Sternenkunde im Hauseingang

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Die Macht der Sterne sollte man nicht unterschätzen. Besonders wenn man Verena heißt, eingefleischte Hobby-Astrologin ist und gerne mitten in fremden Hauseingängen knutscht.

Nach Antworten zu suchen liegt ja bekanntlich in der Natur des Menschen. Warum aber muss Verena ihre Antworten ausgerechnet in den Sternen suchen? Seit mehr als einer Stunde erzählt sie mir von Aszendenten und Horoskopen. Tussi-Kram, sage ich, und dass ich keine Lust habe auf eine Diskussion über die offensichtlich fehlende Daseinsberechtigung der Astrologie. Recht-haberisch, typisch Jungfrau, sagt Verena. Die kann mir viel erzählen.

Gerade erzählt sie von Thomas. Der ist Wassermann. Ein gewaltiges Problem. Die Haupteigenschaft von Wassermännern sei ihre Hartnäckigkeit, sagt Verena. Tatsächlich ist das die Haupteigenschaft so ziemlich jedes Sternzeichens, ich habe das gegoogelt. Wie dem auch sei, Thomas ist Wassermann. Und hartnäckig. Und verknallt in Verena. Seit dem Herbst bearbeitet er sie jetzt schon, sie solle doch mit ihm ein Bier trinken gehen. Aber Verena will nicht, Verena ist nämlich Widder und das passt nun so gar nicht zum Wassermann. Aha.

Trotzdem muss Verena zugeben, dass sie ihr auch ein bisschen gefällt, diese Hartnäckigkeit. Man könnte sich glatt daran gewöhnen. Immerhin ist Thomas auch extrem charismatisch, typisch Wassermann eben. Ich verdrehe die Augen. Und weil Verena langsam Erbarmen mit mir hat, erzählt sie endlich, was eigentlich das Problem ist: Sie hat sich verknallt. In Thomas. Trotz der Sterne. Und das hat sich gerächt. Vergangene Woche hat sie sich endlich zu einem Bier mit Thomas überreden lassen. Und weil er mit jedem Bier noch charismatischer wurde, war sie am Ende, sagen wir, beschwipst. Das war auch der Grund, warum sie sich auf dem gemeinsamen Heimweg trotz konfuser Sternenkonstellation in einen Hauseingang schieben ließ, wo Thomas ihr zeigte, wie gut so ein Wassermann mit einem Widder harmonieren kann.

Zumindest bis sich eine gereizte Stimme aus der Gegensprechanlage meldete. Im Eifer des Gefechts hatte Thomas Verena gegen das Klingelbrett gedrückt und so das halbe Haus aus dem Bett geklingelt. Peinlich, fand Thomas. Er brachte Verena noch zur U-Bahn, dann fuhr er nach Hause. Verena schaute in den Himmel und verfluchte die Sterne. Jähzornig. Typisch Widder. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.
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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Die gute Fee und der Zauberstab

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Perfekt ist nicht gleich gut. Das muss auch Mathilda einsehen. Ihr Leon schenkt das Richtige, tut das Richtige und sagt das Richtige. Ist Beziehungsprofi und Frauenversteher. Doch das ist wohl auch der Grund, warum Leon bald nicht mehr Mathildas Leon ist.

Es gibt Wahrheiten, die sind so universal, dass man sich ihrer Gültigkeit nicht entziehen kann. Das kann man jetzt philosophisch anpacken und überlegen, wessen man sich eigentlich sicher sein kann. Man kann es aber auch wie die Pussycat Dolls machen und halb nackt durch die Fernsehlandschaft tänzeln, während man seine Fans mahnend daran erinnert, dass manche Dinge lieber nicht Realität werden sollten. „Be careful what you wish for.“

Mathilda hört nicht Pussycat Dolls. Das ist Pech. Sonst hätte sie Leon nie gesagt, dass sie ein Problem mit ihm hat. Welches genau, das kann sie ihm auch nicht sagen. Er sei einfach genau so, wie sie ihn sich wünscht, setzt sie an. Klar, daran ist schon so manche Beziehung gescheitert. Mathilda verdreht die Augen.

Tatsächlich verhält es sich so, dass kaum ein Mann besser für eine Beziehung geeignet ist als Leon. Leon, der Beziehungsprofi. Es ist ein bisschen wie mit einer guten Fee. Du hast einen Wunsch frei, du willst den perfekten Freund, ein bisschen mit dem Zauberstab wedeln, ein bisschen Glitzerregen. Da ist Leon. Da gibt es keine Missverständnisse, kein Drama, keine Konflikte. Nicht am Jahrestag und auch nicht bei Ikea in der Markthalle. Noch nicht einmal im Badezimmer, wenn seine Freundin fragt, ob sie in ihrer Lieblingsjeans dick aussieht. Leon schenkt das Richtige, er tut das Richtige, er sagt das Richtige. Immer. Was fehlt Mathilda dann?

Das weiß sie auch nicht so genau. Vielleicht der Reiz der Unvollkommenheit. Vielleicht, dass Leon mal nicht das sagt, was sie hören will, sondern das, was er meint. Vielleicht wünscht sie sich auch nur ein bisschen Drama. Leon, die gute Fee, verschwindet für zwei Wochen in den Tiefen des Münchner Nachtlebens. Er geht nicht ans Telefon, ruft nicht zurück. Dann steht er betrunken vor ihrer Tür, auf der Schulter noch etwas Glitzerregen. Aus sicherer Quelle weiß Mathilda, dass er auch mit dem Zauberstab gewedelt hat. Er fragt, ob das nun genug Drama wäre und ob sie sich das so vorgestellt hat. Mathilda schickt ihn nach Hause, morgen würden sie ein ernstes Gespräch führen. Dann geht sie ins Bett. Im Radio laufen die Pussycat Dolls. So übel sind die gar nicht, findet Mathilda. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.
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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Das bisschen Lack

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Hannah ist seltsam. Nein, ihre Vorliebe für seltsame Männer ist komisch. Aber was findet sie auch nur an Typen toll, die sich gleich beim ersten Date nackt ausziehen und sich in einem Bettbezug verstecken?

Wenn man sich den Münchner Immobilienmarkt ansieht, sollte man froh sein über Leute wie Thomas. Hannah zumindest hat er schon mal davon überzeugt, ihre Wohnung im Westend zu räumen und zurück in den Landkreis zu ziehen. Weg von all den Perversen, sagt sie. Und weg von Leuten wie Thomas. Jetzt sind wir neugierig. Auf Fotos im Internet sieht ihr Mitbewohner enttäuschend langweilig aus. Wir hatten zumindest irgendwelche Fetisch-Bildchen erwartet, ein bisschen Lack, oder ein Netzhemd. Stattdessen ist er der typische Sportstudent: Jeans, Ringelpulli, Baseballcap. Wir sind gelangweilt.

Hannah erzählt inzwischen die Geschichte einer Schwedin, die fast dreißig Jahre lang mit der Berliner Mauer verheiratet war und von Männern, die Sex mit ihrem Auto haben. Objektophilie heißt das, sagt Hannah. Für uns klingt es wie eine Mischung aus Shakespeare und Mario Barth: schlechte Witze über eine unmögliche Liebe. Hannah schweigt. Offensichtlich wollte sie nur von Thomas ablenken. Zur Strafe erstellen wir eine Liste mit allen Fetischen, die Hannahs Männerbekanntschaften in den vergangenen zwei Jahren mitgebracht haben.

Einer unserer Favoriten ist Leon, der wochenlang versucht hatte, Hannah dazu zu überreden, ihren Finger durch sein von Tunnels geweitetes Ohrläppchen zu stecken. Oder Valentin. Bei ihrem ersten Besuch in seiner Wohnung verschwand sie kurz auf der Toilette. Als sie zurückkam, war er splitterfasernackt und gerade dabei, in seinen Bettdeckenbezug zu kriechen. Die Decke selbst lag fein säuberlich auf dem Sofa. Leider werden wir nie erfahren, was er an diesem Abend noch vorgehabt hätte, Hannah machte sich umgehend auf den Heimweg.

Wenig später war sie in Thomas’ WG gezogen und hatte sich sofort verknallt. Thomas mochte keine Tunnels, Bettbezügen stand er recht neutral gegenüber – und Hannah fand er ziemlich gut. Es war perfekt. Nur ein bisschen langweilig.  Sehr langweilig. Hannah fing an, wieder an Leon zu denken. Oder an Valentin. Es war schwer zuzugeben, aber Hannah sah es langsam ein: Auch sie hatte einen Fetisch. Je abgefahrener ein Typ, desto besser gefiel er ihr. Als sie das Thomas erzählte, setzte er sie vor die Tür. Mit Perversen wie ihr wolle er nichts zu tun haben. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.

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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Dreißig vor dreißig

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Spätestens mit dem 30. Geburtstag lässt sich das Erwachsenensein nicht mehr leugnen. Emma will bis dahin “den Richtigen” finden, Stefan eine gewisse Anzahl an Sexualpartnern haben. Doch wie es immer ist mit guten Vorsätzen: sie scheitern.

Seien wir mal ehrlich. Wir werden alt. Eines Morgens wacht man auf und muss mit Verwunderung feststellen: Der gesamte Bekanntenkreis ist inzwischen verheiratet. Oder schwanger. Oder beides. Für viele Frauen bedeutet das: Stress. Ein Mann muss her, eine angemessen lange Beziehung, dann die Hochzeit – alles bitte vor dem 30. Geburtstag. „Ich will ja nicht schon halb verwelkt aussehen auf den Fotos“, erklärt zum Beispiel Emma. Sie möchte in Zukunft nur noch mit Männern anbandeln, die auch vor dem Altar eine gute Figur machen. Erwachsenwerden nennt sie das. Ich schaue mich in unserer Stammkneipe nach geeigneten Kandidaten um, vergebens, und stelle es mir vor allem einsam vor.

Männer sind da meist entspannter. Das heißt, die meisten. Stefan wirkt eher gehetzt, als er an diesem Abend zu uns stößt. Dank eines blöden Versprechens, dass er sich selbst vor einigen Jahren in einem Anfall pubertätsgeschwängertem Optimismus gegeben hatte: 30 Frauen vor dem 30. Geburtstag. Coitus cumulatus, sozusagen. Zumindest sportlich. Leider hat Stefan die vergangenen sieben Jahre in einer monogamen Beziehung verbracht, das hat Zeit gekostet. Jetzt bleiben ihm noch viereinhalb Jahre und sagenhafte 27 Frauen. Das macht eineinhalb Frauen pro Quartal.

Emma ist angewidert. Vielleicht behauptet sie deshalb, dass Stefan nie in der Lage wäre, so viele Frauen abzubekommen. Schon gar nicht, wenn sie auch noch halbwegs passabel aussehen sollen. Stefan selbst legt die Latte noch höher: Sie sollten zumindest nicht total bescheuert sein. Emma findet, dann würden sie wiederum ganz gut zu ihm passen. Stille.

Am nächsten Morgen ruft Emma mich an. Sie sei nun wirklich total bekloppt, sagt sie. Vergangene Nacht sei sie doch tatsächlich mit Stefan nach Hause gegangen. Ich sehe den armen Kerl schon vor mir, wie er unter Androhung von Folter gezwungen wird, Emma den Ring anzustecken. In Wahrheit ist Stefan aber schon wieder zu Hause. Er sei heiratsuntauglich, erklärt mir Emma. Eine Ehe, die es nicht gibt und die trotzdem vollzogen wurde. Die Suche nach einem Bräutigam ist bisweilen halt doch recht einsam. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.
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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen, die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Hohe Hacken

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Mit Männern ist das wie mit Schuhen, findet Natalie. Je mehr, desto besser. Nur: Wer tausend schöne High Heels besitzt, hat bestimmt auch ein Paar hässliche Schlappen. Eine Kolumne über die besten Stücke der Frau.

Mit Männern ist das wie mit Schuhen, findet Natalie. Je mehr, desto besser. Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen, Natalie hat ungefähr so viele Schuhe wie Imelda Marcos. Im Kopf überschlage ich die daraus resultierende Anzahl an Männern. Natalie wirft mir böse Blicke zu. Das könne man nun wirklich nicht eins zu eins umrechnen, schimpft sie, es gehe schlicht um die Proportionalität.

In Wahrheit lässt es sich sogar ganz hervorragend umrechnen, beschränkt man sich bei der Kalkulation allein auf Natalies High Heels. Denn wenn Natalie auf Männerfang gehen will, müssen erst einmal hohe Hacken her. Auf ihren neuen Stelzen stöckelt sie dann in die Clubs der Stadt, die Nase im Wind, uns andere um gute zehn Zentimeter Absatz überragend. Das macht einen besseren Gang, sagt Natalie. In Wahrheit ist da oben natürlich gar nichts besser, außer vielleicht die Aussicht.

Trotzdem haben die hohen Hacken etwas an sich. Vielleicht liegt es daran, dass Männer aus – sagen wir – eingehender Internet- und Videorecherche gelernt haben, solche Schuhe hätte man vor allem im Bett an. Oder auf dem Sofa. Oder dem Küchentisch, je nach Drehbuch. Jedenfalls gibt es keinen solchen Abend, an dem Natalie ihre Männersammlung nicht um mindestens ein Exemplar erweitert. Es gibt aber ein Problem: Wer mehrere tausend schöne High Heels besitzt, hat bestimmt auch ein Paar hässliche, ausgetretene Schlappen. Wer wie Natalie fast jedes Wochenende einen anderen Kerl abschleppt, hat auf seiner Liste auch ein paar Herren stehen, die nüchtern betrachtet nicht gerade ästhetisch anmuten. Auch in Natalies Sammlung gibt es ein paar Jungs, auf die sie nicht gerade stolz ist.

In der Regel ist das nicht so schlimm, sieht sie die Club-Bekanntschaften meistens sowieso nie wieder. Vergangenes Wochenende stand sie aber vor einer Disco an, als direkt hinter ihr jemand ihren Namen rief. Es war der Typ, mit dem sie eine Woche zuvor noch ihre neuen Pumps eingeweiht hatte. Natalie war sprachlos. Wo Alkohol und High-Heel- Rausch vor sieben Tagen noch ihren Blick verklärten, holte sie nun die Wahrheit ein: Wäre der Typ ein Schuh gewesen, er läge irgendwo zwischen Gummicrocs und Gesundheitspantoffel.

Natalie ging nach Hause, schlüpfte in Spongebob-Hausschuhe und schämte sich. Zur Beruhigung kaufte sie im Internet ein neues Paar Peeptoes. Imelda Marcos wäre stolz auf sie gewesen. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.
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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Schön warm, aber stumm

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Dennis’ Mitbewohnerinnen sind praktisch: Sie stehen ihm zur Verfügung, wann er will, kuscheln mit ihm vor dem Kamin und manchmal nimmt er sie auch mit ins Bett. Leider ist die Kommunikation mit ihnen schwierig. Nicht nur mit ihnen.

Dennis ist zwar bei weitem kein Weiberheld, wenn aber draußen die Temperaturen sinken, heizt er sich und seinen schwedischen Mitbewohnerinnen ordentlich ein. Gemeinsam mit Renate, Irma, Ursula und einem Glas Rotwein macht er es sich dann vor dem Kamin gemütlich. Und manchmal geht er mit ihnen sogar ins Bett. Die drei sind einfach der Wahnsinn: Sie sind für ihn da, wenn er es will – und günstig waren sie auch noch. Um die fünf Euro hat er für seine Ikea-Wolldecken mit den lustigen Namen bezahlt. Der einzige Nachteil ist, dass es Dennis mit seinen stummen Schwedenmädels manchmal ein bisschen zu ruhig ist in der Wohnung.

Umso euphorischer wirkt er, als er mir vergangene Woche von der süßen Kommilitonin erzählt, mit der er endlich angebandelt hat. Sara heißt sie und ist ganz neu in der Stadt. Eigentlich kommt sie aus Mailand, ist (ganz gemäß ihrer südländischen Herkunft) recht redselig und das Beste: Sie ist so richtig heiß. So heiß, sagt Dennis, dass er sich glatt überlegen würde, Renate und den anderen den Mietvertrag zu kündigen, würde Sara sich als Ersatz anbieten.

Bis es soweit ist, wärmt er sich mit Glühwein auf dem Christkindlmarkt. Sara hat er auch eingeladen. Zum Anheizen, sozusagen. Die ist in bester Plauderlaune, redet darüber, wie schön München ist und wie romantisch – und vor allem wie kalt. Eigentlich der perfekte Moment für Dennis, um sie zur Fortsetzung des Abends zu sich nach Hause einzuladen. Würde er auch, wenn Sara ihn ließe. Die spricht inzwischen aber schon von Mailand, wie schön es dort ist. Dann kommt sie auf Italien im Allgemeinen, auf die Unterschiede zu Deutschland, irgendwann auch auf Panettone, Vanillekipferl, noch einmal auf Mailand und schließlich (wie auch immer, Dennis hat längst den Faden verloren) auf eine Abhandlung über das Frauenbild in den Werken von diesem Amerikaner. Wie hieß der doch gleich? Faulkner, genau.

Dennis nutzt eine Atempause und sagt, er müsse sich leider verabschieden. Er habe Besuch aus Schweden zu Hause, der sicher schon auf ihn warte. Schade, findet Sara und drückt ihm zum Abschied einen Bacio auf die Wange. Ihre Nase drückt sich dabei kalt gegen seine Schläfe. Was war gleich noch mal das Problem mit den Schwedinnen?
Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.
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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Beleidigte Leberwurst

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Damit seine Freundin wilde Partys auslässt, lädt Christian Eva zu romantischen Candle-Light-Dinner ein. Damit sie häufiger Leckereien bekommt, schützt Eva regelmäßig Tanzfieber vor. Alles gut? Wären da nicht die Liebesprotokolle.

Es gibt Themen, über die hätten wir vor hundert Jahren noch nicht viel zu reden gehabt. Die Klimaerwärmung zum Beispiel. Oder Hosen für Frauen. Beschränken wir uns diesmal auf die Hosen. In Beziehungen sind die in der Regel ja gut verteilt: Jeder glaubt, sie selbst anzuhaben. Das schönste mir bekannte Beispiel hierfür ist die Geschichte eines Mannes, der wegen Diebstahls einer Leberwurst angeklagt worden war (es handelte sich um die Grobe mit Zwiebeln; nicht, dass es von Belang wäre). Im Laufe der Verhandlung stellte sich heraus, dass er die Leberwurst eigentlich gerne bezahlt hätte, seine Frau aber eine ausgemachte Leberwurst-Antipathie an den Tag legte und ihm deshalb verbot, auch nur einen Cent in seine Aufstrichleidenschaft zu investieren. Um nun keine verräterischen Posten auf dem Kassenzettel zu hinterlassen, sah der arme Kerl keinen Ausweg, als die geliebte Leberwurst heimlich an der Kassiererin vorbei zu schmuggeln.

Diese Geschichte hat einen pädagogischen Wert – bezüglich Hosen: Zunächst würde man annehmen, die fiese Leberwurstdespotin hätte den Kampf ums Beinkleid gewonnen. Bei näherer Betrachtung macht aber auch der rebellische Feinschmecker keine schlechte Figur. Vielleicht ist dies das Geheimnis einer glücklichen Beziehung: Jeder versucht, dem anderen die Hosen auszuziehen, ohne dass der es merkt.

Wenn zum Beispiel Christian nicht will, dass seine Freundin Eva auf eine Party geht, lädt er sie stattdessen zu einem romantischen Candle-Light-Dinner ein. So sammelt er Pluspunkte bei ihr und hat trotzdem ein Auge auf sie. Nun weiß ich aus sicherer Quelle, dass Eva Partys gar nicht so toll findet. Trotzdem schützt sie regelmäßig Tanzfieber vor, um ein Extra-Dinner rauszuschlagen. Eva wiederum mag es nicht, wenn Christian mit seinen Freunden über ihr Liebesleben redet. Deshalb bespricht Christian das Happy End der Candle-Light-Dinner immer nur schriftlich mit seinen Kumpels. Als Eva einmal zufällig eines dieser Protokolle in die Hände bekommt, fliegt die gegenseitige Trickserei auf. Eva ist stinksauer, Christian spielt die beleidigte Leberwurst. Womit wir wieder beim Aufstrich wären. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.

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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen – sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Löffel ohne Dessert

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Die Codes sind vielfältig und einfallsreich. Das, was sie beschreiben, bleibt gleich. Oder auch nicht? Zumindest stellt sich heraus, wer bekommt, was er will. Oder auch nicht.

Stefan ist ein wirklich netter Kerl. Ich erwähne das gleich zu Beginn, weil man vielleicht den Eindruck bekommen könnte, dass Stefan ganz und gar kein netter Kerl ist. Das liegt daran, dass Stefan zu ehrlich ist. Als ihn seine Freundin fragte, was ihm an der Beziehung am besten gefiele, hätte Stefan vielleicht antworten sollen, dass er jeden Tag mit der wunderbarsten Frau der Welt verbringen darf. Stefan ist aber zu nett, um zu lügen. Also sagte er, das Beste an einer Beziehung sei, dass man nicht viel tun müsse, damit man „es“ regelmäßig tun darf.

Kurz darauf war Stefan wieder Single. Das traf ihn hart, weil er nun auf die von ihm doch so geschätzten Vorzüge einer festen Beziehung verzichten musste. Kein Wunder, dass ihm Nina deshalb wie ein Engel vom Himmel erschien, als sie ihm erklärte, auch sie komme gerade aus einer Beziehung und „möchte sich nicht gleich wieder binden“. Frauen reden in Codes, erklärt mir Stefan. Und dieser Code bedeutete, dass er den idealen Kompromiss zwischen einer Beziehung und dem Single-Leben gefunden hatte. In seinen Worten: Er könne die Milch trinken, ohne sich eine Kuh zu kaufen. Auch Männer reden in Codes.

In den folgenden Tagen stellte Stefan jedoch fest, dass es mit seinen Dechiffrierkünsten nicht so weit her war, wie er gedacht hatte. Anscheinend hatten er und Nina ganz unterschiedliche Vorstellungen von ihrem Arrangement. Die Formalitäten waren zwar bald geklärt. Essen, Kino, Schwimmbad. Dann die erste Übernachtung. Während er sich jedoch nach und nach den Annehmlichkeiten ihrer Abmachung zu nähern glaubte, hielt Nina ihn gekonnt auf Abstand. Es sei die erste Nacht für ihn gewesen, in der er den großen Löffel spielen musste, ohne überhaupt vom Dessert genascht zu haben, erzählt er. Schon wieder ein Code.

Wie dem auch sei, Stefan kam ins Grübeln. Irgendetwas musste schief gelaufen sein, warum sonst stand er auf einmal mit einer Kuh da, die keine Milch gab? Es war ein Rätsel, das er nicht lösen konnte. Dabei hätte er Nina vielleicht nur auch einmal fragen sollen, was ihr an einer Beziehung am besten gefiele. Vermutlich hätte sie gesagt, dass sie endlich alles mit einem liebevollen Partner tun könne, ohne „es“ ständig tun zu müssen. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.
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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen – sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Ohne Mimik, ohne Liebe

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Es gibt sie, diese Dinge, die Probleme schaffen, die wir ohne sie gar nicht hätten. Tobias und seine SMS sind so ein Fall: Er hätte besser gesprochen als getippt. Was bei 160 Zeichen alles schiefgehen kann.

Niemand mag Menschen, die im Nachhinein behaupten, sie hätten es ja gleich gewusst. Ich mache mich jetzt mal unbeliebt: Ich habe es ja gleich gewusst. Tobias schaut mich genervt über sein Handy hinweg an. Ich zucke mit den Schultern. Ist es meine Schuld, dass er noch nichts davon gehört hat, dass SMS das Leben nur komplizierter machen? Als ob es nicht schon schwer genug wäre, sich richtig zu verstehen, wenn man persönlich miteinander spricht. Was ist schon eine SMS? 160 Zeichen. Ohne Tonfall, ohne Mimik. 160 Gelegenheiten für Fehlinterpretationen und Missverständnisse.

In Tobias’ Fall genügte dafür schon einmal ein einziges Satzzeichen. Als ihn die Süße aus der Bar neulich per SMS um ein Date bat, antwortete er mit einem fröhlichen „Klar!“. Und schon war die sich anbahnende Romanze wieder vorbei. Mit seiner Ironie könne er sich zum Teufel scheren, schrieb sie ihm zurück. Auch seine Aufklärungsversuche halfen nicht weiter. Sie habe ihn schon verstanden, das Ausrufezeichen sage ja wohl alles.

Tobias seufzt. Schnee von gestern. So süß war die Barmaus auch wieder nicht. Aber Kathi, die ist süß, sagt er. Auch wenn er bisher noch keine drei Worte mit ihr gesprochen hat. Dafür sei er viel zu schüchtern, behauptet er. Hinter 160 Zeichen hingegen könne man sich wunderbar verstecken. Also hat er sich über eine Freundin Kathis Telefonnummer besorgt. Jetzt schreiben sie sich jeden Abend Kurznachrichten darüber, wie ihr Tag war, was sie gemacht haben – und irgendwann auch, dass sie gemeinsam ins Kino gehen sollten.

Klingt doch super, finde ich. Tobias seufzt schon wieder. Als er Kathi am vereinbarten Abend im Studentenwohnheim abholen wollte, machte die ihm gar nicht erst auf. Stattdessen schob sie ihm einen Zettel unter der Tür durch: „Geh weg.“ Später stellte sich heraus, dass sie ihn die ganze Zeit über für einen anderen Tobias aus ihrem Studium gehalten hatte: ein blödes Missverständnis. Peinlich, peinlich. „Das wäre dir ohne SMS nicht passiert“, sage ich und mache mich unbeliebt. Tobias reckt unmissverständlich den Mittelfinger. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.

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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen – sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Verguckt und vergurkt

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Der Herbst könnte eigentlich förderlich für die Liebe sein, sollte man meinen. Nachdem Millie das wahre Gesicht von Anton kennengelernt hat, bleiben ihr wenigstens die Laubhaufen – um an ihnen ihren Frust abzulassen.

Millie hasst Herbst. Das einzige, was der Herbst anzubieten hat, seien die Zeitumstellung und der Sommerschlussverkauf, erklärt sie mir. Und der finde im Grunde ja eh immer schon im August statt. Ansonsten sei der Herbst kalt, nass und alles in allem schlicht unnötig. Dabei hatte Millie vor einer Woche selbst noch behauptet, nichts wäre schöner als ein sonniger Nachmittagsspaziergang durch raschelndes Goldlaub. Damals beinhaltete der Spaziergang freilich auch noch Anton. Zumindest in Millies Vorstellung. Anton war der Wahnsinn. Zumindest laut seines Onlineprofils. Das hatte Millie über den Freund eines Freundes einer Freundin entdeckt.

An dieser Stelle sei gesagt, dass Millie im Grunde ein vernünftiges Mädchen ist. Ihre Männer hat sie bisher immer mit so viel Sorgfalt ausgewählt, wie Bio-Yuppies sie nicht einmal bei der Wahl ihres Brotzeitschinkens an den Tag legen. Trotzdem erlitt sie beim Anblick von Online-Anton einen akuten Anfall von „Wir sind nur einmal jung“-Manie, ließ alle Vorsicht fahren und verabredete sich mit ihm. Eigentlich fand sie es auch nur vernünftig, sich mit einem Wildfremden für ein Blind Date zu treffen. Schließlich war ihr von Anfang an klar, dass dieser Unbekannte der Vater ihrer zukünftigen Kinder sein würde. Natürlich erst nach romantischer Annäherung, liebevoller Zweisamkeit, der Traumhochzeit und dem Kauf einer schnuckeligen Doppelhaushälfte am Münchner Stadtrand. Denn so würde es schließlich laufen mit diesem ihrem Anton. Wie auch sonst.

Passend zu Millies Stimmung strahlt die Sonne, als sie wenige Tage später an der Tram-Station auf Anton wartet, um mit ihm einen Herbsttag zu genießen, wie er im Buche steht. Als er endlich ankommt, sieht er noch besser aus als im Internet. „Herbstsonne steht Dir“, sagt Millie und schaut verlegen auf den Boden. „Weiß ich“, sagt Anton und gafft einer hübschen Blonden hinterher, die mit ihm aus der Tram ausgestiegen war. Als er sich dazu bequemt, seinen Blick auch mal auf Millie zu richten, zeigt er sich enttäuscht. „Ich hatte gehofft, Du wärst vielleicht schärfer als auf Deinen Online-Fotos“, sagt er.

Den Nachmittagsspaziergang unternimmt Millie dann allein. Wenn Anton der Vater ihrer zukünftigen Kinder ist, dann wird sie lieber alleinerziehend. Fast zwei Stunden verbringt sie damit, an goldroten Laubhaufen ihren Frust auszulassen. Wenigstens ist ja bald Zeitumstellung. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.
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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen – sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.