Bandraumtour: Zu Gast bei Naked Feen

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Der Proberaum von Naked Feen ist nur acht Quadratmeter groß und beherbergt trotzdem vier Jungs mit ihren Instrumenten. Schnell werden die Sessions zu Saunagängen, denn auch hier gilt: Tür zu!

Wie würdet ihr euren
Proberaum in drei Wörtern beschreiben?

unsere kleine
Rumpelkammer

Was macht diesen Raum zu
eurem persönlichen Bandraum?

Nur wir finden
uns in dem Chaos zurecht

Was war der schönste
Moment in eurem Proberaum?

als nach vier
Döner und zwei Stunden Probe die Tür geöffnet wurde

Welche und wie viele
Instrumente stehen bei euch?

1x Cajon

1x Bass

1x Kazoo

2x Gitarre

1x Cowbell

1x Tamburin

1x Schellenkranz

1x Glockenspiel

3x Mundharmonika

1x Indianerflöte

1x Schlagzeug

1x Saxaphon
(manchmal)

= 15 Instrumente

Was ist der
merkwürdigste Gegenstand in eurem Bandraum?

Klopapier auf der
Hi-Hat

Was gibt es zur Probe zu
trinken?

Warmes Bier

Wie entstehen bei euch
Songs und welche Rolle spielt dabei der Proberaum?

Irgendwer spielt
was und dann steigen alle ein

Welcher Song ist z.B.
dort entstanden?

Havana

Was macht ihr in eurem
Bandraum, wenn ihr nicht probt?

die Tür auf

Teilt ihr euren Proberaum
mit einer anderen Band? Wenn ja mit wem?

8 m² sind schon
für eine Band zu klein

Könnte man in eurem
Bandraum auch wohnen? Warum ja bzw. nein?

Nachdem die
Klotür rausgerissen wurde, ist es zu gefährlich

Was ist toll an eurem
Raum?

Es ist definitiv
nie zu kalt

Was stört euch?

dass wir keine
Klotür mehr haben

Wie habt ihr euren
Proberaum gefunden?

Unser damaliger
Manager…

Foto: Naked Feen

Bandraumtour: Zu Gast bei Kytes

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Die Kytes haben ihr neues Album vor wenigen Tagen released und geben uns nun einen Einblick an den Ort, an dem fast alle Songs entstehen: ihr Proberaum.

Wie würdet ihr euren Proberaum in drei Wörtern beschreiben?

Laut, Zuhause, Bierflaschen.

Was macht diesen Raum zu eurem persönlichen Bandraum?

Unsere Wände sind voller privater Polaroids von uns mit Freunden oder bei Konzerten etc.

Was war der schönste Moment in eurem Proberaum?

Immer wenn alle sich ansehen und merken, dass ein Song fertig ist, ist das immer ein schöner Moment.

Was ist der merkwürdigste Gegenstand in eurem Bandraum?

Ein Baustellenbegrenzungslicht von einer Schweizer Autobahn.

Was gibt es zur Probe zu trinken?

Wasser, Schorle, Bier.

Wie entstehen bei euch Songs und welche Rolle spielt dabei der Proberaum?

Ohne unseren Raum würden wohl keine Songs entstehen können. Irgendwo muss man ja anfangen Ideen von uns zu einem einem Song zusammenzufügen.

Welcher Song ist z.B. dort entstanden?

Fast alle.

Was macht ihr in eurem Bandraum, wenn ihr nicht probt?

Fussball schauen, gemütliche Runden starten, feiern.

Teilt ihr euren Proberaum mit einer anderen Band? Wenn ja mit wem?

Nein.

Könnte man in eurem Bandraum auch wohnen? Warum ja bzw. nein?

Kann man nicht überall wohnen, wenn man mutig genug ist? Aber nein, laut Vertrag ist das Wohnen ausgeschlossen.

Was seht ihr wenn ihr aus eurem Fenster schaut?

Fenster? Welche Fenster?

Was ist toll an eurem Raum?

Wir können in unsere Instrumente hauen, ohne dass die Polizei kommt. Außerdem ist für uns alle der Proberaum leicht und schnell mit dem Fahrrad erreichbar.

Was stört euch?

Akuter Klopapiermangel am Klo nebenan.

Wie habt ihr euren Proberaum gefunden?

Monatelange Recherche in Zeitungen und Gespräche mit den richtigen Leuten.

Foto: Philipp Herder

Debüt-Album “Heads and Tales” von den Kytes

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Endlich ist es da! Das neue Album der Kytes “Heads and Tales” verspricht wie schon die Vorgänger-EP besten Indiepop made in Munich. Welche Songs darauf zu finden sind und worauf ihr gespannt sein dürft, gibt es vorab schon hier.

Man kann es kaum glauben, dass mit “Heads
and Tales” erst das erste Album der Münchner KYTES erscheint. Zu präsent war die
Band im letzten Jahr in der Münchner, ja sogar in der deutschen Musikszene. Und
so ganz stimmt das dann doch nicht, sind doch vier der fünf Lieder der EP, die
sie vor über einem Jahr veröffentlichten, wieder auf dem Album zu finden. Und
wie klingt der Rest?

Die vier Jungs, aus denen KYTES bestehen –
Michael Spieler, Thomas Sedlacek, Kerim Öke und Timothy Lush – setzen genau das
fort, was sie mit ihrer EP begonnen haben. Schon der Opener der Platte und die
erste Single “I Got Something” gibt die Marschrichtung vor:
gefälliger Indiepop, der mit schöner Melodie und eingängigen Texten zum
Mittanzen einlädt. Dasselbe gilt für “Head To Toe” – mit dem die
vier Musiker gleich ihren nächsten Hit geschrieben haben könnten – und
“Heads Underwater”. Beide klingen wahnsinnig rund, beide würden wohl
das Publikum auf einem Indiefestival zu Begeisterungsstürmen bringen.

Dass die KYTES auch anders können, zeigen
sie im funkigen “Two of Us”, das einen angenehm ruhigen Kontrast zum
furiosen Beginn des Albums bietet.  In
den reiht sich “Spy” dann wieder nahtlos ein, mit ruhigen Beginn und
explosivem Chorus. Auffällig auch “As We Row”, in dem die E-Gitarre
dominanter zu hören ist, als in den meisten anderen Liedern und das Keyboard
erst etwas später einsetzt. Das ist eindeutig eins der stärksten Lieder von
“Heads and Tales”.

Und nach dem vorab bereits bekannten
“Inner Cinema” folgt mit “Talk” das vielleicht interessanteste
Lied des Albums, das mit sehr reduziertem Einsatz der Instrumente startet und
sehr viel Raum für Michaels aussdrucksstarke Stimme lässt. Generell könnten die
KYTES auch der vibirierenden biritschen Musikszene entspringen, aus der
innovative Vertreter moderner Indiemusik wie HONNE oder die Coasts langsam auch
in Deutschland Erfolge feiern. Dass die vier Münchner der Szene einen
Schnellstart verschaffen könnten, zeigt auch der letzte Teil des Albums.

Nach dem energetischen “Room 509”
und dem zurückgenommenen “In The Morning” geben die KYTES im
getragenen “Future Kids” schon fast selbst eine Prognose über ihre
Zukunft – möglicherweise als Zukunft der Münchner Musikszene. Ihr bisher
größter Hit, “On the Run”, eignet sich danach auch sehr gut, um den
letzten ruhigen Teil des Albums aufzubrechen. Und “Sirens” ist dann
schließlich ein klassischer Closer, der noch einmal einige Motive von
“Heads and Tales” aufgreift.

War
es also eine Fehlentscheidung so viele bekannte Lieder mit auf das Album zu
nehmen? Die Antwort ist ein klares Nein. Die KYTES schaffen es, trotz
riesiger Erwartungshaltung im Vorfeld, eine frische Platte abzuliefern. Die
bekannten Lieder integrieren sich gut und die neuen überraschen in ihrer
Vielseitigkeit. “Heads and Tales” könnte ein großer Wurf sein und
eine Initialzündung für eine ganze Szene in Deutschland.

Von: Philipp Kreiter

Foto: KYTES

Band der Woche: Nalan 381

Weltweit hat Soul viele Gesichter. In Kontinentaleuropa sind jedoch weit weniger Musiker auf die Retro-Soul-Welle aufgesprungen. Eine dieser Ausnahmen ist die Münchner Band Nalan381 mit einer Hipster-Variante des Soul.

Soulmusik hat wohl wie kaum ein anderes traditionelles Musikgenre in der Popmusik über die Jahre hinweg diverse Verwandlungen und Verkleidungen erfahren. Natürlich hauptsächlich in den Vereinigten Staaten, wo sich Funk, Disco, Hip-Hop und R ’n’ B über die vergangenen 40 Jahre aus dem Soul entwickelten, bevor nach dem Jahrtausendwechsel eine neue Retro-Soul-Welle aufschwappte. Protagonistin Amy Winehouse in der etwas raueren Variante und jüngst die ungemein erfolgreiche Adele mit etwas weniger Existenzdruck in der Musik. Doch in Kontinentaleuropa erfuhr Soul bisher nicht ganz so große Innovationen. Außer vielleicht, dass Euro-Dance-Techno sich in den Neunzigerjahren mit Hip-Hop und Soul zu dem High-Class-Pop entwickelte, den man heute von Rihanna oder Beyonce kennt. Doch die Münchner Nalan Karacagil und Nikolaus Graf versuchen sich derzeit als Nalan381 an einer neuen Hipster-Variante von Soul.

Für Soul-Musik brauchte es eine essenzielle Voraussetzung, sonst geht gar nichts – und das ist die viel gepriesene Soul-Stimme. Es gibt unterschiedliche Ausprägungen von Stimmen, die als solche beschrieben werden, gemein ist ihnen jedoch ein relativ weiter Umfang in der Tonhöhe und die Möglichkeit, die Stimme rhythmisch und tonal detailreich zu modellieren. Das spiegelt sich meist in den Texten wider. In sämtlicher Musik, der ein Soul-Einfluss attestiert wird, verweben sich Melodie und Sprache anders: Die Worte werden nicht mehr im Reim-Schema auf das Metrum gesetzt. Vielmehr werden durch Zwischenlaute – also durch „ahs“ und „ohs“ – die Silben gedehnt und der Gesang zu einem füllig-durchgehenden Klang gestaltet, der über der rhythmisch kompliziert-vertrackten Instrumentalebene schwimmt. Nalan Karacagil hat eine derartige Stimme.

Doch ihr Kompagnon Nikolaus Graf komponiert unter diese Stimme ganz andere Musik als hüpfende Funk-Licks oder schwere Bläsersätze. In einem im ersten Moment etwas wirr wirkenden Ansatz vermischt er alles, was bei etwas undergroundigen Pop-Bands gerade so angesagt ist. Etwa nostalgische Orgel-Akkorde wie in „Forest“, dem ersten Track der aktuellen EP „Pure Part II“. In „Love2Love“ trifft dann ein Polka-Klavier auf schwirrende und pfeifende Panflöten, während Nalan darauf einem trotzigen Gesangsstil nachgibt, der die dramatischen Klavierakkorde, mit denen das Stück eröffnet, ein wenig entschärft. Es folgen synthetische Vibrato-Synthesizer, die nach Retro-Science-Fiction klingen, bevor die EP mit „Baladine“, einem seltsamen Hybrid aus Euro-Dance und Ballade, endet. Das ist tatsächlich alles ziemlich wild und durcheinander, doch bei Nalan381 verschraubt sich dieses Potpourri zu einem einheitlichen Gesamteindruck: Eklektik, zusammengehalten durch Nalans Soul-Stimme.

Schon vor mehr als einem Jahr, als das Duo zum ersten Mal in Münchens Szene von sich Reden machte, war dieses Gespür für Trends und deren recht undogmatische Vermischung in ihrer Musik hörbar. Auch wenn es so absurd erscheint, einfach alles, was gerade angesagt ist, zu verquirlen, bei Nalan funktionierte es schon damals. Wie viele Münchner Musiker lernten sich auch Nalan und Nik an der Münchner Kunstakademie kennen, bei einem Konzert des Münchner Sängers Msamu. Nun veröffentlichen sie ihre zweite EP, die sie am Mittwoch, 13. April, erstmals im Unter Deck in München vorstellen werden. Es folgt eine kleine Tour Anfang Mai, die sie von Wien bis nach Berlin führen wird, danach steht die Arbeit an einem ersten Album an.  

Stil: Neo-R ’n’ B / Indie
Besetzung: Nalan Karacagil (Gesang), Nikolaus Graf (Produktion)
Aus: München
Seit: 2014
Internet: www.nalanmusic.com

Foto: Pablo Lauf

Von: Rita Argauer

Debüt-EP „On the Run“ von den Kytes

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Achtung, da sind Profis am Werk! – Die Debüt – EP “On The Run” der Kytes besticht mit abwechslungsreichem und großartigem Indie-Sound. Unter explosive, tanzbare und funkige Beats mischen sich auch nachdenklichere Songs, wie beispielsweise “Future Kids”! Ein Muss für jeden Indie-Liebhaber.

Ein unbescholtener Zuhörer wäre wohl überrascht – wenn man die Debüt-EP „On the Run“ von den Kytes anhört, erweckt diese nicht gerade den Eindruck, eine Debüt-EP zu sein. Zu professionell ist die Produktion, zu souverän das Arrangement, ja, einfach zu gut die Musik. Das hat natürlich alles seinen Grund: Kytes existierten bereits vorher unter dem Namen Blind Freddy, machten auch damals schon verhältnismäßig erfolgreich Musik. Aber „Kytes“ ist jetzt eine neue, professionellere und stringente Ebene und das merkt man der Debüt-EP von vorne bis hinten an.

Bereits die im Voraus veröffentlichte Single-Auskoppelung „Inner Cinema“ bestach mit einer Professionalität, die sich von handelsüblichen Indierock abhob. Nach drei Takten fängt man unwillkürlich an, sich irgendwie rhythmisch zur Musik zu bewegen – und sei es nur durch ein unauffälliges Fußwippen. Zusammen mit dem titelgebenden Song „On the Run“ bildet „Inner Cinema“ einen explosiven Rahmen um die zwei ruhigeren Lieder „Two Of Us“ und „Future Kids“ und das angenehm retro-fröhliche „Weekend Princes“. Überhaupt die Anklänge und Musikelemente aus anderen Stilen! „Two of Us“ beginnt überraschend funkig und hält diesen Beat das ganze Lied lang aufrecht und auch das nachdenklichere „Future Kids“ mit seinem Wechsel aus schnellen und ruhigen Passagen wäre bestimmt absolut tanzbar. Dieses Prädikat gilt sowieso für die ganze EP, es wäre nicht verwunderlich wenn Kytes mit dieser EP zum Liebling aller Indie-DJs würden – wenn sie es nicht schon sind.

Text: Philip Kreiter
Foto: Christoph Schaller

Band der Woche: The Preset

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Indie mag mittlerweile im Mainstream angekommen sein, aber The Preset aus Schrobenhausen machen trotzdem schönen, unkonventionellen Pop, der ins Ohr geht und zeigt, dass Musik auch neben dem Studium gemacht werden kann.

Indie-Pop ist derzeitig ein wenig beliebig geworden. Eigentlich fast so beliebig wie Singer-Songwriter mit Akustik-Gitarre, die seit eh und je die Bürde tragen, dass sie etwas verdammt Besonderes brauchen, um nur ansatzweise auf sich aufmerksam machen zu können. Und das inflationäre Auftauchen von Indie-Bands, die alle irgendwie ähnlich gut singen können und ähnlich hymnische Songs in Understatement-Haltung verkleiden, hat im vergangenen Jahrzehnt dem Genre geschadet. Da überrascht nichts mehr, wenn eine Band aus dem Umland einer Großstadt schöne Musik schreibt, die dann auch noch schön aufnimmt und wunderbar mehrstimmig darüber singt.
Das ist so normal, dass es eigentlich eine neue Art der Bürgerlichkeit ist – auch weil die Eltern-Generation mittlerweile selbst mit Popkultur aufgewachsen ist und da auch überhaupt kein Gegensatz mehr besteht.

Gerade ist die Shell-Jugendstudie veröffentlicht worden, der Gegensatz der jungen Generation zu den Eltern schrumpft. Man interessiert sich für das gleiche, hört ähnliche Musik und trägt ohne große Rebellionsgesten normale Konflikte aus. The Preset (Foto: Carina Kowatsch) aus Schrobenhausen sind so ein wenig die Muttersöhnchen aktueller Popkultur. Und das ist aber heutzutage kein Strebertum mehr, sondern Zeitgeist. Hörbare Einflüsse, musikalisches Talent als Pop-Version der Hausmusik. Sie spielen einfach schöne Musik, so wie im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts klassische Hausmusik gespielt wurde – am Brahms-Walzer auf dem biedermeierlichen Klavier hat sich die Eltern-Generation auch nicht gestört.

Und The Preset übertragen diese Geste auf Pop, was eben ein wenig wie eine neue Bürgerlichkeit wirkt. Ein vorgezeichneter Weg, der passend zum Bandnamen erscheint: Preset bedeutet Voreinstellung. Und die spielt auch ohne Metapher beim Musikmachen eine gewisse Rolle: Presets in Musikprogrammen sind in das Programm integrierte Soundeinstellungen, die meist ziemlich gut klingen; aber eben auch nicht sonderlich individuell sind. Ein klangliches Abziehbild sozusagen.

The Preset legen also einen Indie-Flirt mit der Bürgerlichkeit hin. Doch das ist in der Popkultur auch irgendwo spannend. Denn im Ursprung hat Pop – egal ob Elvis’ Sex-Appeal oder die psychedelische Haltung der späten Beatles – erst einmal eine antibürgerliche Haltung. Doch die Musiker aus Schrobenhausen eignen sich prächtig als Schwiegersöhne. Sie studieren bürgerliche Fächer wie Elektrotechnik, Maschinenbau, Physik und Geologie. Und machen eben nebenbei Musik.
Und damit stören The Preset die Haltung, die der Popmusik so lange eingeschrieben war. Obwohl unter der glatten Oberfläche des Quartetts etwas Naives und ja auch Nerdhaftes durchblitzt. Das beginnt beim Cover ihrer EP „Supervision“: Ein in Neonfarben starrendes Auge, das ungefähr den gleichen Coolness-Faktor hat wie psychedelische Kifferposter aus dem Wasserpfeifen-Shop.

Und die Musik kann sich auch noch nicht ganz darauf einigen, welchen generationsübergreifenden Weg sie denn nun einschlagen soll. So laufen sie von der schick-elegischen Depression Interpols („Motion“) zu Funk-Bässen à la Bruno Mars („Brainstrøm“). Und doch erklären sie es zum Ziel für die geplante Folge-EP: „Noch mehr rockige Einflüsse reinzubringen und vielleicht auch etwas unkonventionellere Musik zu machen.“ Und die unkonventionelle Version der neuen Bürgerlichkeit – im Sinne von Bands wie Vampire Weekend, die dürfte schon, weil sie so paradox ist, spannend werden. Auch dafür, dass Popmusik entsteht, die nicht immer nur in die Vergangenheit blickt, sondern die Musik aus ihrer Gegenwart heraus formt.  

Stil: Indie / Rock / Pop

Besetzung: Bernhard Birkner (Gitarre,
Gitarre), Moritz Gamperl (Gitarre, Gesang), Christoph Appel (Bass),
Sebastian Mayer (Schlagzeug)

Seit: 2010Aus: Schrobenhausen,

Aus: München, Augsburg

Internet: www.facebook.com/thepresetmusic

Rita Argauer

Foto: Carina Kowatsch

Band der Woche

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Benjamin Süß’ Musik ist wie ein “künstlerisches Bäumchen-wechsle-dich-Spiel”- er hat sich als Wendekind schon in vielen musikalischen Stil-Bereichen ausprobiert. 2014 hat er sich eine Band gesucht, Anfang diesen Jahres erschien ihr erster Album

Die alte Frau, die gleichzeitig eine elegante Dame ist. Oder die zwei Gesichter, die genauso die Silhouette einer Vase sein können. Man kennt das aus dem Biologieunterricht und aus der Kunsterziehung: Kippbilder, die das Gehirn auf den Arm nehmen und den Biologen genauso wie den Künstlern als Anschauungsmaterial dienen. Doch Vexierbilder haben eine politische Tradition; wenn auch eine kleine: Die Uneindeutigkeit, die in solchen Wechselbildern liegt, war eine Möglichkeit, Botschaften an einer Zensur vorbei zu übermitteln. Uneindeutigkeit schützt den Künstler und schafft etwas Neues – der Blickwinkel, den der Betrachter wählt, um auf ein solches Bild zu sehen, kann von Außen nicht beeinflusst oder gar kontrolliert werden. Und selbst der Betrachter vermag es manchmal nicht, die andere Figur im Kippbild zu erkennen. Das Gehirn ist zu voreingenommen vom ersten Eindruck.

Der Münchner Musiker Benjamin Süß sucht in seiner Kunst immer wieder diesen kippenden Moment und bewussten Perspektivwechsel. Seine Band hat er deshalb Wendekind (Foto: Bjoern Matthes) genannt. Ein Projekt, das er solo begonnen hat und nun als Quintett fortführt. „Egal, wie tief die Löcher aus meinem Leben sind, ich wende das Blatt mit dem kleinen Jungen zum Guten, ich bin das Wendekind!“, ein Satz, der Benjamin beim Freestylen eingefallen ist. Doch Hip-Hop macht er schon lange nicht mehr. Denn auch die musikalische Ausrichtung wendete er häufig.

Obwohl Benjamin schon als Kind Klavier, Geige und Flöte gelernt hatte, bekam er die Verbindung zur Popmusik erst über die Gitarre, die unweigerlich mit seiner damaligen musikalischen Leidenschaft verknüpft war: der Rockmusik. Kurz darauf schrieb Benjamin seine ersten Lieder. Doch sein Geschmack und seine Musik kippten in den nächsten Jahren immer wieder. Skatepunk wurde von Nu-Metal abgelöst, Hardcore von Hip-Hop. Und immer produzierte Benjamin Songs in dem jeweiligen Stil, richtete sich irgendwann ein Home-Recording-Studio ein, und lernte so auch die verschiedensten Möglichkeiten der Musikproduktion kennen. Und dann erkannte er, dass sein künstlerisches Bäumchen-wechsle-dich-Spiel auch eine Gabe ist: Er begann 2010 als Wendekind all diese Einflüsse in eigenartige Songs zu schreiben.

Und nun hat sich Benjamin, der gerade sein Architektur-Studium beendet hat, eine Band zusammengesucht: „Wir setzten uns Herbst 2014 hin und nahmen mein Album zusammen auf“, sagt er. Anfang 2015 ist es fertig gewesen. Schließlich habe er zu seinen Musikern gesagt, dass Wendekind nun nicht mehr nur er alleine sei, sondern eine Band. Man merkt auch in seiner Musik einen gewissen Hang dazu, Dinge ernst zu nehmen und sie dementsprechend groß auszudrücken. Doch in der musikalischen Gestaltung gelingt ihm dazu ein ausgleichendes Moment.

Seine ursprünglichen Akustik-Gitarren-Songs haben ein ornamental ausformuliertes Arrangement bekommen. Eines, das aber nicht in ein vorhersehbares Pop-Schema passen will, sondern sich eher an dem blubbernd-opulenten und gleichzeitig zurückgenommenen Klang von Bands wie CocoRosie, Animal Collective oder in der Münchner Variante Angela Aux oder Joasihno bedient. Glockenspiel und schnarrende Bässe unterlegen schwelgerisch-euphorischen Gesang und deutsche Texte. Am Freitag, 31. Juli, steht nun das Release-Konzert zum Debüt-Album im Münchner Rationaltheater an. 


Stil: Weirdo-Songwriter/Indie
Besetzung: Benjamin Süß (Gesang, Gitarre, Komposition), Volker Beer (Gitarre, Bass), Matthias Grabichler (Gitarre, Bass, Gesang, Mundharmonika), Cornelius Neckenig (Schlagzeug, Percussion), Paul Pommer (Klavier, Synthesizer, Orgel)
Aus: München
Seit: 2010
Internet: www.facebook.com/wendekindmusik/

Rita Argauer

Foto: 

Bjoern Matthes

Jasper Flynn

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Ein Timbre wie Pete Doherty, dazu eine gute Portion Schlagzeug: Simon Oser und Syed Uzair Raza machen Indie-Folk, der im Kopf bleibt.

Songwriter haben es schwer. Sich in diesem Genre abzusetzen, etwas Eigenes zu schaffen, ist viel schwieriger als mit einer voll besetzten Band an neuen Sounds zu arbeiten. So verwundert es, wenn ein als Band besetztes Musikprojekt, sich erst einmal als Songwriter verkleidet. Doch so wirklich am Neuartigen ist Jasper Flynn (Foto: Syed Uzair Raza) sowieso nicht interessiert. Und ein wirklicher Songwriter ist dieser Jasper eben auch nicht. Hinter dem Pseudonym verstecken sich der Gitarrist, Sänger und eben doch auch Songwriter Simon Oser und der Schlagzeuger Syed Uzair Raza. Und passend zu dem fiktiven Namen, der auch einem Brit-Pop-Folk-Sternchen durchaus gut stehen würde, machen sie eine Melodie-verliebte, zum Teil auch rockende und dann wieder recht unaufgeregte Musik.
 Das hat man alles auch schon mal gehört – und dennoch haben Jasper Flynn einen gewissen Charme. Das mag wohl an dem Clou mit dem Bandnamen liegen, zum anderen daran, dass Simon seine Sache eben auch sehr gut macht: Sein Timbre liegt irgendwo in der Nähe von Pete Doherty, seine Akkord-Folgen sind nicht überraschend, aber nachvollziehbar und Syed am Schlagzeug trifft das richtige Maß, um die Musik anzutreiben, aber nicht zu übertünchen.
 2013 haben sich die beiden kennengelernt – an einem Ort, der lange für Münchner Musiker eine Sehnsuchtsstätte war: Dem Backstage-Raum des Atomic Cafes. Beide hatten schon Band-Erfahrungen, beide im Indie-Folk-Bereich – also lag es nahe, sich zusammen zu tun. Anfang 2014 fanden die ersten Proben statt, im Herbst nahmen sie ihre EP auf. Fünf Songs sind es geworden, doch da hört der gerade Weg auch schon auf – ihnen fehlen gerade noch die finanziellen Mittel, diese auch herauszubringen. Konzerte kommen dafür umso mehr rein, Münchner Klassiker der Bandszene wie etwa das Munich Rocks im Ampere, die lange Nacht der Musik oder auch das Stadt-Land-Rock-Festival der Süddeutschen Zeitung auf dem Münchner Tollwood-Festival.
 „Wir hoffen, dass wir mit den Konzerten unsere Bandkasse etwas auffüllen können“, sagt Simon. Mit diesem Geld wollen sie dann endlich ihre EP fertig stellen.  Rita Argauer

Stil: Folk / Indie
Besetzung: Simon Oser (Gitarre, Gesang), Syed Uzair Raza (Schlagzeug)
Aus: München
Seit: 2014
Internet: www.facebook.com/JasperFlynnBand

Impala Ray (Indie-Country)

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Jahr 2014, Woche: 39

Früher geisterte Rainer Gärtner unter dem Namen RainTom mit einer recht skurrilen Mischung durch Münchens Bandlandschaft. Dann tauchte irgendwann der Name Impala Ray auf. Auf dem Debütalbum der Band begleiten Hackbrett, Tuba und Schlagzeug die englischsprachigen Gitarrensongs.

In den vergangenen Jahren hat Rainer Gärtner (Foto: Christopher Wesser) sehr viel richtig gemacht. Obwohl das auf den ersten Blick alles erst einmal gar nicht zusammen passen mag. Rainer spielt Gitarre und singt, das alles recht gut. Er ist im Indie und Blues verwurzelt und hat ein schönes Gespür für eine feine Melodik. Doch dazu hat der Münchner, der ursprünglich aus dem Altmühltal kommt, einen seltsamen bayerischen Strizzi-Humor, ein bisschen g’schert mit dem Lieblingswort „gschmeidig“, das er sowohl in seinen Bühnenansagen als auch in seinem sonstigen Auftreten überfrequentiert benutzt.

Früher also geisterte Rainer unter dem Namen RainTom mit einer recht skurrilen Mischung durch Münchens Bandlandschaft. Dann tauchte irgendwann der Name Impala Ray auf. Man munkelte, dass es sich um den gleichen Musiker handeln könnte, der aber nun nicht mehr mit einem Kumpan an einem schrottigen Kinderschlagzeug (wie das noch bei RainTom der Fall war) auftrat, sondern mit einer Tuba. Man hörte von Auftritten an der Isar und von Akustik-Pop-Musik, die durch das tiefe Blechblasinstrument in schräge Tonlagen gezwungen wurde. Doch langsam entwickelte sich Impala Ray zur Band – und Rainer fand ein Konzept, das seine musikalischen Vorlieben mit seiner Heimatverbundenheit einte. Auf seinem Debütalbum begleiten also Hackbrett, Tuba und Schlagzeug die englischsprachigen Gitarrensongs.

Dabei entsteht Musik, die so stimmig US-amerikanische Country-Romantik mit bayerischer Provinzliebe verbindet, dass sich eine geografische wie musikalische Zuordnung auf angenehme Art erübrigt. Und Rainer weiß diese Mischung nicht nur musikalisch abzufangen. Denn wie das in der Popmusik der Fall ist, braucht es auch immer das richtige Image, das Rainer mit dem kleinen Wortspiel „Old Mill Valley“ ganz gut trifft. Ja, das Tal der alten Mühle könnte auch irgendwo im Mittleren Westen liegen, abgeschlagen von der Schnelllebigkeit der Großstädte und auch ein bisschen konservativ und Werte-versessen. Und auf dem Plattencover zeigt sich dann unter der englischsprachigen Variante des Altmühltals die Postkartenidylle einer Alpenlandschaft, die von einer nostalgischen Briefmarke gerahmt wird.

Und so hat Rainer auf „Old Mill Valley“, das auf dem Münchner Label redwinetunes erschien und nun mit einem Konzert am Samstag, 27. September, im Münchner Atomic Café gefeiert wird, eine eigene fiktionale Welt erschaffen. Und eine musikalische Welt, die so erreichbar und zugänglich ist wie die bayerischen Alpen – und dabei trotzdem seltsam fremd und spannend bleibt. Rita Argauer

Stil: Indie-Country
Besetzung: Rainer Gärtner (Gitarre, Gesang), Nicola Missel (Tuba), Carmen Unterhofer (Hackbrett, Gesang), Dominik Haider (Drums)
Aus: München
Seit: 2013
Internet: impalaray.tumblr.com, www.facebook.com/ImpalaRay.music

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Levantino (World / Jazz / Indie)

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Jahr: 2014, Woche: 15

Die Band Levantino aus der oberbayerischen Provinz vermischt in ihrem Debütalbum “Chapter One” verschiedene kulturelle Einflüsse. Die Texte sind auf Jiddisch, Spanisch und Französisch.

Diese Abgründe sind gefährlich. Wenn ein junger Erwachsener, aufgewachsen in der oberbayerischen Provinz, auf Jiddisch, Spanisch und Französisch singt, wirkt das schnell aufgesetzt. Die Gefahren der Weltmusik sind sowieso nicht ohne, gerade wenn man sich ein Image verpasst, das mit dem eigenen Kulturkreis herzlich wenig zu tun hat. Wenn dann die verschiedenen kulturellen Einflüsse auch noch so wild durchmischt werden wie auf „Chapter One“, dem Debütalbum des Trios Levantino (Foto: Karl Heinz Wilker), produziert das erst einmal mehr Fragezeichen als Antwort.

Auf dem Album finden sich instrumentale Jazz-Stücke, ein Cover des Chansonniers Jacques Brel und swingende Klezmer-Songs – doch Levantino schweben da leichtfüßig darüber und wischen sämtliche Schrecksekunden und Zweifel durch eine Selbstverständlichkeit hinweg. Vielleicht kommt die von der so grundverschiedenen Herangehensweise des Trios: Sie begannen nicht als Indie-Rock-Band, die sich irgendwann einen medienwirksameren Stil verpasst, sondern als Schulband, die auf Hochzeitsfeiern und in Hotelbars auftrat. Und in diesem Genre ist Musik, die unterhalten soll, noch nicht so negativ behaftet. Ihr Ruf hat sich schnell vom heimatlichen Bad Aibling nach München getragen. Maßgeblich durch den Volkstheater-Intendanten Christian Stückl, der sie als Band für seine Geburtstagsfeier ebenso engagierte wie als Musiker für das Stück „Ghetto“. Es folgte ein Plattenvertrag beim Weltmusik-Jazz-Label GLM und der Umzug der Jungs in die Landeshauptstadt.

Hier haben sie nun einen Probenkeller und treten eigentlich nicht mehr auf Hochzeiten auf, erzählt Sänger Michl Bloching. Und hier würden sie nun gerade auch mehr als Band zusammen wachsen. Als Band, die eigene Stücke schreibt und die mittlerweile einen ganz ungewöhnlichen Stil gefunden hat. Rita Argauer

Stil: World, Jazz, Indie
Besetzung: Michl Bloching: Gesang, Klarinette, Saxofon; Max Bloching: Kontrabass; Tom Wörndl: Gitarre
Aus: Bad Aibling / München
Seit: 2010
Internet: http://levantino.de/
www.facebook.com/levantino.official