250 Zeichen Demokratie: Heute mit Mario Radetzky

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Am 24. September ist Bundestagswahl. Wir haben politisch engagierte
junge Erwachsene gefragt, warum es gerade für junge Menschen so wichtig
ist, wählen zu gehen. Heute mit 
Mario Radetzky.

“Es
ist deine Wahl ob du in den McDonalds gehst oder es bleiben lässt, ob du Coca-Cola
Produkte kaufst, oder nicht, ob du dich einer Partei entgegenstellst die
Vorurteile schürt oder deine Stimme jemand gibst, der keine Angst vor der Welt
hat. Es ist deine Wahl am 24.09. und du machst deinen Unterschied.”

– Mario Radetzky, Musiker

Foto: Final Chapter

Fette Beats, kaputte Betten

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Welche Musiker fallen in München auf? Jeden Montag stellen wir auf der Junge-Leute-Seite die „Band der Woche” vor. Zehn Bands von ihnen haben wir nun für die Wahl zur „Band des Jahres” ausgewählt – hier der Überblick.

Von Rita Argauer und Michael Bremmer

Uns entgeht so gut wie nichts. Wir schauen regelmäßig bei den Konzertbühnen dieser Stadt vorbei. Wir besuchen Proberäume und durchkämmen das Internet. Von daher wissen wir, welche Bands in München auffallen und von welchen Bands man in Zukunft garantiert hören wird – nachzulesen jeden Montag in unserer Rubrik „Band der Woche“. Ende des Jahres gehen wir immer einen Schritt weiter. Wir haben zehn Bands, die in diesem Jahr „Band der Woche“ waren, ausgewählt für die Wahl zur „Band des Jahres“. Die Abstimmung läuft bis zum 12. Januar, 12 Uhr, auf unserer Facebook-Seite. Hier die zehn Bands im Überblick:

Blackout Problems
Alternative-Rock

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Bei Blackout Problems wird die Bühne zum Abenteuer-Spielplatz. Da wird von Verstärkern gesprungen oder ins Publikum gesegelt. „Wir wollen nicht die Einzigen sein, die nach der Show schwitzen“, sagen sie – dementsprechend intensiv sind ihre Shows. Mehr als 200 Konzerte haben sie bisher in Deutschland wie im europäischen Ausland gespielt, dazu kommt eine ausgesprochen hohe Resonanz im Internet, insbesondere in den sozialen Netzwerken. Doch eine Plattenfirma für das Debüt-Album fand sich nicht. Sie haben ihr Album „Holy“ in Eigenregie herausgebracht und sind damit in die Charts gekommen. Sie klingen jetzt härter und kompromissloser, was aber nicht heißt, dass sie ihren Hang zur Melodie und zum ausschweifenden Chorus verloren hätten. Foto: Ilkay Karakurt 

Kytes
Indie-Pop

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Große Auftritte bei Festivals, Release-Show in der ausverkauften Muffathalle, Gewinn des New-Music-Awards in Berlin – und zuvor ein geheimer Gig in Obergiesing. Und all das passiert in nur wenigen Monaten. Die Kytes sind auf der Erfolgsspur – trotzdem haben sie für die Junge-Leute-Seite ein WG-Konzert gespielt. Und was zeigte sich bei dem kleinen Auftritt: Die Band braucht keine große Technik, um zu begeistern. Sie hat ein Gespür für große Songs – und auch wenn man glaubt, im Pop jede Melodie schon mal gehört zu haben, schütteln die Kytes immer wieder tolle Hooks aus dem Ärmel. Ach ja – nette Jungs sind sie zudem, auch wenn beim WG-Konzert am Ende ein Bett kaputtgeht.
Foto: Christoph Schaller

Felix Krull
Kitsch-Rap

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Eigentlich braucht Hip-Hop das Leid der Gosse, um seine Authentizität zu beweisen. In Berlin versuchten Sido und Konsorten die Ghetto-Romantik mit Aggro-Berlin zu reproduzieren. In München reagierten ein paar Spaßvögel-Rapper darauf mit Aggro-Grünwald, der Schampus-saufenden Rich-Kid-Variante der Rüpelrapper. Felix Krull hat diesen Stil nun perfektioniert. Die Musik, die er dabei macht, ist erstaunlich sanft. Die Edginess, die er sich in der Inszenierung erlaubt, fehlt seinen Beats, die ein wenig nach dem üblichen Loop-Allgemeingut klingen. Für den Erfolg hat er sich stark gewandelt: Vor sechs Jahren trat er noch mit präpotentem Männlichkeitsgehabe auf den Plan und sprach von sich selbst nur als dem „Stemmer“. Foto: Philipp Klett

The Living
Pop / Rock

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Nett? Das ist nicht unbedingt ein Attribut, das sich junge Musiker wünschen, gilt es doch, im Musikgeschäft aufzufallen. Die Musiker von The Living schauen aus, als wären sie einer deutschen Vorabendserie entsprungen. Auch auf der Bühne sucht man Exzentrik vergebens – bis sie dann einen euphorischen Hit nach dem anderen rausknallen. Zuletzt konnte man das beim Cover-Abend „Freundschaftsbänd“ beobachten – sie spielten „Kindertage“ von
Liann. Sie entschuldigten sich artig vor dem ersten Ton, erwähnten kurz, dass sie eher ein Remix als eine Coverversion einstudiert hätten, um dann aus der Pop-Poesie eine dynamische, überwältigende Electro-Nummer zu machen. Zweite Erkenntnis: Deutsche Texte stehen The Living gut. Foto: Sebastian Resch

Nick Yume
Indie-Pop

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Natürlich lebt das Musikgeschäft von solchen Erfolgsgeschichten: Junger Musiker taucht wie aus dem Nichts auf, veröffentlicht seine erste Single gleich bei einem Major-Label und wird kurz darauf eingeladen, für Rihanna im Vorprogramm zu spielen. Diese Geschichte ist wahr und ist dem Münchner Musiker Nicholas A. Gnan alias Nick Yume passiert. Was dabei oft vernachlässigt wird: Dieser Traum ist hart erarbeitet. Nick spielt in Schulbands Schlagzeug, schreibt bereits mit 13, 14 die ersten Songs. Später wird er zu Songwriter-Sessions eingeladen – dort entsteht auch die erste Single für Sony, eine Coverversion von „Allein Allein“. Aber auch seine eigenen Stücke klingen nach großem Pop – und einer großen Karriere, weil authentisch und mit einem großen Wiedererkennungswert: eine geschmeidige Soul-Stimme, im Falsett leicht brüchig, sicher in der Führung, ohne Scheu vor Drama. Foto: Keno Peer
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Lisaholic
Beatboxing/Loops/Hip-Hop

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Etwas mehr als ein halbes Jahr liegt zwischen den beiden Auftritten: Im Frühjahr spielt Lisaholic ihr erstes Konzert in der Kulturjurte. Das Publikum kauert auf dem Boden, Lisa hadert mit der Loopstation, bricht den Song ab, um ihn dann mit beißenden Beats und boshaftem Wortwitz rauszuknallen. So frech, so frisch hat sich schon lange nicht mehr eine Münchner Künstlerin präsentiert. Lisaholic ist Beatboxerin. Mittels Loop-Station vervielfacht sich die Münchnerin beliebig zu einem Duo, zu einer Hip-Hop-Produzentin samt Rapperin, zu einem DJ, der Gitarrentöne sampelt oder zum A-Cappella-Projekt. Doch Lisa besitzt nicht nur Rhythmusgefühl, sie hat einen guten Flow – und sie hat zudem wenig Interesse an Zurückhaltung, Geschlechterbildern oder vermeintlichen Pop-Trends. Genau deswegen gelingt ihr Musik, die tatsächlich neu klingt. Und die sie mittlerweile so perfekt auf die Bühne bringt, dass sie sich – ein halbes Jahr nach ihrem ersten Auftritt – beim Sound Of Munich Now als neue „Königin von Bayern“ feiern ließ. Foto: Okan Sayan
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Nalan381
Neo-R’n’B

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Will man wissen, welche neuen Pop-Trends sich in München auftun, muss man in die Kunstakademie gehen. In die „Klasse Metzel“, um genau zu sein. Hier treffen sich immer wieder Menschen, die dann neue Musik in die Stadt bringen. Nalan Karacagil und Nikolaus Graf zum Beispiel, besser bekannt als Nalan381. Sängerin Nalan setzt ihre zugänglichen Melodien dabei unaufgeregt auf einen mechanisch-geräuschlastigen Beat. Für die nötige harmonische Unterfütterung sorgen wolkige Synthie-Akkorde – eine Mischung aus Verwaschenheit und aktuellen Pop-Trends, die durchaus auch auf den großen Pop-Bühnen funktionieren kann. R ’n’ B trifft auf Elektro trifft auf exotische Rhythmik – für die heutzutage nötige Uneindeutigkeit sorgt eine verhangene Soundästhetik, die viele Assoziationen zulässt. Alles sehr geheimnisvoll, alles durchaus erotisch, weswegen der Radiosender Puls fabuliert: „Sie sind gekommen, um München ein bisschen mehr Sex einzuhauchen.“ Foto: Rosanna Graf
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Claire Jul
Electro-Soul

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Drei Monate sind im Musikgeschäft nichts. Und doch kann sich ein Künstler in dieser Zeit komplett neu erfinden. Claire Jul zum Beispiel. Es gibt ein Video von ihr, aufgenommen bei „Sofar Munich“ am 17. April dieses Jahres: Holy, eine klassisches Singer-Songwriter-Stück. Tolle Stimme, „überwältigend“, so die Reaktionen bei Youtube, irgendwie aber auch erwartbar. Was die Zuhörer dieser Live-Session nicht ahnen: Claire Jul müsste da schon längst an ihrer neuen musikalischen Identität gearbeitet haben, Ende Juli erscheint ihr erstes Video mit neuem Sound: Amy Winehouse trifft auf Gorillaz trifft auf Beats. Elektronische Schichten schmiegen sich über soulige Beats: euphorisch-durchgeknallte Up-Temp-Nummern mit einer Stimme, so herausfordernd, so lustvoll. Mittlerweile gibt es bereits erste Remixe – als Tech-House. Foto: Alessandra Schellnegger
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Friends Of Gas
Neo-Postpunk

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Sechs Stunden dauert eine Bahnfahrt von München nach Berlin. Ein Jahr lang dauert es, bis eine Münchner Band in der Hauptstadt ankommt. Bereits im November 2015, beim Festival „Sound Of Munich Now“, reagierte das Publikum ekstatisch. Ein Jahr später schreibt die taz: „Was für eine Wucht. Was für ein Debütalbum. Es mag ja Berliner Arroganz sein, aber ich kann überhaupt nicht begreifen, wie eine Band wie Friends Of Gas aus München kommen kann.“ Schieben wir es auf die Berliner Selbstgefälligkeit, auch oder gerade München hat Anrecht auf Lärm. Diese neue, bisweilen recht destruktive Ernsthaftigkeit kommt an in Pop-Deutschland. Foto: Susanne Beck
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PourElise
Akustik-Pop

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Henny Gröblehner steht vor der Bühne und lächelt glücklich. Auf der Bühne beim Coverabend „Freundschaftsbänd“ zerlegt gerade Elektrik Kezy Mezy ihren Song „L’Éléfant“. Härtetest bestanden, denn auch als Noise-Nummer verliert der Song nichts an seiner Schönheit. Das liegt daran, dass Henny alias PourElise das Zerbrechliche an ihrer Musik mit einer gewissen Hipness angereichert hat. Früher machte sie die perfekte Musik „für lauschige Abende im durchgeheizten Wohnzimmer“, schrieb Puls. Kuscheln kann man immer noch, aber jetzt kann das auch in der dunklen Ecke eines angesagten Clubs sein. Foto: Pierre Jarawan

Foto (oben): Conny Mirbach

Ohne Kompromisse

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Mario Radezky, Sänger der „Blackout Problems“, hat sein Studium geschmissen. Um seinen Musiker-Traum leben zu können, macht er Unmengen von Gelegenheitsjobs. Mal steht er hinter der Bar, mal ist er Kartenabreißer

Von Philipp Kreiter

Die Luft ist tropisch heiß, stickig, jeder im Münchner „Strom“ trieft vor Schweiß, ist rot im Gesicht. Am meisten Mario Radezky, Sänger der Band Blackout Problems. Die Hitze, der Schweiß, die Eskalation auf der Bühne gehören zu Konzerten seiner Band, aber diesmal gibt es einen besonderen Anlass: Die Blackout Problems feiern das Erscheinen ihres zweiten Albums „Holy“. Nach nicht einmal drei Liedern, tanzt der gesamten Club wie in einem einzigen Rausch. Und grölt jede Songzeile lautstark mit – ganz ohne Textkenntnis, nur aus der Stimmung heraus. Es ist ein Fest.

Szenenwechsel, ein Café im Glockenbachviertel: Mario, 26, bärtig, durchschnittlich groß, streicht sich beim Sprechen immer wieder die braunen Haare aus dem Gesicht. Wenn er redet, tut er das ruhig, abwägend, meist ernst. Seit 2012 ist er Sänger und Gitarrist der Band Blackout Problems und hat es damit auch über die Münchner Stadtgrenzen hinaus zu einiger Bekanntheit gebracht. Zusammen mit Bassist Marcus Schwarzbach und Schlagzeuger Michael Dreilich hat Mario Anfang 2016 das zweite Blackout Problems Album veröffentlicht, ein Erfolg, die Platte erreicht sogar die deutschen Albumcharts. Und das alles in Eigenregie, ohne Plattenfirma im Hintergrund. Wie machen die Jungs das?

Geboren in Heidelberg, muss Mario schon früh einen Umzug nach Kössen verkraften, ein Skiort irgendwo hinter Kufstein. Zur Schule fährt er mehr als 20 Kilometer, auch sonst bietet der Ort wenig, was für einen jungen Menschen aufregend sein könnte. Besser wird es erst, als er das Konzert einer Punkband von etwas älteren Schulkameraden besucht, „da habe ich gesehen, dass man mit drei Akkorden schon ganze Lieder schreiben kann“. Schon damals, beinahe noch im Kinderzimmer („wir waren nicht viel größer als unsere Gitarren“), komponiert er jedes Wochenende mit seinem heutigen Bandkollegen Marcus neue Stücke. Nach dem Abitur wollte er in eine aufregende Stadt ziehen, er dachte an Berlin oder Barcelona. Aber es wurde dann doch München, „sonst hätte ich nicht mehr mit Marcus Musik machen können“.

In München beginnt er ein Lehramtsstudium Germanistik und Anglistik, nebenbei arbeitet er in unzähligen kleinen Jobs, um sich die Band finanzieren zu können. Das Studium macht ihm Spaß, aber seine Leidenschaft sind die Blackout Problems. Aber sich nur auf die Musik zu verlassen, traut er sich zu dem Zeitpunkt noch nicht. „Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich im Hörsaal nur noch an die Band denke.“ In seinem sechsten oder siebten Semester erfährt Mario, welchen Schnitt neue Lehrer brauchen, um eine Stelle zu bekommen. „Davon war ich dann so unglaublich weit weg, dass ich mir gedacht habe, dass ich weder als Lehrer noch mit der Band Geld verdienen werde. Dann kann ich aber zumindest das machen, was mir Spaß macht.“

Er schmeißt das Studium kurz vor dem Abschluss und konzentriert sich fortan an nur auf seine Leidenschaft, die Musik. Die Band selbst wirft momentan allerdings noch nicht genug Geld ab, damit die Bandmitglieder davon leben könnten. Deshalb hat Mario Unmengen von Gelegenheitsjobs, besonders bei Konzerten. Mal steht er nächtelang hinter der Bar, mal ist er Kartenabreißer, mal Stagehand. Aber er ist auch schon direkt nach einer Tour mit seiner Band von Zürich aus nach Hamburg geflogen, um Equipment für die Sportfreunde Stiller nach München zu fahren. Aber trotzdem macht Mario diese Jobs gerne: „Wenn du nach einer langen Tour wieder den ganzen Abend für sechs Euro pro Stunde arbeitest, dann erdet das. Und außerdem weiß ich, dass ich Dank der Jobs, die ich mache, danach wieder mein eigenes Ding durchziehen kann.“

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Und da die Blackout Problems das mittlerweile ziemlich erfolgreich machen, weckt es an verschiedenen Stellen Begehrlichkeiten. Bevor „Holy“ erschien, hatten die drei Musiker bereits Aufnahmen für eine große Plattenfirma gemacht, große Dinge waren ihnen versprochen worden. Aber von heute auf morgen ließ die Plattenfirma sie fallen – ohne Angabe von Gründen. Für eine junge Band ein Rückschlag, nicht jeder hätte sich davon erholen können. Auch Mario und seine Band stehen erst einmal unter Schock. „Da merkt man, dass es vom einen auf den anderen Tag ganz anders aussehen kann. Und als kleine Band gibt es nichts, was man dagegen tun kann. Man ist gegenüber dem Label vollkommen hilflos.“

Aber aufgeben will die Band auch nicht: „Wir waren wieder am Nullpunkt angekommen, aber für uns gab es nur eine Option: Wir bringen die Platte jetzt raus!“ Sie entschieden, komplett auf ein Label zu verzichten, von jetzt an alles selbst zu machen. Sie tauschten ihren Manager aus, verpflichteten jemanden in ihrem Alter. Die Produktion übernahm Philipp Koch von der Band HeissKalt, für ihn das erste Mal, dass er ein Album produzierte. Und selbst das Artwork überließen sie einem befreundeten Designstudenten – der davor noch nie ein Artwork erstellt hatte. Aber der Band war es wichtig, dass das Album genauso wird, wie sie es sich vorstellen, ganz ohne den konformistischen Zwang, den eine Plattenfirma häufig auf ihre Musiker ausübt.

Genau das ist es auch, was HeissKalt-Frontmann Mathias Bloech so an Mario und den Blackout Problems begeistert: „Man merkt, dass er sich komplett reinwirft in die Band und das, wofür sie steht, ganz und gar verkörpert.“ Das lässt sich auch bei Marios anderem großen Projekt beobachten, dem „Munich Warehouse“. Als eine Plattform für den Band-Merch gestartet, ist es mittlerweile zu einem Onlineversand für Marios eigenes Label geworden, das er zusammen mit Schlagzeuger Michael gegründet hat. Ein bisschen soll das Warehouse auch zweites Standbein sein, falls es doch nicht klappen sollte mit der Musik.

Doch momentan sieht es gut aus für die Blackout Problems. Nach einem Jahr auf Tour werden sie Ende des Jahres für ein großes Abschlusskonzert wieder dort auf der Bühne stehen, wo das Jahr begann: in München im Strom.

Fotos: Ilkay Karakurt, Paul Ambrusch

Blackout Problems (Pop / Folk / Rock)

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Jahr: 2014, Woche: 06

Die Band Blackout Problems protestiert mit ihren Songs. Im vergangenen Jahr reduzierten sie ihren vorherigen Alternativrock auf einen Pop zwischen Folk und Rock – und knüpfen gleichzeitig inhaltlich an das Weltverbesserertum von Woodstock an.

Kriegsmetaphern gegen den Krieg. Paradox ist das: „A protest against loaded guns“ heißt es in der Strophe von „Hope“, die in einen hymnischen Refrain führt, in dem die Münchner Band Blackout Problems (Foto: Birgit Burchart) schließlich fröhlich „And we’ll keep fighting and fighting“ singt. Doch irgendwo ist so viel Neo-Revoluzzertum auch etwas Schönes.

Wann gab es denn bitte die letzten ernst gemeinten Protestsongs? Jedenfalls nicht, als die Musikzeitschrift Spex im vergangenen Jahr zu ihrem eher albernen Protestsong-Contest aufrief. Doch die Blackout Problems halten sich da textlich eher an die großen Vorbilder aus den Sechzigern, sie haben ein Thema, gegen das sie ansingen. Und das kommt an, schließlich spielten sie 2013 größere Festivals wie das „Open Flair“ oder das „Frequency Festival“ und bahnen ihren Weg konsequent aus München hinaus. „Wir spielen Konzerte in Deutschland und Österreich“, sagt Gitarrist und Sänger Mario Radetzky; auch in der Schweiz, Italien, Tschechien und England waren sie schon, und auf einer zweiwöchigen Tour durch Russland und die Ukraine. Mit diesem Portfolio wartet das Trio auf, das man in Münchens sich um sich selbst drehender Szene bisher noch gar nicht bemerkt hatte. Sie begleiteten schon 2012 die Emil Bulls auf deren Tour und veröffentlichten das Album „Life“, das im Folgenden die Onlineleser-Charts der Musikzeitschrift Visions anführte.

Der damals noch druckvoll besetzte Alternativrock wurde auf der im vergangenen Jahr im Eigenverlag erschienenen EP „Twentyfourseven“ auf eine Akustikbesetzung heruntergebrochen. Der hymnische Impetus aber blieb. Pop zwischen Folk und Rock – und Musik, die eine zeitgemäße Übersetzung des Weltverbesserertums und der Zugänglichkeit der Woodstock-Musik ist. Nun erscheint eine Neuauflage dieser Single „Hope“, für deren Produktion sich Christoph von Freydorf, Sänger der Emil Bulls, verantwortlich zeigte. Rita Argauer

Stil: Pop-Folk
Besetzung: Marcus Schwarzbach: Bass, Gesang; Mario Radetzky: Gitarre, Gesang; Michael Dreilich: Schlagzeug.
Aus: München
Seit: 2008
Internet: www.facebook.com/blackoutproblems, www.blackout-problems.com

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.