]spüren
und diese den interessierten Hörern weltweit näher[zu]bringen“. Ich bin
gespannt.

Es macht mich etwas stutzig, dass ich einer der zwei
einzigen bin, die bislang zu dem Konzert am Mittwoch zugesagt haben. Das Trio um James
Brandon Lewis
liegt musikalisch irgendwo zwischen experimenteller Improvisation
und akademischem Jazzmainstream. Der andere, unbekannte Zuhörer und ich werden
uns angesichts unserer guten Musikgeschmäcker wertschätzend zunicken. Eine Hand nachdenklich am Kinn, das rechte
Bein wippt im Takt – Die Jazzpose passt, um dem Geschehen auf der Bühne zu
lauschen.

In der Roten Sonne kann man am Donnerstag einem eher ungewöhnlichen
Live-Act in der DJ-Kanzel sein Gehör schenken: Bam Bam –The Mechanical Sequencer.
Ein Konstrukt, das einer Mischung aus Rasenmäher und Xylophon gleicht, aus dem
am Ende ansprechende Musik kommen soll… Ich bin skeptisch, lasse mich aber gern
eines Besseren belehren.

Es gab eine Zeit, zwischen CD und Spotify, in der besonders
innovative Künstler, ihre kompletten Alben auf Youtube hochgeladen haben. Mutig,
dachte man sich damals noch. In Erinnerung geblieben ist mir aus dieser Zeit
Panda Dub. Der Franzose hat mich mit seinen sphärischen Dub- und Reggae-Sounds früher
Nacht für Nacht in den Schlaf gewogen. Von Zeit zu Zeit wirkt seine Musik in
schlaflosen Nächten immernoch narkotisierend. Ich hoffe, ich werde das Ampere am
Freitag
zu seinem Konzert nicht früher verlassen müssen.

Text: Hubert Spangler

Bild: David Fragomeni