Rochssana Pakzad / Foto: privat

„Ich bin extremer geworden“

Rochssana Pakzad, 20, erzählt im Interview, wie ihre Reisen ihren Umweltaktivismus verändert haben.

Interview: Laura Wiedemann 

München – Rochssana Pakzad, 20, geht seit knapp einem Jahr regelmäßig für den Klimaschutz auf die Straße. Sie ist Teil einer globalen Bewegung. Dabei haben vor allem ihr Auslandssemester in Irland und ihre Reisen durch Europa die Art ihres Aktivismus verändert.

SZ: Du setzt dich für den Klimawandel ein. Demonstration alleine bringen deiner Meinung nach aber zu wenig. Bist du schon mal verhaftet worden?

Rochssana Pakzad: Das noch nicht. Aber erst kürzlich, als ich gemeinsam mit anderen eine Woche vor dem irischen Parlament gecampt und Blockaden errichtet haben, wurde ich von den Beamten aus der Sitzblockade getragen. Einige andere Demonstranten wurden festgenommen, ich zum Glück nicht.

Vor einem Jahr hast Du noch nicht einmal demonstriert. Wie kam der Wandel?

Ich bin extremer geworden. Schon in Deutschland habe ich gemerkt, dass wir als globale Bewegung durch Demos zwar Aufmerksamkeit bekommen, die Politik aber nicht bereit ist wirklich viel zu verändern. Das habe ich als wahnsinnig unbefriedigend empfunden.

Und dann?

Ich war bis vor kurzem in Irland, machte dort ein Auslandssemester. In Dublin habe ich dann an der Rebellion Week teilgenommen.

Und da bist du dann aus der Sitzblockade weggetragen worden?

Ja, dort bin ich zum ersten Mal mit der Polizei in Berührung gekommen. Das habe ich für mich als sehr wichtig empfunden, weil in diesem Moment die Solidarität so spürbar war. Ich wollte eine Festnahme zwar auf keinen Fall riskieren, aber um mit meinen Gefährten zusammenzustehen, habe ich es dann doch getan und meine eigenen Grenzen überschritten.

Wie war das?

In dem Moment hatte ich schon auch Angst, aber es hat sich trotzdem gelohnt, weil wir durch die Aktion zeigen konnten, dass wir bereit sind für den Klimaschutz wirklich zu kämpfen.

Was reizt dich daran?

Natürlich ist das ein tolles Gefühl, wenn man mit so vielen Gleichgesinnten auf die Straße geht.

Hat das für dich immer mit der Sache zu tun? Oder ist da auch manchmal Spaß dabei?

Ich würde das auf keinen Fall Spaß nennen. Für mich ist das viel mehr eine Notwendigkeit. Wie viele andere bin ich wütend, weil wir einer so katastrophalen Klimakrise gegenüberstehen, aber ich will friedlich etwas dagegen. Mir ist die Angelegenheit sehr ernst.

Du engagierst dich ja erst seit einem Jahr. Wie kam es überhaupt dazu, dass du Klimaaktivistin wurdest?

Ehrlich gesagt, habe ich mich davor wenige mit Klimaschutz beschäftigt. Verändert hat das der internationale Klimastreik im März 2019, das war meine erste Klimademo. Vor allem der Einsatz der vielen jungen Menschen hat mich dort beeindruckt. Mir war klar, wenn die Schülerinnen und Schüler auf die Straße gehen, dann sollte ich mich als Studentin, die ohnehin mehr Zeit für Aktivismus hat, erst recht einsetzen. Ich will ganz einfach für uns und die folgenden Generationen an einer lebenswerten Welt mitwirken.

Wie hat sich dein Leben seit dieser Demo verändert?

Ich bin jetzt Veganerin und steige nicht mehr ins Flugzeug. Klar, das ist nicht immer einfach, gerade wenn man reisen möchte. Aber für mich ist das kein Verlust, sondern ein Verzicht, auf den ich gerne eingehe.

Wie hast du deinen Weg nach Irland und zurück erlebt – ganz schön anstrengend, ohne zu fliegen, oder?

Von Irland nach München mit dem Zug, das kostet viel Zeit und ist anstrengend. Ich bin mit der Fähre gestartet und dann in 30 Stunden von einem Zug in den nächsten gestiegen. Manchmal hatte ich keinen Sitzplatz. Oder der Zug hatte Verspätung, ich bin sogar Mal in den falschen Zug eingestiegen, das war ärgerlich – und etwas Veganes zu essen gab es so gut wie nie. Für meine Hinreise habe ich mir drei Wochen Zeit genommen und da war mein Erlebnis ganz anders. Ich habe Städte in ganz Europa besucht und viele interessante Begegnungen auf meinem Weg gemacht. Das war wirklich toll.

Du bist wieder zurück in München. Wie geht es jetzt weiter?

Auch wenn wir die Klimakrise nicht allein lösen können, habe ich mir vorgenommen, mich vor allem hier in München und in Deutschland einzusetzen. Ich werde auf jeden Fall weiterkämpfen und noch mehr zivilen Ungehorsam leisten. Es gibt fast immer und überall die Möglichkeit, sich zu engagieren.