Erst dehnen, dann bücken – Nina Wadl, 23, verbindet Yoga mit Müllentsorgung
Von Luise Glum
Yoga, ist das nicht dieser Lifestyle-Sport, dieses schicke Heilsversprechen, das eher mit überteuertem Turnunterricht als mit spirituellen Grundlagen zu tun hat? Yogalehrerin Nina Wadl, 23, sieht das anders. Sie sitzt schräg auf ihrem Stuhl, um ihrem Hals baumelt ein goldener Anhänger in Form der Blume des Lebens. Ein Bein hat sie auf der Sitzfläche angewinkelt, im Stil eines sitzenden Sonnengrußes. „Das ist ganz natürlich bei mir“, sagt sie, „ich mach das über den Tag verteilt immer, dass ich irgendwelche dehnenden Yoga-Haltungen einnehme.“
Aber Yoga kann mehr, findet Nina. Es ist eine Grundeinstellung, die sie immer und überallhin begleitet. Vor allem aber hat sie diese wegen ihres Wunsches gewählt, den Klimawandel und die Verschmutzung der Umwelt aufzuhalten. „In der Nachhaltigkeit will man nicht mehr Ressourcen verbrauchen, als man hat“, sagt Nina mit entspanntem Lächeln. „Und beim Yoga geht es auch darum, auf sich zu hören und seine Grenzen nicht zu überschreiten.“ Und es zähle das große Ganze, nicht nur die Verbundenheit mit sich selbst, sondern mit der Natur. Ihre Yogastunden verbindet Nina deshalb mit einem anschließenden „clean-up“, dem gemeinsamen Aufsammeln von Müll in den Parks und auf den Wiesen rund um die Yogamatten.
Wenn Nina nicht gerade als „Clean-Up-Yogi“ im herabschauenden Hund verweilt, studiert sie BWL. Mit Nachhaltigkeit passt das auf den ersten Blick nur schwer zusammen: „Da lernt man nur, wie man Gewinne maximiert und die Kosten am besten senken kann“, sagt Nina und verzieht das Gesicht. „Dabei ist es wichtig, dass man gerade im wirtschaftlichen Bereich noch mehr nachhaltige Aspekte einbringt.“ In ihrer Bachelorarbeit will sie deshalb zeigen, dass nachhaltige Verpackungen nicht nur ökologisch sinnvoller sind, sondern auf lange Sicht auch eine ökonomische Wertsteigerung mit sich bringen.
Ihr Studium habe ihr viel ermöglicht, erzählt die 23-Jährige. So auch die Auslandssemester auf Bali, wo sie ihre Ausbildung zur Yogalehrerin absolviert hat. Müll sammelt Nina schon seit Langem, an den Stränden Südostasiens waren die Plastikmassen für sie dann ein endgültig unerträglicher Anblick. Seitdem lebt Nina so weit es geht müllfrei. Und als sie immer öfter Müllsammeln ging, gesellte sich das Yoga irgendwann ganz natürlich hinzu: „Gerade wenn es Kleinteile sind und ich die ganze Zeit gebückt dastehe, habe ich nebenbei noch ein bisschen Yoga gemacht, um mich zu dehnen.“
Dass Yoga heute auch der Kommerzialisierung zum Opfer gefallen ist und eine Menge Matten und Meditationskissen über kurz oder lang in den Abfall wandern werden, ist Nina durchaus bewusst. Wichtiger ist ihr aber, die Popularität des Yoga zu nutzen, um möglichst viele zu erreichen: „Es ist nur gut, dass es ein Trend ist“, sagt die 23-Jährige. „Denn dadurch kommen mehr Leute dazu und probieren es aus – und bleiben dann vielleicht auch zur Sammelaktion und steigern ihr Umweltbewusstsein.“