Es wird sie geben, eine Zeit nach Corona – bis dahin halten unsere Autoren und Autorinnen hier fest, was sie besonders vermissen und worauf sie sich am meisten freuen.
von Amelie Geiger
Es gibt Menschen, die fahren ein halbes Jahr auf große Reise und vermissen niemanden. Nicht die Freunde, nicht die Familie, einfach niemanden. Diese Menschen freuen sich zwar auf ein Wiedersehen, aber es bedrückt sie nicht, von ihren Liebsten getrennt zu sein. Und dann gibt es Menschen wie mich. Ich fahre ungern alleine weg. Und wenn, dann vermisse ich nach kürzester Zeit den sozialen Kontakt zu meinen Liebsten. Vor allem aber vermisse ich gemeinsame Momente. Denn am Telefon eine Situation zu schildern, ist nicht dasselbe, wie diese zusammen mit einem Menschen erlebt zu haben. Das verbindet. Und ich bin gerne verbunden.
Ich würde sogar sagen, ich bin süchtig danach. Süchtig nach sozialen Kontakten. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich da nicht die einzige bin. Wir alle brauchen doch diese gemeinsamen Momente. Weil es eben auch einen selbst heilt, wenn man für jemanden anderen da ist. Und es einen glücklich macht, jemanden anderen zum Lächeln gebracht zu haben.
Ich vermisse den Moment, in dem ich meine beste Freundin nach ihrer monatelangen Reise durch Asien endlich wieder in den Arm nehmen kann. In dem eine leckere Pad Thai in ihrer Wohnung einen süßlich, säuerlichen Geruch verbreitet und ich nach ihrer Anleitung die Erdnüsse zerhacke, während sie mir endlich erzählen kann, was für eine große Angst sie hatte, im März nicht mehr nach Hause zu kommen, vielleicht sogar in Abschiebehaft zu landen. Und nein, ich meine nicht am Telefon. Ich meine ein wirkliches Erzählen, in dem ich ihre Emotionen sehen kann und sie meinen tröstenden Gesichtsausdruck.
Einsamkeit bringt den Menschen zu seltsamen Taten. So spricht der Gestrandete Chuck in dem Film Cast Away vor lauter Sozialentzug mit einem Volleyball. Ich hoffe wirklich sehr, dass wir es mit einem rücksichtsvollen Verhalten bald wieder möglich machen, mehr als nur einen Kontakt zu pflegen. Und ich mich bei meinem zweiten dann endlich für meine beste Freundin entscheiden kann. Denn als sie nach Deutschland zurückkam, hatte ich schon einen anderen Corona-Buddy gewählt. Damit ich endlich wieder Momente teilen kann und nicht nur davon berichten muss.