Hohe Hacken

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Mit Männern ist das wie mit Schuhen, findet Natalie. Je mehr, desto besser. Nur: Wer tausend schöne High Heels besitzt, hat bestimmt auch ein Paar hässliche Schlappen. Eine Kolumne über die besten Stücke der Frau.

Mit Männern ist das wie mit Schuhen, findet Natalie. Je mehr, desto besser. Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen, Natalie hat ungefähr so viele Schuhe wie Imelda Marcos. Im Kopf überschlage ich die daraus resultierende Anzahl an Männern. Natalie wirft mir böse Blicke zu. Das könne man nun wirklich nicht eins zu eins umrechnen, schimpft sie, es gehe schlicht um die Proportionalität.

In Wahrheit lässt es sich sogar ganz hervorragend umrechnen, beschränkt man sich bei der Kalkulation allein auf Natalies High Heels. Denn wenn Natalie auf Männerfang gehen will, müssen erst einmal hohe Hacken her. Auf ihren neuen Stelzen stöckelt sie dann in die Clubs der Stadt, die Nase im Wind, uns andere um gute zehn Zentimeter Absatz überragend. Das macht einen besseren Gang, sagt Natalie. In Wahrheit ist da oben natürlich gar nichts besser, außer vielleicht die Aussicht.

Trotzdem haben die hohen Hacken etwas an sich. Vielleicht liegt es daran, dass Männer aus – sagen wir – eingehender Internet- und Videorecherche gelernt haben, solche Schuhe hätte man vor allem im Bett an. Oder auf dem Sofa. Oder dem Küchentisch, je nach Drehbuch. Jedenfalls gibt es keinen solchen Abend, an dem Natalie ihre Männersammlung nicht um mindestens ein Exemplar erweitert. Es gibt aber ein Problem: Wer mehrere tausend schöne High Heels besitzt, hat bestimmt auch ein Paar hässliche, ausgetretene Schlappen. Wer wie Natalie fast jedes Wochenende einen anderen Kerl abschleppt, hat auf seiner Liste auch ein paar Herren stehen, die nüchtern betrachtet nicht gerade ästhetisch anmuten. Auch in Natalies Sammlung gibt es ein paar Jungs, auf die sie nicht gerade stolz ist.

In der Regel ist das nicht so schlimm, sieht sie die Club-Bekanntschaften meistens sowieso nie wieder. Vergangenes Wochenende stand sie aber vor einer Disco an, als direkt hinter ihr jemand ihren Namen rief. Es war der Typ, mit dem sie eine Woche zuvor noch ihre neuen Pumps eingeweiht hatte. Natalie war sprachlos. Wo Alkohol und High-Heel- Rausch vor sieben Tagen noch ihren Blick verklärten, holte sie nun die Wahrheit ein: Wäre der Typ ein Schuh gewesen, er läge irgendwo zwischen Gummicrocs und Gesundheitspantoffel.

Natalie ging nach Hause, schlüpfte in Spongebob-Hausschuhe und schämte sich. Zur Beruhigung kaufte sie im Internet ein neues Paar Peeptoes. Imelda Marcos wäre stolz auf sie gewesen. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.
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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.