Dreißig vor dreißig

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Spätestens mit dem 30. Geburtstag lässt sich das Erwachsenensein nicht mehr leugnen. Emma will bis dahin “den Richtigen” finden, Stefan eine gewisse Anzahl an Sexualpartnern haben. Doch wie es immer ist mit guten Vorsätzen: sie scheitern.

Seien wir mal ehrlich. Wir werden alt. Eines Morgens wacht man auf und muss mit Verwunderung feststellen: Der gesamte Bekanntenkreis ist inzwischen verheiratet. Oder schwanger. Oder beides. Für viele Frauen bedeutet das: Stress. Ein Mann muss her, eine angemessen lange Beziehung, dann die Hochzeit – alles bitte vor dem 30. Geburtstag. „Ich will ja nicht schon halb verwelkt aussehen auf den Fotos“, erklärt zum Beispiel Emma. Sie möchte in Zukunft nur noch mit Männern anbandeln, die auch vor dem Altar eine gute Figur machen. Erwachsenwerden nennt sie das. Ich schaue mich in unserer Stammkneipe nach geeigneten Kandidaten um, vergebens, und stelle es mir vor allem einsam vor.

Männer sind da meist entspannter. Das heißt, die meisten. Stefan wirkt eher gehetzt, als er an diesem Abend zu uns stößt. Dank eines blöden Versprechens, dass er sich selbst vor einigen Jahren in einem Anfall pubertätsgeschwängertem Optimismus gegeben hatte: 30 Frauen vor dem 30. Geburtstag. Coitus cumulatus, sozusagen. Zumindest sportlich. Leider hat Stefan die vergangenen sieben Jahre in einer monogamen Beziehung verbracht, das hat Zeit gekostet. Jetzt bleiben ihm noch viereinhalb Jahre und sagenhafte 27 Frauen. Das macht eineinhalb Frauen pro Quartal.

Emma ist angewidert. Vielleicht behauptet sie deshalb, dass Stefan nie in der Lage wäre, so viele Frauen abzubekommen. Schon gar nicht, wenn sie auch noch halbwegs passabel aussehen sollen. Stefan selbst legt die Latte noch höher: Sie sollten zumindest nicht total bescheuert sein. Emma findet, dann würden sie wiederum ganz gut zu ihm passen. Stille.

Am nächsten Morgen ruft Emma mich an. Sie sei nun wirklich total bekloppt, sagt sie. Vergangene Nacht sei sie doch tatsächlich mit Stefan nach Hause gegangen. Ich sehe den armen Kerl schon vor mir, wie er unter Androhung von Folter gezwungen wird, Emma den Ring anzustecken. In Wahrheit ist Stefan aber schon wieder zu Hause. Er sei heiratsuntauglich, erklärt mir Emma. Eine Ehe, die es nicht gibt und die trotzdem vollzogen wurde. Die Suche nach einem Bräutigam ist bisweilen halt doch recht einsam. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.
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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen, die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.