Zeichen der Freundschaft: Tom

Die besten Freunde findet man oft ganz früh im Leben. Das heißt aber auch, dass die Freundschaft so einige Lebensveränderungen überstehen muss. 

Eine weitere Kolumne aus unserer Reihe “Zeichen der Freundschaft”.

Irgendwann
kam der Tag an dem meine Mutter sagte: „Der Tom zieht weg. Weit weg. Aber ihr
seht euch sicher bald wieder.“ Nach Amerika ging er mit seiner Familie, sein
Vater hatte dort Arbeit gefunden. Ein Abschied. Von meinem besten Freund, meinem
Sandkastenfreund. Seit wir ein Jahr alt waren verbrachten wir fast jede Minute
miteinander. Damals am Flughafen haben wir uns versprochen uns zu Briefe zu
schreiben. Also wenn wir dann in zwei Jahren in die Schule kämen und Schreiben
lernten.

Man hätte
uns vielleicht für Geschwister halten können, wie wir beide mit unseren blonden
Haaren im Sandkasten saßen. Seit wir ein Jahr alt waren. Tag für Tag. Jahr für
Jahr.  Mein Sandkastenfreund Tom und ich.
Er musste schon einiges aushalten. Ich konnte mit einem knappen Jahr sprechen,
er hingegen laufen. Weggelaufen ist er dennoch nie, wenn ich ihm mal wieder die
Welt erklärte und er stumm daneben saß – unsere Eltern erzählen noch heute
davon. Gestört zu haben schien es ihn nie, er war immer schon ein guter
Zuhörer, hat sich nie beschwert.

Als er
damals ging haben wir uns dann einige Jahre nicht gesehen, aber Wort gehalten
und Briefe geschrieben. Mittlerweile lebt er mit seiner Familie wieder in
Deutschland, aber auch zum Studieren kam er nicht mehr nach München zurück. Manchmal
packt mich die Angst, die Entfernung, wenngleich sie auch nicht mehr so groß
war wie einst, könnte auch Distanz zwischen uns schaffen.

Mein Handy
piepst, eine Nachricht von Tom: „Hey Steph, alles gut?“ Steph, so nennt mich
sonst niemand. Wenn ich das höre, fühlt es sich an wie Nachhausekommen und gibt
mir die Sicherheit, dass uns etwas verbindet und das auch niemals aufhören
wird. Auch, wenn wir uns nicht oft sehen, ist es wie eh
und je. Ohne Worte haben wir einst Freundschaft geschlossen und, wenn auch zeitweise
mit wenig Worten, sie hat es ausgehalten. Und ja, wir schreiben uns immer noch.
Mittlerweile können wir es ja.

Von: Stephanie
Albinger

Foto: Yunus Hutterer

Bis die Bierdosen wackeln

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Große Auftritte bei Festivals, Release-Show in der Muffathalle, Musik für Fernsehwerbung: Die Kytes sind gerade auf der Erfolgsspur – für die Junge-Leute-Seite haben sie ein WG-Konzert in Obergiesing gespielt.

Von Theresa Parstorfer

Normalerweise würde Michael Spieler, Sänger der Münchner Band Kytes, das Publikum vor dem letzten Song ihres Konzerts auffordern, „die Bude einzureißen“. Das wäre an diesem Freitagabend jedoch tatsächlich sehr schade, denn die Wohnung am Tegernseer Platz, in der das erste Wohnzimmerkonzert der Kytes stattfindet, könnte gut auf dem Cover einer Einrichtungszeitschrift für junges Wohnen abgebildet sein. Altbau, verwinkelt, aber lichtdurchflutet, hohe Decken, helles Parkett, weiße Möbel – schlicht, stilvoll und unglaublich hip.

Verena Lederer, 23, und Marie-Therese Listmeier, 22, wohnen hier und Verena hat vor mehr als einem Monat das erste von der Junge-Leute-Seite der Süddeutschen Zeitung verloste WG-Konzert gewonnen. „Das ist natürlich total cool, ich hatte noch nie eine ganze Band in meinem Schlafzimmer“, sagt sie.

Die Musik der Kytes kannte sie davor schon – die vier jungen Männer aus München noch nicht. Aber gegen 22.30 Uhr, als die Band aufgehört hat zu spielen und langsam wieder Sauerstoff durch die geöffneten Fenster strömen kann, die während des Konzerts geschlossen bleiben mussten, hat sich Michael bereits eine Jogginghose der Gastgeberin ausgeliehen und unterhält sich lachend mit ihren Freunden.

Verenas Freunde bevölkern die beiden Schlafzimmer, den Gang und die Küche, in der liebevoll zubereitete Häppchen und die Getränke bereitstehen. Das Bier steht in der Dusche, sodass jeder, der kein Bier will, erst einmal den Toilettenbesuch ankündigen sollte, bevor er die Tür hinter sich schließt. Vier Paletten Dosenbier hat ein Harlachinger Brauerei-Start-up an diesem Abend vorbeigebracht. Die Gründer des jungen Unternehmens versorgen die Kytes auf ihren Touren mit dem in der „Garagen-Brauerei“ hergestellten Hellen.

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„Das ist natürlich total cool, ich hatte noch nie eine ganze Band in meinem Schlafzimmer“, sagt Verena Lederer (Foto oben).  Für das WG-Konzert der Kytes hat eine Münchner Start-up-Brauerei Getränke zur Verfügung gestellt – so was nennt man dann vermutlich Bierdusche. Fotos: Yunus Hutterer

Zwei Stunden zuvor: Das ohrenbetäubende Schrillen der Klingel will gar nicht mehr verstummen. Das ist keine Metapher. „Ach, das passiert manchmal“, sagt Verena und läuft barfuß in ihrer kurzen Lederhose und dem leicht bauchfreien, geblümten Oberteil die Treppe hinunter, um die Klingel zu reparieren, die sich manchmal verklemmt, wenn man zu fest draufdrückt.

Die Gäste werden immer zahlreicher und man drückt sich die Türklinke in die Hand. Auch das keine Phrase: Auf einmal hält Michael, der Sänger der Kytes, den inneren Griff der Tür in der Hand. Das passiert wohl manchmal. Schallendes Gelächter.

Timothy Lush, der Schlagzeuger, baut gerade die letzten Drums auf. Auf der größten steht „Not Blind Freddy“. Blind Freddy – so hießen die Kytes bis vor ein paar Jahren. Aber dann: neuer Name, neues Image, neuer Sound. Doch nach wie vor ganz viel Vertrauen von vier langjährigen Freunden in den gemeinsamen Wunsch, wirklich gute und erfolgreiche Musik zu machen.

Dass sich dieser Schritt gelohnt hat, zeigt sich an dem sich anbahnenden Erfolg der jungen Band: die Single „On the run“ von den Kytes läuft derzeit im Fernsehen als Hintergrund der Fernsehkampagne eines Mobilfunkanbieters. Im März standen die vier Musiker in Austin, Texas, beim SXSW 2016 auf der Bühne, dem größten Music-Showcase-Festival der Welt. Für den Rest des Jahres sind weitere 36 Konzerte geplant, unter anderem beim Melt! Festival, dem MsDockville und bei ihrem CD-Release-Konzert im Oktober in der Muffathalle.

Dass sich Michael Spieler, Timothy Lush, Kerim Öke und Thomas Sedlacek trotzdem nicht zu schade sind, ohne große Planung ein Wohnzimmerkonzert zu spielen, zeigt, was der wirkliche Charme der Band ist: Ohne Starallüren, unverfälscht und witzig machen sie ihr Ding – und das ist Gute-Laune-Musik irgendwo zwischen Indie-Pop und Rock mit überraschend vielfältigen, elektronischen Einflüssen, sodass sich die Musik nicht unbedingt in eine bestimmte Schublade stecken lässt.

An diesem Abend klingt das Ganze natürlich noch einmal ein bisschen anders. Nicht nur, weil da nur ein kleiner Verstärker in Verenas Schlafzimmer steht und dieser der Nachbarschaft zuliebe nicht auf volle Leistung aufgedreht wird und der elektronische Teil der Musik fehlt, sondern auch, weil die Band nicht ganz vollständig auftreten kann. Kerim, der zweite Gitarrist, ist krank geworden, und „ein Dude von vier Dudes ist dann doch ganz schön viel“, sagt Sänger Michael bei der Eröffnung des Konzerts. „Aber er wäre auch viel lieber hier“, beeilt er sich zu sagen. Wieder wird gelacht.

Zumindest für das Raumproblem ist die kleinere Besetzung beinahe ein Glücksfall, denn das Schlagzeug steht eng an den Schreibtisch gedrängt, für wildes Tanzen ist kaum Platz. Einen „Mini-Pogo“ bekommt das begeisterte Publikum dann aber doch hin, unterstützt von Michael selbst, sodass die Bierdosen neben den feinsäuberlich geordneten Lippenstiften in einem Karton auf dem weißen Schminktischchen bedenklich wackeln.

Bis zum Ende des Gigs fallen aber nur ein Bild von der Wand auf den Schreibtisch und ein paar von Verenas Ketten und Ohrringen auf den Boden. Zumindest nach der knappen Stunde Kytes-Genuss steht die „Bude“ noch – und ein Foto von dem Zimmer, dem Band-Equipment und den leeren Bierdosen würde sich gut machen auf dem Cover von „junges wildes Wohnen“.

Freiraum für Freidenker

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Kein Platz für nichts in München? Blödsinn, findet Benedict Esche. Der junge Architekt glaubt, dass es überall in der Stadt Resträume für Subkultur und zum Wohnen gibt – man muss nur erfindungsreich sein. Mit seinem frisch gegründeten Kreativen-Kollektiv will er das nun beweisen.  

Sieben Quadratmeter groß ist Annes (Name geändert) Zimmer an der Münchner Baumstraße in der Isarvorstadt. Früher war es eine Hausmeisterkammer, jetzt will sie es umnutzen. Künftig soll trotz der Enge Raum für verschiedene Zimmer sein: eine Wohnküche, ein Schlafzimmer, eins zum Arbeiten. Der Trick: verschiebbare Wände, ausklappbare Küche und Möbel. So soll Anne ihre kleine Wohnung in Sekunden umbauen können, lautet der Plan von Architekt Benedict Esche. Der 28-Jährige hat sie erst auf die Idee zum Umbau gebracht.

Seine Idee: Bars könnte man tagsüber als Büro nutzen, 
den Kiosk nachts zum Club machen.

Für Benedict ist das Erdgeschosszimmer in der Baumstraße eines von vielen Beispielen dafür, dass München gar nicht die Flächen ausgehen. Man müsse sie nur kreativer nutzen. Wenn er durch die Münchner Innenstadt läuft, sieht er überall Freiflächen: Zwischen zwei Blumenkübeln an der Brienner Straße wäre Platz für ein Minihaus in Bestlage, die Flächen vieler Bars könnte man tagsüber als Büro nutzen und den Kiosk an der Ecke nachts zum Club machen. Durch die geteilten Mieten soll München plötzlich auch wieder erschwinglich sein. Benedicts Ansatz ist also, die Stadt nicht tatsächlich günstiger oder größer zu machen, sondern sich kleine Schlupflöcher zu suchen, um sie besser auszunutzen.

„Nachverdichten“ ist zwar schon seit Jahren das Zauberwort in der Münchner Stadtpolitik – wenn es nach Benedict Esche geht, passiert aber noch nicht genug. Deshalb hat sein Architektenbüro „Kollektiv A“, in dem sie zu dritt arbeiten, eine weitere Gruppe ins Leben gerufen. Hierfür hat er sich junge Menschen aus verschiedenen Bereichen ins Boot geholt. Neben dem Architekten Jonas Altmann und der Architekturstudentin Vicky Papadimitriou sind auch die Kunsthistorikerin Lisa Deml, der Architekt Giacomo Nüsslein, Ulrike Geiger von „Bellevue di Monaco“ und Daniel Balfanz, der für die Bayernkaserne arbeitet, beteiligt.

Einen Namen hat das neue Kollektiv noch keinen, aber eine klare Mission: Den Restraum in München nutzbar machen – ob in Hinterhöfen, auf Dachböden oder mit dem Aufstocken von Häusern. Als erstes Projekt wollen sie in einem Schrebergarten ein Häuschen als vollwertige Wohnmöglichkeit für zwei Personen bauen, die Gespräche mit verschiedenen Kleingartenanlagen laufen.

Ideen wie die Minihäuser an öffentlichen Plätzen erinnern an die„Shabbyshabby Apartments“, skurrile temporäre Wohneinheiten des Raumlabors Berlin, die Kammerspiele-Intendant Matthias Lilienthal als eine der ersten Amtshandlungen vergangenen Spätsommer in der Stadt aufstellen ließ. Der Grundgedanke ist bei Benedict ähnlich: Wer in München leben möchte, muss improvisieren und kreativ werden. „Nur eben ohne Shabby“, sagt der Jung-Architekt und grinst. Das sei ja nicht unbedingt was für die Münchner. Nach dem wilden Brainstorming wird an ausgeklügelten Designlösungen gefeilt – es soll einem ja nur aus Platzgründen an nichts fehlen. Denn Benedict ist nicht nur Träumer.

Ihr Modell der „Arrival City“, bei dem sein Büro für Club-Besitzer und Financier Wolfgang Nöth „Flüchtlingsunterkünfte der Zukunft“ mit getrennten Zimmern, Sport- und Kulturangeboten entwirft, stößt bereits vor dem Bau auf Anklang in der Architekturszene: Die Stadt München nominierte sie für den Architektur-Förderpreis, bei der Biennale in Venedig, die am 28. Mai eröffnet wurde, bekamen sie einen Platz im deutschen Pavillon. Ihre Ideen passen in den Zeitgeist, das diesjährige nationale Motto unter Kurator Oliver Elser lautet „Making Heimat. Germany, Arrival Country“.

Ankommen muss auch Benedicts neues Kollektiv erst einmal. Bis vor kurzem saß er mit seinem Architekturbüro noch in Berlin, doch München, die Stadt seiner Studienzeit, ließ den gebürtigen Hamburger nicht los: „Jeder spricht hier über das Platzproblem, der Lösungsbedarf ist groß.“
Der offizielle Startschuss für das neue Projekt ist vergangenen Donnerstag mit der Eröffnung der Pop-Up-Ausstellung „Restraum“ gefallen. Dauer: zwei Wochen. Ort: Das „Open Houseofhrvst“ am Maximiliansplatz 12, ein temporärer Mix aus Laden und Café vom Maxvorstädter Klamottengeschäft „Houseofhrvst“ und dem Studententreff „Lost Weekend“.

Benedicts Restraum-Ausstellung ist nun sozusagen die Zwischennutzung der Zwischennutzung, das Pop-Up-Event im Pop-Up-Store. Damit praktiziert er genau das Modell, das sein Kollektiv bewerben will: Raum teilen und kreativ nutzen. Am Beispiel bildende Kunst will die Gruppe zeigen, dass eigentlich überall Platz wäre, auch für Subkultur. „In München gibt es bisher keine starke Kultur bei den Kreativen, ungenutzten Raum ausfindig zu machen“, sagt Adrian Sölch, einer der ausstellenden Künstler. Viele würden sich stark an bestehende Institutionen hängen, anstatt eigene Initiativen zu starten.

Für Benedict Esche geht es darum, Gedanken anzustoßen – unabhängig von Regelwerken

Neben Adrian Sölch zeigen fünf weitere Münchner Künstler ihre Werke in der Ausstellung, die der Münchner Bequemlichkeit entgegentreten will. Zwischen Klamotten und Schuhen hingen die Kunstschaffenden ihre Werke auf, erst drei Tage vor der Eröffnung konnten sie mit den Installationen beginnen und auch dann nur in den Abendstunden daran arbeiten. Raum teilen heißt eben auch Kompromisse schließen – und Resträume finden. Bei dieser Aufgabe sind auch die Besucher gefragt: Auf den zwei Stockwerken sind Holzklötze verteilt, aus denen jeder bauen darf, was und wo er will. Die Ausstellung soll spielerisch dazu anregen, selbst Freiflächen zu entdecken – ob diese nun letztlich realistisch nutzbar sind oder nicht.

Benedict ist klar, dass er mit seinen Ideen oft auch an rechtliche Grenzen stößt. Häuser aufstocken und Innenhöfe bebauen sei zwar möglich und werde auch schon gemacht, sagt Thorsten Vogel vom Planungsreferat. Aber Gehsteige oder öffentliche Plätze nutzen, das sei so einfach nicht. „Da spielen viele Schritte mit rein – die Zustimmung der Stadt als Eigentümer, die Bewilligung einer Sondernutzung oder einer Baugenehmigung und das tatsächliche Baurecht.“ Auch das Vermischen von gewerblich und privat genutzter Fläche ist nach aktueller Rechtslage schwierig: Gewerbegebiete dürften grundsätzlich nicht als Wohnraum genutzt werden. Letztlich müsse aber immer der Einzelfall geprüft werden. Doch für Benedict geht es eben zuerst einmal darum, Gedanken anzustoßen – unabhängig von Regelwerken.

 Für manche mögen seine Lösungen auch unbequem klingen: wohnen auf sieben Quadratmetern? Das Büro nachts zweitnutzen und immer alles wegräumen müssen? Benedict versteht die Zweifel, aber man könne durch das Zusammentreffen mit den verschiedenen Mitnutzern ja auch viel gewinnen. Und: „Wenn ich dir sagen würde, du könntest direkt am Marienplatz wohnen – dann würdest du doch auch nicht zögern, oder?“

Von: Elisabeth Kagermeier

Foto: Yunus Hutterer

Zeichen der Freundschaft: Willkommen bei den Nerds

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Logische Fehler in Kathis Witzen finden ist Manus liebstes Hobby. Trotzdem oder gerade deshalb sind sie Freunde. Deshalb geht Kathi auch mit Manu in die Informatik-Vorlesung und Manu schaut mit Kathi und ihren Mädels Filme wie “Tatsächlich Liebe”. Eine neue Kolumne aus der Reihe “Zeichen der Freundschaft”.

Der Countdown läuft. Manu und ich sitzen in der Mathe-Vorlesung, und ich zähle still von zehn rückwärts. Gerade habe ich einen ziemlich nerdigen und nicht besonders lustigen Witz gemacht. Einen, den – wenn überhaupt – nur andere Nerds amüsant finden. Wahrscheinlich ging es um Grenzkosten. „Sieben, sechs, fünf“ – bevor ich bei vier angekommen bin, legt Manu los: „Also so ganz stimmt das ja nicht“. Denn Manus liebstes Hobby ist es, logische Fehler in meinen Witzen zu finden.

Weil Manu nicht nur VWL, sondern auch Informatik studiert, kennt er sich mit Logik leider ziemlich gut aus. Mit Computern allerdings auch. Und damit, mir ganz, ganz langsam zu erklären, was ich meinem Computer sagen muss, damit der tut, was ich will.

Einmal hat er mich sogar zu einem Ausflug auf den Olymp der Nerds eingeladen, in eine Informatik-Vorlesung. Da ging es um Virtualisierung und andere Dinge, von denen ich keine Ahnung habe. Viele der Informatikstudenten schienen ebenfalls keine Ahnung zu haben und guckten lieber Pornos auf ihren linuxbetriebssystemten Laptops. Da fiel mir nicht einmal ein unlogischer Witz ein, so geschockt war ich. Ähnlich sprachlos war Manu wohl beim „Tatsächlich Liebe“-Filmabend mit mir, meinen Mädels und Hugh Grant. Was tut man nicht alles…

Kennengelernt haben wir uns ganz nerdtypisch in der Uni. Erst war er der Typ, der in Makroökonomie hinter mir saß. Dann der Typ, der in Spieltheorie vor mir saß. Irgendwann musste ich ihn höchstselbst nach seiner Handynummer fragen. Denn er hatte damals ein bisschen etwas von Raj aus „The Big Bang Theory“, was die Gesprächsbereitschaft gegenüber Frauen angeht. Mittlerweile weiß ich, dass Manu dreikommaeinsviermal cooler als Leonard ist. Und ich bin froh, dass er jetzt der Typ ist, der in der Mathe-Blockvorlesung neben mir sitzt. Ohne Manus beruhigende Sprüche und lustige Nerd-Videos hätte ich in dieser Vorlesung schon längst die weiße „Game Over“-Flagge gehisst.

„Schade, dass man mit diesen komischen ‚geschlossenen Epsilonbällen‘ nicht Fußball spielen kann“, sage ich scherzhaft zu Manu. „Na ja…“, sagt er und denkt nach. Der Countdown, er läuft wieder.

Von: Kathi Hartinger

Foto: Yunus Hutterer

Zeichen der Freundschaft: Mupfeltanz

Mupfel. So nennt der Pinguin aus “Urmel aus dem Eis” die Muschel in der er liegt und die Welt beobachtet. Auch Steffi und ihre Freundin Sharon haben einen solchen Zauberort gefunden. Eine neue Kolumne aus unserer Reihe “Zeichen der Freundschaft”.

Sie tanzt barfuß auf Zehenspitzen am Strand. Hinter ihr das Meer und die Sonne die langsam den Morgen einläutet. Die Strandparty auf der indonesischen Insel ist vorbei, nur noch ein paar Menschen sind geblieben. Jene die diese wunderbare Nacht nicht enden lassen wollen .
Ich sitze im Sand, beobachte sie, meine Sharon die mich, nachdem ich ein halbes Jahr auf Reisen war nun an meinem letzten Stopp besucht. Die Farben in die die aufgehende Sonne den Himmel taucht rauben mir den Atem. Der schönste Sonnenaufgang, die schönste Freundin. Ich rufe ihr zu, was sie da macht und ob die vielen Korallen am Strand nicht weh tun an den Füßen. Sie erklärt fröhlich, dass sie um jede Muschel herumtanzt . Es macht in diesem Moment Sinn. Ein Mupfeltanz kommt es mir.

Mupfel, das Wort, dass der Pinguin mit Sprachschwierigkeiten bei „Urmel aus dem Eis“ der Muschel gab in welcher er immer lag und die Welt beobachtete. Einen solchen Ort hatten wir zwei auch vor kurzem auf der Insel entdeckt. Versteckt zwischen Ästen, Sand und Bäumen, direkt am Strand. Dort lagen wir immer und freuten uns über diesen geheimen, verwunschenen Ort von welchem wir aus all das Treiben um uns herum versteckt beobachten konnten. Unsere Mupfel – ein schönes Wort, ein schöner Ort.

Ich glaube nicht, dass man mit jedem Menschen reisen kann. Aber mit Sharon würde ich ohne zu zögern und jederzeit in das nächste Flugzeug steigen.  Sie hegt die gleiche Abenteuerlust und ist genauso offen für neue Kulturen wie ich. Wir können stundenlange Unterhaltungen durch alle Themengebiete führen ohne, dass es langweilig wird. Haben beide kein Problem, wenn nicht jeder Tag auf Reisen vollgepackt mit Unternehmungen ist und wir stattdessen tagelang nur in unserer Mupfel liegen und Schokolade naschen.

Am nächsten Tag ist Sharon verwundert, weil ihre Füße so weh tun. Wir werfen einen Blick auf die schmerzenden Stellen und entdecken kleine Korallen die sich in die Fußsohlen gebohrt haben. Wir schütteln beide verwundert den Kopf, wie konnte das denn passieren? Trotz Mupfeltanz?

Von: Stefanie Manna

Foto: Yunus Hutterer

Zeichen der Freundschaft: Die Große und die Kleine

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Jenny ist klein, ihr Freundin Marie ist groß. Das ist es, was sofort auffällt, wenn man die beiden nebeneinander stehen sieht. Und vielleicht sieht das für Außenstehende komisch aus. Doch Jenny und Marie stehen da schon lange drüber – ungeachtet ihres Größenunterschiedes. Eine neue Kolumne aus der Reihe “Zeichen der Freundschaft”.

Ich war schon immer die Kleinste, überall. Manche erzählen, dass sie in der Grundschule zu den Größeren gehört haben und erst nach und nach vom Wachstum der anderen überholt wurden. Bei mir war das nie so. Ich war immer die Kleinste, egal wo. Ich bin es heute noch. Eine, auf deren Schultern man gut seinen Arm ablegen kann. Wenn einer meiner Bekannten mir Musik auf einen USB-Stick zieht, heißt der betreffende Ordner „Musik für den Zwerg“.

Ich finde das inzwischen nicht mehr schlimm. Ist ja auch nicht so, als könnte ich etwas daran ändern. Es gibt nur eine Person, die das versteht. Versteht, was man so alles durchmachen muss, wenn die Körpergröße aus der Norm fällt: Marie. Marie ist kein Zwerg, nein. Im Gegenteil. Wenn man beim Märchenvokabular bleiben möchte, dann ist sie mein Gegenstück: ein Riese. Ich bin nicht mal 160 Zentimeter hoch, Marie ist dafür über 180 Zentimeter groß. Sieht das komisch aus, wenn wir nebeneinander stehen? Ja, ich glaube schon.

Aber das Schönste an Marie und mir ist, dass wir uns so gut kennen, so aneinander gewöhnt haben, so viel gemeinsam unternommen, dass wir unseren Größenunterschied nicht mehr bemerken.

Wenn wir gelegentlich Fotos von uns betrachten, erschrecken wir. „So sieht das doch nicht wirklich aus, wenn wir nebeneinander her laufen oder?“ Doch, genau so! Macht nichts. Nerven Marie die Sprüche über ihre Größe, wenn sie einen Raum betritt? Ja, aber auch nicht mehr so wie früher. Trotz Größenunterschied stehen wir beide drüber. Weit drüber. Und wir haben ja einander. Wir verstehen uns.

Und das Bild, das am besten zeigt, was und verbindet, das wurde nie auf Fotopapier gedruckt, aber es hat einen festen Platz in unserer gemeinsamen Erinnerung: Ich auf dem Gepäckträger von Maries Fahrrad – die Beine musste ich dabei ja kaum einziehen – Marie vor mir auf dem Sattel. Wir fahren lachend und singend durch die Maxvorstadt, mein Hintern tut weh, Marie bekommt vom treten Hitzewallungen, aber wir genießen unser Jugendtage in vollen Zügen. Und wenn auch das Fahrrad gelitten hat, wir sind immer angekommen!

Noch heute, bin ich die einzige, die Marie fragen darf, ob sie mir etwas vom obersten Regal runter reichen kann, ohne dass sie genervt ist. Ich wiederum würde für Marie unter jeden Schrank und jedes Regal kriechen. Klein genug bin ich ja. 

Von: Jennifer Lichnau

Foto: Yunus Hutterer

Zeichen der Freundschaft: Klingelalarm

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Theresa hat eigenltich immer frisch gebackenen Kuchen zuhause. Ihr Freund Miguel weiß das, und steht nicht selten unangemeldet vor der Tür und klingelt Sturm. Trotz aller Unterschiede, gibt es keinen Menschen, dem Theresa lieber Kuchen auf den Teller häufen würde. Eine weitere Kolumne aus unserer Reihe “Zeichen der Freundschaft”.

Er steht einfach vor meiner Tür. Angekündigt nur vom ohrenbetäubenden Klingeln meiner Türglocke. Und meistens einer merkwürdigen Ansage durch die Sprechanlage: „Hier ist der Rettungsdienst, wir haben gehört, dass bei Ihnen ein Feuer ausgebrochen ist?“, „Hier der örtliche Metzger, Sie haben 10 kg Pferdefleisch bestellt?“

Meistens verstehe ich den Witz erst, wenn er vorbei ist, und ich einmal wieder auf ihn hereingefallen bin. Dann sitzt Miguel auch schon an meinem Esstisch und klopft sich mit seiner dünnen Hand auf seinen dünnen Schenkel vor Lachen. „Du hast es wirklich geglaubt.“ Ich ziehe eine finstere Miene und hebe den Zeigefinger „Aufpassen, oder du kriegst keinen Kuchen.“ Das zieht. Immer.

Manchmal witzelt Miguel, er würde nur zu mir kommen, weil er weiß, dass die Wahrscheinlichkeit zumindest nicht klein ist, in meiner Küche nicht nur mich in Jogginghose, sondern auch einen Kuchen anzutreffen. Apfelschmand, Käse-Pfirsich-Mohn, Kirsch-Streusel oder Karotte-Ananas-Walnuss.

Aber interessanterweise weiß ich, dass für Miguel meine Kuchen nur an zweiter Stelle, nach meiner Gesellschaft stehen. Das weiß ich, obwohl Miguel und ich ständig darüber streiten, ob Keira Knightly jetzt hübsch ist oder nicht, ob es fies ist, über dicke Menschen zu lästern oder ob es in Ordnung ist, an Halloween kleine Kinder zu Tode erschrecken, indem man sich eine dieser Messerattrappen aufsetzt, die aussehen, als hätte einem jemand den Kopf gezweiteilt. Ich weiß, dass Miguel mich mag, nicht nur weil er mir die schönste Zeichnung einer Ballerina zu Weihnachten schenkt oder mich mit dem Fuchs aus „Der kleine Prinz“ vergleicht. Das weiß ich, weil er der erste Mensch ist, bei dem ich nicht Angst habe, er könnte mich aufgrund meiner Aussagen verurteilen. Und weil er auf der anderen Seite der erste Mensch ist, dem ich es verzeihen kann, dass er Keira Knightly wunderschön findet, Übergewicht abstoßend und Kinder-Erschrecken am liebsten zur olympischen Disziplin erheben würde.

Und vielleicht weiß ich es auch, weil er trotz all unserer Unterschiede in unregelmäßigen Abständen unangekündigt an meiner Tür klingelt und ich ihm liebend gerne nicht nur ein, sondern zwei oder drei Stück Kuchen auf seinen Teller hebe.

Von: Theresa Parstorfer

Foto: Yunus Hutterer

Zeichen der Freundschaft: Klingelzeichen

Einmal-kurz-zweimal-lang. Das ist das Klingelzeichen von Marina und ihrer Freundin Rike. Mit der Zeit ist es immer seltener geworden, aber mit ein bisschen Phantasie muss das nichts heißen. Eine weitere Kolumne aus unserer Reihe “Zeichen der Freundschaft”.

Es klingelt, einmal-kurz-zweimal-lang. Ich renne die Treppe nach unten, öffne die Haustüre. Rike. Seit wir klein waren wohnte sie im Haus gegenüber. Wir mussten nur einmal um den Block laufen, dann standen wir vor der Haustür der anderen. Sie lief immer rechts rum und ich immer links rum. Wir hatten unser spezielles Klingelzeichen, einmal-kurz-zweimal-lang, so klingelte sonst keiner. Ich kann unmöglich sagen, wie oft sie vor meiner Haustür  stand und ich, sobald ich das einmal-kurz-zweimal-lang hörte, die Treppe nach unten rannte. Wir waren wie Schwestern.

Rike war immer die Realistin. Die genau wusste, wie ihr Leben verlaufen sollte, mit Liebe und heiraten und Kinder, mit Karriere machen, mit Plan. Sie war immer die Realistin, die in der Grundschule schon Zeitung las und das Meiste davon sogar verstand. Ich war immer die Träumerin, die nicht älter werden wollte, und wenn doch, dann bitte Pirat. Ich war die Träumerin, die träumte, dass das Leben ein Abenteuer ist, in dem sie und ich immer befreundet bleiben.

Aber als es dann losging und ich verliebt war und sie nicht, und ich dann wieder verliebt war und sie nicht, und ich plötzlich auch die Zeitung las und sie von Anarchie träumte, da hatte sich etwas verändert. Sie war zur Träumerin geworden, und ich zur Realistin mit Plan. Wir, die wir uns kennen gelernt hatten, als wir uns unsere Träume noch in Kinder Fantasie Sprache erzählten, konnten nicht mehr reden. Wir hatten Rollen getauscht. Das einmal-kurz-zweimal-lang wurde seltener.  

Die Träumerin und die Realistin, die wir beide in uns tragen, finden immer wieder zueinander. Sie studiert am anderen Ende Deutschlands, und auch ich bin mittlerweile ausgezogen. Realistisch gesehen könnte das alles das Ende bedeuten, aber ich glaube, mit ein bisschen Fantasie muss es das nicht. Wir kennen jetzt beide beide Seiten,  die verträumte und die realistische, und darin finden wir uns wieder. Wenn man so viele Jahre alles zusammen erlebt, gemeinsam von der Zukunft träumt und Pläne schmiedet, dann kann man auch Distanzen vergessen und immer wieder neu anfangen.

Unsere Eltern wohnen immer noch gegenüber. Und wenn wir an Weihnachten oder in den Semesterferien beide zuhause sind, dann laufen wir wieder einmal um den Block, sie immer noch rechts rum und ich immer noch links rum. Und dann wieder: einmal-kurz-zweimal-lang.

Von: Marina Sprenger

Foto: Yunus Hutterer

Von Freitag bis Freitag München – Unterwegs mit Yunus

Der April ist regnerisch, sonnig, windig, warm und kalt und – gut gelaunt. So wie Yunus, der diese Woche die Münchner Musik- und Kunstszene unsicher macht: Rote Sonne, Muffatwerk, Farbenladen, AWI und Lost Weekend, alles dabei.

April, du machst zwar, was du willst, aber das ist egal, denn du verabschiedest die für mich die 3 schlimmsten Monate des Jahres. Ich bin jetzt bereit für gutes Wetter und noch besser: gut gelaunte Menschen, inklusive mir.

Immer noch total begeistert und elektrisiert wache ich am späten Freitagmorgen auf. Gestern Abend hat die Band „Moderat“, die irgendwo zwischen Pop und Techno auftreten, ihr neues und drittes Album im Zenith vorgestellt. Ich mache mir also einen Kaffee und lege die Vinyl auf, die ich mir gestern noch mitgenommen habe. Die Sonne scheint durch das Fenster. Deswegen schnappe ich mir meine Kamera und mache mich auf den Weg um ein paar Fotos zu schießen. Einen genauen Ort, an den ich möchte, habe ich nicht im Kopf, aber der Weg ist ja bekanntlich das Ziel.
Am frühen Abend schaue ich im Carhartt Store vorbei. Dort beginnt heute die Ausstellung “Ausser Mützen und cool sein“. Hier wird von verschiedenen Künstlern bewiesen, dass Skaten schon immer mehr Kunst als Sport war und ist.
Später beginnt das egoFM Fest im Muffatwerk. Hier spielen heute ganz viele tolle Bands! Von „ROOSEVELT“, über „Chefket” bis hin zu „The Black Submarines“. Auf die Band „Claire“ und darauf, dass ich nur eine leichte Jacke anziehen muss, freue ich mich aber am meisten.

Am Samstag fällt mir auf, dass das die ultimative Woche der Musik ist.
Heute Abend werden im Feierwerk die negativen Aspekte des Lebens und kommerzieller Hip Hop kritisiert. Und zwar von Retrogott und Hulk Hodn. Die Zwei gehen mit ihrem neuen Album „SEZESSION“ auf Tour und besuchen heute das Hansa 39.

Sonntag bleibe ich dem Motto der Woche treu und gehe zur Schallplattenbörse in die Tonhalle. Hunderte Menschen treffen sich hier, um zu kaufen oder zu verkaufen, um zu stöbern oder auch einfach nur, um über Musik zu philosophieren. Ich bin hier auf der Jagd nach Techno und Funk Platten und weiß ganz genau, dass ich heute mehr Geld ausgeben werde, als mir lieb ist.
Später gehe ich noch in das Substanz, wo ausnahmsweise bereits am ersten Sonntag des Monats der Original Substanz Poetry Slam im April stattfindet. Ich lasse mich überraschen, was mich heute erwartet.

Es ist Montag und ich schlafe lange. Einen Wecker habe ich mir gestern Abend trotzdem gestellt. Komisch aber, dass es dennoch nervig ist, aufzustehen und den Wecker zu hören, obwohl dieser erst um 14 Uhr anfängt, zu klingeln und ich mehr als 10 Stunden geschlafen habe. Egal. Ich mache mir etwas zu Essen und fange parallel an ein Buch zu lesen. Ich schaue aus dem Fenster. Ich lese weiter.

Dienstag bin ich im im hochfunktionalen Lost Weekend anzutreffen.
Hochfunktional da tagsüber Café und Buchhandlung und Abends ein Ort für Konzerte und Veranstaltung. Heute für eine audiovisuelle Lesung und Präsentation von Lydia Dahers neusten literarischen Arbeiten. Die Lyrikerin und Musikerin arbeitet allein oder aber   auch gemeinsam mit anderen Künstlern im Bereich der Bildenden Kunst und des Hörspiels. Der Eintritt ist frei!

Welche Wahrheit transportieren Fotos? Das fragte sich der amerikanische Fotograf James Casebere immer wieder. Und ich mich heute am Mittwoch auch. Ich gehe in das Haus der Kunst und schaue mir die über 50 großformatigen Bilder Caseberes an. Unter dem Ausstellungsnamen „Flüchtig“ zeigt der Künstler Fotos, die vor Details strotzen, obwohl oder gerade weil ihre Motive in der Regel nur aus Modellen bestehen. Sie sind beispielsweise aus Styropor oder Gips angefertigt.
Am Abend gehe ich zu Tube und Berger in die Rote Sonne. Die zwei DJs und Musikproduzenten stellen ihre neue EP vor und zeigen, wohin ihre musikalische Reise gehen wird.

Der Donnerstag ist toll. Ein Tag voller Vorfreude auf die Rückkehr des größeren Bruders, dem Freitag. Ich beginne den Tag mit einer Runde Joggen. Das klingt so, als wäre es das normalste der Welt. Ist es aber nicht. Ich hatte mir Anfang des Jahres vorgenommen, den Vorsatz, wieder regelmäßig joggen zu gehen, umzusetzen. Habe ich natürlich nicht geschafft. Aber heute bin ich sehr motiviert und fest entschlossen dieses Vorhaben zu realisieren.
Danach gibt es einmal wieder Hip Hop auf die Ohren. Spoken Word Artists und Hip-Hop Artists, wie Mc’s, Beatboxer und DJs treffen sich heute im Downtown Flash, um ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen und um Poetry und Hip Hop zu vereinen.

Der Freitag ist da. Ich treffe mich mit Freunden zum Fußball spielen, bevor ich am Abend einen kleinen Marathon hinlege. Mein Lauf beginnt im Farbenladen, wo heute die Vernissage der Ausstellung „BOJEN“ stattfindet. Nachdem die Junge Leute Seite der SZ im März den Farbenladen eingenommen hatte, bin ich gespannt was die internationalen Künstler aller Art auf die Beine gestellt haben! Ich ziehe weiter Richtung Müllerstraße. Im AWI läuft heute Disco und House Musik gemixt von André Dancekowski. Nach ein paar Gin Tonic mache ich mich dann auf den Weg Richtung Ziellinie. Aus Harry Klein wurde Marry Klein. Den ganzen April über stehen weibliche DJanes an den Decks. Ich freue mich heute auf Britta Arnold und besonders auf Alma Gold, die ich beim letzten Sound of Munich now gehört habe.

Yunus Hutterer

Foto: privat

Zeichen der Freundschaft: Sammelstücke

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Barbara und ihre Freundin Simone sammeln. Sie sammeln Geld in Bars, wenn andere sich hemmungslos betrinken. Nicht, weil sie reich werden wollen, sondern es ihnen Spaß macht. Und kein anderer das nachvollziehen kann. Eine neue Kolumne aus unserer Reihe “Zeichen der Freundschaft”.

Ich saß gerade auf meinem Bett, als das Telefon gestern klingelte. Simone war dran. Sie habe letztens beim Feiern einen fünf Euroschein gefunden, das wollte sie mir nur mitteilen. Ich war gerührt und freute mich für sie. Außenstehende hätten uns für verrückt erklärt, aber das hängt alles mit unserem gemeinsamen Hobby zusammen: Wir sammeln Geld. Euros, Cents, Scheinchen, alles was wir so kriegen können. Aber wir sammeln nicht im Sinne von sparen, sondern wir sammeln das Geld auf dem Boden. Geld liegt tatsächlich auf der Straße, man muss es nur finden.

Angefangen hat alles vor vier Jahren auf dem Rosenmontagsball in unserer Heimatstadt. Die Sekunden und Minuten gingen nur langsam vorüber. Der Abend war noch jung, doch wir fühlten uns alt. Wir waren von 18-jährigen Erdbeeren, Krankenschwestern und Mexikanern umringt. Die Musik war schlecht und ich hatte Hunger. Simone schaute mich mit ihrem schläfrigen Blick an. Meistens tut sie das, um mir mitzuteilen, dass ihre Kontaktlinsen schmerzen.

Es war einfach an der Zeit, nach Hause zu gehen. Wir wollten gerade unsere leeren Bierflaschen abgeben, als wir merkten, dass der Barkeeper uns gar keine Pfandmarke gegeben hatte. Marken seien überflüssig, klärte er uns auf und gab uns unsere Euros zurück. Ich blickte mich um und sah überall leere Flaschen und Becher am Boden stehen. Ich zählte eins und eins zusammen und sah mich schon in dem blauen Pulli, den ich mir aus Mangel an Geld beim letzten Einkaufsbummel nicht gekauft habe. Ich wollte Simone anstupsen, aber ich merkte, dass sie in einen Tunnelblick verfallen war: Sie starrte auf einen runden Tisch nähe des Ausgangs, der vor Flaschen nur so überquellte. Sie hatte auch so verstanden, ich musste sie nicht aufklären. Plötzlich waren der Hunger und die Müdigkeit verflogen. Die nächsten Stunden verbrachten wir voller Eifer mit Flaschen einsammeln. Wir waren so in unserem Element, wir merkten nicht einmal, dass die anderen uns schon anstarrten. Im Nachhinein war das vielleicht auch gut so, schockierte Blicke hätten uns nur gehemmt, wir wären nicht mehr so zielstrebig gewesen. Am Ende des Abends hatten wir insgesamt 100 Euro verdient.

Von da an entwickelte sich eine Art Eigendynamik. Bei Flaschen alleine blieb es nicht, wir schauten auch direkt nach Bargeld. Wenn wir gemeinsam Bars oder Diskos aufsuchten, schnellten unsere Blicke auf den Boden – unter Barhockern und Tischen. Wir gingen niemals leer aus und freuten uns darüber wie Kleinkinder. Natürlich versuchten unsere Freunde mit uns zu reden, erklärten uns, wir seien verrückt, würden das Wesentliche an den Partys verpassen. Wir schränkten uns etwas ein, wir sahen ein, dass wir es etwas übertrieben hatten. Aber wir hatten wirklich viel Spaß zusammen. Das konnten die anderen nicht verstehen, sie waren eben nicht wie wir. Als Freundinnen kamen wir uns durch diese skurile Beschäftigung noch näher. Manchmal sogar so nah, dass wir mit unseren Köpfen am Boden zusammenstießen. Mittlerweile sehen wir uns aber nicht mehr so oft, der Alltag kommt uns immer wieder dazwischen. Aber immer wenn ich irgendwo einen Cent oder einen Euro aufhebe, denke ich liebevoll an meine Simone. Und sie an mich. 

Von: Barbara Forster

Foto: Yunus Hutterer