Band der Woche: The Preset

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Indie mag mittlerweile im Mainstream angekommen sein, aber The Preset aus Schrobenhausen machen trotzdem schönen, unkonventionellen Pop, der ins Ohr geht und zeigt, dass Musik auch neben dem Studium gemacht werden kann.

Indie-Pop ist derzeitig ein wenig beliebig geworden. Eigentlich fast so beliebig wie Singer-Songwriter mit Akustik-Gitarre, die seit eh und je die Bürde tragen, dass sie etwas verdammt Besonderes brauchen, um nur ansatzweise auf sich aufmerksam machen zu können. Und das inflationäre Auftauchen von Indie-Bands, die alle irgendwie ähnlich gut singen können und ähnlich hymnische Songs in Understatement-Haltung verkleiden, hat im vergangenen Jahrzehnt dem Genre geschadet. Da überrascht nichts mehr, wenn eine Band aus dem Umland einer Großstadt schöne Musik schreibt, die dann auch noch schön aufnimmt und wunderbar mehrstimmig darüber singt.
Das ist so normal, dass es eigentlich eine neue Art der Bürgerlichkeit ist – auch weil die Eltern-Generation mittlerweile selbst mit Popkultur aufgewachsen ist und da auch überhaupt kein Gegensatz mehr besteht.

Gerade ist die Shell-Jugendstudie veröffentlicht worden, der Gegensatz der jungen Generation zu den Eltern schrumpft. Man interessiert sich für das gleiche, hört ähnliche Musik und trägt ohne große Rebellionsgesten normale Konflikte aus. The Preset (Foto: Carina Kowatsch) aus Schrobenhausen sind so ein wenig die Muttersöhnchen aktueller Popkultur. Und das ist aber heutzutage kein Strebertum mehr, sondern Zeitgeist. Hörbare Einflüsse, musikalisches Talent als Pop-Version der Hausmusik. Sie spielen einfach schöne Musik, so wie im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts klassische Hausmusik gespielt wurde – am Brahms-Walzer auf dem biedermeierlichen Klavier hat sich die Eltern-Generation auch nicht gestört.

Und The Preset übertragen diese Geste auf Pop, was eben ein wenig wie eine neue Bürgerlichkeit wirkt. Ein vorgezeichneter Weg, der passend zum Bandnamen erscheint: Preset bedeutet Voreinstellung. Und die spielt auch ohne Metapher beim Musikmachen eine gewisse Rolle: Presets in Musikprogrammen sind in das Programm integrierte Soundeinstellungen, die meist ziemlich gut klingen; aber eben auch nicht sonderlich individuell sind. Ein klangliches Abziehbild sozusagen.

The Preset legen also einen Indie-Flirt mit der Bürgerlichkeit hin. Doch das ist in der Popkultur auch irgendwo spannend. Denn im Ursprung hat Pop – egal ob Elvis’ Sex-Appeal oder die psychedelische Haltung der späten Beatles – erst einmal eine antibürgerliche Haltung. Doch die Musiker aus Schrobenhausen eignen sich prächtig als Schwiegersöhne. Sie studieren bürgerliche Fächer wie Elektrotechnik, Maschinenbau, Physik und Geologie. Und machen eben nebenbei Musik.
Und damit stören The Preset die Haltung, die der Popmusik so lange eingeschrieben war. Obwohl unter der glatten Oberfläche des Quartetts etwas Naives und ja auch Nerdhaftes durchblitzt. Das beginnt beim Cover ihrer EP „Supervision“: Ein in Neonfarben starrendes Auge, das ungefähr den gleichen Coolness-Faktor hat wie psychedelische Kifferposter aus dem Wasserpfeifen-Shop.

Und die Musik kann sich auch noch nicht ganz darauf einigen, welchen generationsübergreifenden Weg sie denn nun einschlagen soll. So laufen sie von der schick-elegischen Depression Interpols („Motion“) zu Funk-Bässen à la Bruno Mars („Brainstrøm“). Und doch erklären sie es zum Ziel für die geplante Folge-EP: „Noch mehr rockige Einflüsse reinzubringen und vielleicht auch etwas unkonventionellere Musik zu machen.“ Und die unkonventionelle Version der neuen Bürgerlichkeit – im Sinne von Bands wie Vampire Weekend, die dürfte schon, weil sie so paradox ist, spannend werden. Auch dafür, dass Popmusik entsteht, die nicht immer nur in die Vergangenheit blickt, sondern die Musik aus ihrer Gegenwart heraus formt.  

Stil: Indie / Rock / Pop

Besetzung: Bernhard Birkner (Gitarre,
Gitarre), Moritz Gamperl (Gitarre, Gesang), Christoph Appel (Bass),
Sebastian Mayer (Schlagzeug)

Seit: 2010Aus: Schrobenhausen,

Aus: München, Augsburg

Internet: www.facebook.com/thepresetmusic

Rita Argauer

Foto: Carina Kowatsch