Wir wollen euch die Zeit zu Hause ein bisschen schöner machen. Unsere Rubrik “Von Freitag bis Freitag München” heißt deswegen jetzt “München hat Hausarrest”. Denn, zusammen ist man weniger allein ❤
Ich habe einen Garten. Mitten in der Innenstadt. Dass das ein wahnsinnig dekadentes Privileg ist, wird mir zurzeit sehr bewusst. Ein Garten ist das Beste, was man im Sommer haben kann. Mit oder ohne Corona. Mit ist er aber gerade einfach noch ein bisschen wichtiger. Ich verbringe also jeden Tag im Freien und halte meine Launen mit Gartenarbeit und Lesestoff bislang gut im Gleichgewicht. Dazwischen rufe ich meine Großeltern an und gebe ihnen durch den Hörer ein wenig gute Laune ab. Ich glaube, das hilft ihnen, den Enkelkinderentzug zu überstehen.
Einen kleinen Tiefpunkt gab es aber doch neulich, als verkündet wurde, dass bis Ende August keine Großveranstaltungen erlaubt sein werden. Das musste ich dann doch erstmal auf mich wirken lassen. Meine Sommerpläne sind also im Eimer. Inzwischen quasi nicht mehr existent. Alle Festivals wurden abgesagt, obwohl ich mich doch schon so auf das diesjährige Fusionfestival in Lärz gefreut habe. Vielleicht also auch kein Meer, diesen Sommer. Erst nächsten Sommer.
„Nächsten Sommer“ ist inzwischen so etwas wie mein Credo geworden. Dabei habe ich mir das nicht selbst ausgedacht. Es stammt aus einem gleichnamigen Teenie-Roadtrip-Roman von Edgar Rai. Eine Gruppe von Freunden findet sich auf einmal in einem alten VW-Bus wieder, auf dem Weg nach Südfrankreich. Auf der Fahrt entwickeln sie Ideen, Pläne und Visionen und „nächsten Sommer“ wird dabei zur Metapher für die Dinge, die sowieso nie passieren werden. Jede*r von ihnen weiß das. Aber es wäre eben zu schmerzhaft das direkt auszusprechen, also kommt ein mutiges „nächsten Sommer“ ins Spiel.
Ein bisschen so läuft das gerade auch in meinem Freundeskreis ab. Man vertröstet sich mit dem Gedanken, es in der Zukunft, „wenn das hier alles vorbei ist“, dafür dann halt so richtig krachen zu lassen. Wann das sein wird, das weiß niemand so genau. Aber die Vorstellung an den nächsten Sommer, in dem wir alle zusammen wegfahren, ans Meer, und Wein trinken und Abende lang rauchen und quatschen, die hilft.
Um für die Freiheit, die hoffentlich ganz bald wiederkommen wird, vorbereitet zu sein, vertiefe ich mich stattdessen in die Planung. Sobald die Reisesache geklärt ist, möchte ich vorbereitet sein. Ich teile Fahrgruppen unter Freunden ein, habe mir inzwischen ein bemerkenswertes Knowhow zu Campingausrüstung angeeignet und stelle in Vorfreude schon einmal Roadtrip-Playlists zusammen.
Musikalischen Input aus aller Welt finde ich dabei auf meiner neuen, heißgeliebten App Radiooooo. Die Stunden im Garten verbringe ich jetzt damit, mich auf der virtuellen Weltkarte durch verschiedene Länder und deren Musik-Jahrzehnte zu klicken. In meiner Playlist sammle ich die Lieblingslieder, die solche Schätze sind, das Spotify sie teilweise nicht mal kennt. In Gedanken bin ich dabei außerhalb von meinem Garten und außerhalb der deutschen Grenze unterwegs.
Denn, es wird sie geben, eine Zeit nach Corona. Wenn es so weit ist, freue ich mich darauf, diese Musik zu hören. In einem Garten, aber diesmal am anderen Ende der Welt.
Sophia Reichert